ÖSV-Herrenchef: "Das Slalomteam ist zerbröselt"

Spurensuche: Herren-Chefcoach Andreas Puelacher hält Ausschau nach den Ski-Stars von morgen.
ÖSV-Herrenchef Andreas Puelacher über den Saisonstart, Personalsorgen, Hirscher und Raich.

Würde Andreas Puelacher vor der neuen Saison Trübsal blasen, jeder könnte den österreichischen Herren-Coach verstehen. Immerhin sind ihm mit Benjamin Raich und Mario Matt über den Sommer zwei Erfolgsgaranten abhanden gekommen, die es zusammen auf 51 Weltcupsiege und 20 WM- und Olympiamedaillen gebracht haben. Damit ist die Skination Nummer eins vorerst in den technischen Disziplinen jeweils nur noch durch einen Läufer in den Top 15 vertreten: Marcel Hirscher.

Doch Puelacher jammert erst gar nicht über den personellen Aderlass, vielmehr schwärmt er beim Training auf dem Pitztaler Gletscher von den perfekten Bedingungen und der guten Stimmung innerhalb der ÖSV-Herrenmannschaft. "Ich kann mich selten an eine so gute Vorbereitung auf Sölden erinnern." Also sprach Andreas Puelacher über ...

... Superstar Marcel Hirscher Ich muss zugeben, dass ich außer Fritz Dopfer und Felix Neureuther noch keinen seiner ausländischen Konkurrenten im Training gesehen habe. Aber gegen die beiden fällt er sicher nicht ab. Wenn der Marcel etwas macht, dann will er es immer richtig machen. Er ist ein Mister hundert Prozent, Halbgas kennt er nicht. Eines ist aber auch klar: Passieren sollte ihm heuer nichts. Denn er ist im Moment der einzige in der ersten Gruppe und nimmt von den anderen den Druck weg. Wenn der Marcel da ist, dann können sich die anderen in seinem Windschatten weiterentwickeln.

... den Rücktritt von Benjamin Raich Zum Saisonende war ich mir eigentlich noch sicher, dass er weitermacht.Irgendwann hat er dann gesagt, dass er bei mir vorbeikommen will – und da war mir klar, was kommen wird. Ich gebe es offen zu: Ich hätte es gerne gehabt, wenn er weitergemacht hätte. Aber im Grunde war das ein super Abgang für ihn.

... die Probleme in den technischen Disziplinen Wir haben im letzten Winter bereits gewusst: Wenn Mario Matt im Slalom nicht sticht, dann haben wir eigentlich nur mehr Marcel Hirscher. Das Slalomteam ist zerbröselt, das kann man so sagen. Man braucht nur einmal in die FIS-Liste zu schauen, und dann sieht man schon, dass man von uns heuer noch keine Wunderdinge erwarten darf. Ich bin im Moment schon über jeden froh, der unter die 30 fährt. Ich hätte es lieber anders, aber es ist jetzt die Aufgabe von uns Trainern, die jungen Läufer heranzuführen. Das ist sogar eine schöne Aufgabe. Im Riesentorlauf stehen wir besser da, da gibt es mehr Athleten, die schon näher dran sind. Matthias Mayer hat zum Beispiel im Riesentorlauf das Potenzial für die Top Ten. Ich bin überzeugt, dass wir nächstes Jahr um diese Zeit in den technischen Bewerben schon besser dastehen werden.

... den Stellenwert der ersten Weltcup-Riesentorläufe in Sölden (24./25.10.) Sölden ist immer schon eine klare Standortbestimmung. Die Läufer, die in Sölden vorne sind, die werden dann auch im ganzen Winter im Geschäft dabei sein. Das Problem ist: Wenn du das erste Rennen verhaust, dann fängt meistens das Grübeln an. Man kann Sölden also nicht schönreden, wenn es danebengeht, aber man kann es umgekehrt auch nicht schlechtreden, wenn man vorne dabei ist.

... den Weltcupkalender mit dem Asien-Trip im Februar Das Programm ist krank. Im Jänner gibt’s keine Pause, da fahren wir praktisch durch. Dann geht’s von Garmisch nach Südkorea, weiter nach Japan, von dort direkt nach Frankreich. Da redet man immer von Sicherheit – und dann schicken wir die Athleten durch die Zeitzonen.

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