Ski

Airbag-Premiere bei den Speed-Herren

Mathias Mayer
Der schützende "Luftsack" bläst sich in Millisekundenschnelle auf, soll mehr als 60 Prozent der Sturzenergie absorbieren.

Nach jahrelangen Tests und einem abgesagten Renn-Debüt im vergangenen Jänner in Wengen ist es nun so weit: Beim Speed-Saisonstart der Herren dieses Wochenende in Lake Louise kommt es zur Premiere des Airbags im alpinen Skirennsport. Abgeschaut hat man sich das Prinzip des schützenden "Luftsackes" bei den Motorradfahrern.

Dort wird die Airbag-Weste, die sich bei Stürzen in Millisekundenschnelle aufbläst und Nacken, Rücken, Schulter und Brust des Fahrers schützt, seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Im Skirennsport sind die Anforderungen komplexer, weil hier die Protagonisten wesentlich mehr Bewegungen durchführen, die einem beginnenden Sturz sehr nahe kommen. Dennoch soll sich die Schutzvorrichtung nur im Ernstfall aufblasen.

Airbag-Premiere bei den Speed-Herren
Zweites Problem war, den Airbag so zu modellieren, dass er keine - aerodynamischen - Nachteile gegenüber dem klassischen Rückenprotektor hat. Beide Probleme schienen nun aber weitgehend gelöst zu sein.

Auch Österreichs Abfahrer haben intensiv an der Weiterentwicklung bzw. Perfektionierung der etwa 800 Gramm schweren und in weniger als 100 Millisekunden auslösenden Airbag-Weste, die mehr als 60 Prozent der Sturzenergie absorbieren soll, mitgearbeitet. Vorreiter war der Motorrad-Bekleidungshersteller Dainese mit seinem D-air-System. Zuletzt in Sölden wurde auch das von der FIS für Ski-Cross und Alpin zugelassene Modell des französischen Start-Ups In&motion präsentiert.

Mehr Sicherheit

Zwei Jahre nach der Einführung sichererer Helme will der Internationale Skiverband (FIS) damit einen weiteren Schritt in Richtung mehr Sicherheit für die Fahrer und Fahrerinnen machen. "Es ist eine sehr gute Sache", ist auch Österreichs Abfahrtschef Florian Winkler mittlerweile vom Airbag überzeugt.

Er kann sich deshalb vorstellen, dass nicht nur Hannes Reichelt und Matthias Mayer sondern ein Großteil seiner Mannschaft die Schutzweste nun bereits diese Woche in Kanada unter dem Rennanzug tragen wird. "Es ist immer die persönliche Entscheidung. Aber wir haben die Airbags den ganzen Sommer und zuletzt auch in Copper Mountain getestet, es hat alles funktioniert", beruhigt Winkler.

Keine Fehlauslösungen im Training

Tatsächlich scheint die Fehleranfälligkeit auf ein Minimum reduziert worden zu sein. Der Algorithmus, der entscheidet, ob es sich nur um eine Grenzsituation oder einen tatsächlich stattfindenden Sturz handelt, hat zumindest im Training der Österreicher tadellos funktioniert. "Es gab keine Fehlauslösungen", beruft sich Winkler auf die parallel laufenden Video-Analysen. "Dadurch haben die Fahrer jetzt durchwegs Vertrauen bekommen."

Der Airbag macht den Rennsport also sicherer, die Fahrer aber nicht automatisch schneller. Dafür müssen sie weiterhin selbst sorgen und geht es nach der diesjährigen Saisonvorbereitung, ist den ÖSV-Assen ein besserer Start als im Vorjahr gewiss. Damals fielen einige Vorbereitungs-Einheiten schneebedingt aus, diesmal verlief das Training aber sowohl im Sommer als auch zuletzt in Colorado nahezu perfekt.

"Es war genau das, was wir wollten. Noch einmal ein bisschen den Speed bei 120 km/h fühlen", blickte auch Winkler vor dem ersten Kanada-Training zufrieden auf das Abschluss-Camp vergangene Woche in Copper Mountain zurück. Ob es reicht, um schon beim Saisonstart im wildromantischen Banff-Nationalpark den ersten ÖSV-Abfahrtssieg seit Michael Walchhofer 2010 einzufahren, wagt aber auch der Cheftrainer nicht zu garantieren.

Norweger-Strecke

"Vom Siegen reden wir nicht unbedingt. Wir sind aber alle gut drauf und möglich ist es", verweist Winkler darauf, dass zuletzt vor allem die beiden "Elche" Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud in Kanada abgeräumt haben. "Auf dieser speziellen Abfahrt musst du die Norweger erst einmal schlagen", ist dem Coach bewusst, dass auch der nach Verletzung zurückgekehrte Svindal in Lake Louise gleich wieder zu den Topfavoriten gehört .

Den schlecht(est)en Weltcup-Saisonstart vom Vorjahr will man im rot-weiß-roten Lager jedenfalls auf keinen Fall "toppen". "Ich bin guter Dinge. Die Marschrichtung passt und wir haben Fahrer, die für die Fehler anderer in die Bresche springen können", so Winkler. "Außerdem solle man neben Mayer und Reichelt auch einen Klaus Kröll nicht vergessen", setzt der Tiroler nach wie vor große Stücke auf den steirischen Routinier.

Insgesamt geht Winkler positiv in den Speed-Auftakt. "Unsere Burschen haben heuer mehr Vertrauen in sich selbst, sie sind bereit. Und vor allem freuen sich alle, dass es endlich losgeht."

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