Dürr sorgt für Langlauf-Sensation

Großer Jubel nach dem Kraftakt: Johannes Dürr.
Der Österreicher beendet die Tour de Ski auf Platz drei hinter den Norwegern Sundby und Jespersen.

Johannes Dürr hat österreichische Langlauf-Geschichte geschrieben: Der Niederösterreicher schaffte es mit einer fantastischen Leistung und seinem ersten Weltcupsieg beim abschließenden neun Kilometer langen Aufstieg zur Alpe Cermis als Dritter auf das Podest der Gesamtwertung der Tour de Ski. Als Fünfter ins Rennen gegangen, zündete der 26-Jährige einen Kilometer vor Schluss den Turbo und ließ 500 Meter vor dem Ziel den bis dato Drittplatzierten Norweger Petter Northug stehen. Im Ziel hatte der Göstlinger nur 1:05,9 Minuten Rückstand auf den norwegischen Gesamtsieger Martin Johnsrud Sundby. Zweiter wurde dessen Landsmann Chris Jespersen (+38 sec.). Mit seiner unglaublichen Leistung im kraftraubenden Schlussanstieg sicherte sich Johannes Dürr nicht nur Rang drei in der Tour-Gesamtwertung, sondern dank der schnellsten Laufzeit (31:54.7 min.) auch seinen ersten Weltcupsieg (vor den Norwegern Jespersen und Roethe), da die Verfolgung auch als Einzelrennen gewertet wird. "Ich habe gewusst, dass es zu schaffen ist. Ich hatte auch nie Angst, dass mich irgendjemand überholt, sondern habe nur nach vorne geschaut. Zum Schluss, als Northug kurz an mir drangeblieben ist, habe ich schon daran gezweifelt, dass es sich ausgeht. Aber dann habe ich noch einmal alles, was in mir steckt, rausgeholt. Es ist einfach unglaublich. Endlich haben wir es geschafft", so ein überglücklicher Dürr, der mit dem heutigen Tag 340 Weltcuppunkte mehr auf seinem Konto hat.

Der irre Joe

Cheftrainer Gerald Heigl: "Dass Joe bergauf laufen kann, haben wir gewusst. Dass er aber in der Gesamtwertung, wo auch zwei Sprints drinnen sind, Rang drei schaffen kann, daran habe ich nicht geglaubt. Wenn man oft sieht, wie er alleine attackiert, muss man von der Sportler-Psyche her fast schon sagen, er ist 'irre'. Natürlich im positiven Sinn. Danke an das gesamte Team. Was unsere Wachsler bei diesen schwierigen Verhältnissen Tag für Tag geleistet haben, ist einfach nur Wahnsinn." Bei den Damen endete die Tour de Ski mit einem norwegischen Dreifacherfolg. Therese Johaug setzte sich auf der letzten Etappe vor ihrer bis zuletzt führenden Teamkollegin Astrid Uhrenholdt Jacobsen (+20,4 sec.) durch. Dritte wurde Heidi Weng (+2:50,4 min.). Die Salzburgerin Teresa Stadlober verbesserte sich auf der letzten Etappe von Rang 34 auf 27.

Endstand: Tour de Ski Herren
1. Martin Johnsrud Sundby NOR 3:05:52,2
2. Chris Jespersen NOR + 36,0
3. Johannes Dürr AUT 1:05,9
4. Petter Northug NOR 1:49,5
5. Sjur Röthe NOR 1:55,7
6. Alexander Legkow RUS 2:33,6
7. Tord Asle Gjerdalen NOR 2:45,6
8. Ilja Tschernusow RUS 2:56,4
9. Calle Halfvarson SWE 3:06,5
10. Didrik Tönseth NOR 3:19,1
Endstand: Tour de Ski Damen
1. Therese Johaug NOR 2:04:16,4 Stunden
2. Astrid Uhrenholdt Jacobsen NOR + 20,4 Sekunden
3. Heidi Weng NOR 2:50,4
4. Krista Lähteenmäki FIN 2:56,1
5. Kerttu Niskanen FIN 3:18,1
6. Anne Kyllönen FIN 3:50,2
Weiter:
27. Teresa Stadlober AUT 8:04,0
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Damen Herren
2006/07 Virpi Kuituinen (FIN) Tobias Angerer (GER)
2007/08 Charlotte Kalla (SWE) Lukas Bauer (CZE)
2008/09 Virpi Kuituinen (FIN) Dario Cologna (SUI)
2009/10 Justyna Kowalczyk (POL) Lukas Bauer (CZE)
2010/11 Justyna Kowalczyk (POL) Dario Cologna (SUI)
2011/12 Justyna Kowalczyk (POL) Dario Cologna (SUI)
2012/13 Justyna Kowalczyk (POL) Alexander Legkow (RUS)
2013/14 Therese Johaug (NOR) Martin Johnsrud Sundby (NOR)

Der beste Skispringer bei der aktuellen Vierschanzentournee? Ein Niederösterreicher. Der beste Snowboarder der Welt? Ebenfalls ein Niederösterreicher. Der beste Langläufer im Verfolgungsrennen der Tour de Ski am Freitag? Niederösterreicher, was sonst?

Die Sportwelt steht Kopf – und habt Acht vor den Athleten aus dem Flachland, wo ausgerechnet der tiefste Punkt des Bundeslandes Berg heißt (139 Meter über dem Meeresspiegel).

Doch Niederösterreich & Wintersport, das passt nur auf den ersten Blick nicht zusammen. Tatsächlich finden hier Athleten, denen die Brettl’n die Welt bedeuten, sehr gute Bedingungen vor. „Es gibt in Niederösterreich exzellente Keimzellen für den Wintersport“, erklärt der gebürtige Niederösterreicher Herbert Mandl. In jungen Jahren war der langjährige Cheftrainer der ÖSV-Ski-Damen auf Grund seiner Herkunft von Inner-Älplern mitunter noch als „Skizwerg“ verspottet worden. „Aber heute wissen alle, dass es hier eigentlich ein sehr gutes Umfeld mit vielen idealistischen Leuten gibt“, so Mandl.

Sonst hätte Thomas Sykora seinerzeit nicht den Slalom-Weltcup gewonnen. Sonst wäre auch Michaela Dorfmeister heute nicht eine doppelte Ski-Olympiasiegerin und Weltmeisterin. Und sonst würde es die aktuellen Serien-Erfolge in allen relevanten Disziplinen des Wintersports nicht geben.

Göstling an der Ybbs ist mit seinem Skiclub und der Sporthauptschule eine Brutstätte für spätere Winter- und Winnertypen. Kathrin Zettel hat hier das Einmaleins des Skifahrens gelernt, und auch Langläufer Johannes Dürr hat seinerzeit in Göstling seine ersten Spuren hinterlassen. „Uns hat es dort an nichts gefehlt, ich hätte keinen Nachteil gesehen“, erinnert sich Dürr an seine Anfänge.

Prägende Zeit

Im Gegenteil. Der 26-jährige Langläufer ist sogar überzeugt davon, dass ein Wintersportler aus Niederösterreich am Ende sogar von seinem Exotenstatus profitiert. „Weil du dir alles erarbeiten musst, dich durchsetzen musst. Ich bin am Anfang ja auch belächelt worden“, erzählt Dürr, der gestern bei der Tour de Ski abermals mitten in die Weltspitze lief. Nach seinem achten Platz über 10 Kilometer klassisch nimmt der Niederösterreicher am Sonntag als Gesamtfünfter das Finale in Angriff (13.25 Uhr, live in ORFeins). „Jetzt sehen die Leute, dass sich die Flachländer auf dem Schnee vielleicht doch nicht so blöd anstellen.“

Thomas Diethart hatte es da schon ungleich schwieriger als seine niederösterreichischen Kollegen aus dem Ski-, Langlauf- und Snowboard-Lager. Skispringer kommen in Niederösterreich in etwa so häufig vor wie Windsurfer im hintersten Ötztal. Ohne die tatkräftige und finanzielle Unterstützung seiner Eltern, die mit ihm Woche für Woche zwei Stunden zur nächsten Sprungschanze nach Hinzenbach fuhren, würde es den Tournee-Sensationsmann heute gar nicht geben. „Das Engagement der Eltern und Trainer ist ungleich größer, wenn die Ausgangsbedingungen schwierig sind“, meint Herbert Mandl, „hier sind sehr viele Idealisten am Werk.“

Rot-weiß-Rote Erfolge im Wintersport Made in Niederösterreich wird es noch viele geben, prophezeit der ehemalige Alpincoach. Denn hinter dem vierfachen Snowboardweltmeister Benjamin Karl, hinter Kathrin Zettel, Johannes Dürr oder Thomas Diethart ist die nächste Generation bereits im Anmarsch.

Mit Katharina Gallhuber (Göstling) kommt die beste heimische Nachwuchsskiläuferin (Jahrgang 1997) wieder aus Niederösterreich.

Dürr sorgt für Langlauf-Sensation
Schnelle Niederösterreicherin: Kathrin Zettel.
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