Schröcksnadel: "Am meisten taugt mir der Arnautovic"

Schröcksnadel: "Wir müssen genau überlegen, ob unser System noch zeitgemäß ist".
Schröcksnadel über die Gegenwart im Skisport, seine Polsterzipfelmethode und warum er ein Fußballfan ist.

Peter Schröcksnadel ist gerade gut gelaunt. Auf dem Weg nach Sölden hat der ÖSV-Präsident einen Stopp am Inn eingelegt und die Angel ausgeworfen. Davor war er zu Besuch bei Anna Fenninger im Spital. "Alles in Ordnung", sagt Schröcksnadel, der nur eine Bitte hat: "Ich kann die Frage nicht mehr hören, wie lange ich noch Präsident bleiben will."

KURIER: Herr Schröcksnadel, dann lassen Sie uns über Anna Fenninger reden. Wie sehr leiden Sie mit, wenn sich ein Sportler von Ihnen verletzt?
Peter Schröcksnadel: Es geht mir immer nahe, wenn sich jemand aus unserem Verband wehtut. Aber eines will ich in dem Zuge schon auch sagen: Die Verletzung von Anna ist natürlich ein Pech, es ist schade für sie. Aber Katastrophe ist das jetzt keine. Katastrophen sehen anders aus – das haben wir heuer im österreichischen Sport schon erlebt. Das muss man schon relativieren.

Fenninger ist verletzt, etliche Leistungsträger sind zurückgetreten, Marcel Hirscher ist in den technischen Disziplinen der Alleinunterhalter. Muss sich der österreichische Ski-Fan auf magere Zeiten einstellen?
Ich sehe das ziemlich gelassen. Als Hermann Maier und Stephan Eberharter aufgehört haben, hat’s auch geheißen: ,Ja, wen haben wir denn jetzt noch?‘ Dann sind halt die Nächsten nachgekommen. Wir haben im Moment gute Junge. Deshalb muss man sich um den österreichischen Skisport keine Sorgen machen. Außerdem war’s noch nie so, dass wir in allen Disziplinen gleich stark waren und alles beherrscht haben. Das wäre auch nicht gut für den Skisport.

Schröcksnadel: "Am meisten taugt mir der Arnautovic"
ABD0018_20150209 - VAIL - USA: ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und Marcel Hirscher (Goldmedaille in der Superkombination) am Sonntag, 08. Februar 2015, anl. eines Fototermins im Haus Ski Austria in Vail. Die alpinen Ski-Weltmeisterschaften finden vom 02.-15. Februar in Vail/Beaver Creek (USA) statt. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT

Ist es denn gut für den Skisport, dass in manchen Skigebieten die Tageskarten inzwischen über 50 Euro kosten?
Die Diskussion gibt jeden Winter. Gegenfrage: Ist das Autofahren nicht mehr leistbar, nur weil es Mercedes gibt? Die teuren Autos werden ja auch gefahren. Was ich sagen will: Jeder kann sich die Kategorie und das Skigebiet aussuchen, in dem er fahren will. Es gibt auch Tageskarten um 30 Euro, und wenn man Jahreskarten entsprechend nutzt, fährt man um acht Euro am Tag. Wir haben noch lange nicht amerikanische Verhältnisse: Da zahlst du 150 Dollar, aber die Pisten sind trotzdem voll. Ich glaube nicht, dass die Liftkarten die Menschen vom Skifahren abhalten.

Sondern?
Wir haben ein anderes Freizeitangebot als früher. Die Konkurrenz ist deutlich größer, heute hat jeder ein Handy, das so viel kostet wie ein gutes Paar Ski. Das sind die Probleme. Und wenn ich mir denke, dass ich in Wien in einer Tiefgarage für drei Stunden fast 40 Euro zahlen muss, dann ist das Skifahren eigentlich noch billig.

Themenwechsel: Wie geht’s Ihnen dabei, dass die nächsten Winterspiele in Südkorea und China stattfinden?
Ich mach’ mir jetzt nicht Sorgen um Olympia, aber ich finde es überhaupt nicht gut, wie es derzeit läuft. Man sollte den Wintersport schon in wintersportaffine Gegenden bringen. Ich kann gut verstehen, dass die Menschen in Europa diese Spiele nicht mehr haben wollen. Olympia ist überdimensioniert und nicht mehr überschaubar und kontrollierbar. Back to the roots würde ich in der Hinsicht sehr begrüßen.

Apropos Olympia: Sie engagieren Sich ja auch im österreichischen Sommersport. Wieso tun Sie sich das auch noch an?
Mich hat’s halt interessiert, wie’s dort zugeht. Und ich muss zugeben, dass ich überhaupt keinen Einblick und keine Ahnung hatte, wie es abläuft. Aber inzwischen kenn’ ich mich aus, und jetzt weiß ich auch,warum wir im Sommersport nicht so erfolgreich sind.

Warum denn?
Es liegt an den Strukturen. Die sind einfach nicht da. Das Projekt Rio hilft schon einmal sehr, denn da fördern wir nur Sportarten, in denen wir schon relativ gut sind. Da kann man mit den geeigneten Maßnahmen Medaillenchancen kriegen. Und im Sog davon ist dann vieles möglich. Ich bin in der Hinsicht übrigens ein Verfechter der Polsterzipfelmethode.

Der Polsterzipfelmethode?
Ja. Das ist ganz einfach: Wenn du einen ganzen Polster haben willst, dann kriegst du ihn nicht. Wenn du ihn aber beim Zipfel nimmst und ziehst und ziehst und ziehst, dann gehört er dir irgendwann einmal. Was ich damit sagen will: Man muss im Sport schrittweise vorgehen und nach und nach die Hürden aus dem Weg räumen. Alle auf einmal geht nicht.

Funktioniert denn der Sommersport anders als Wintersport?
Im Grunde geht es immer um das Gleiche: Du brauchst ein perfektes Umfeld, die besten Trainer, einen Plan, und es darf kein Mosaiksteinchen fehlen, sonst hast du keine Chance.

Ließe sich also die Erfolgsformel des Österreichischen Skiverbandes auf andere Sportarten und Verbände übertragen?
Das würde nur bedingt funktionieren. Nehmen wir zum Beispiel Golf oder Tennis: In diesen Sportarten brauch’ ich einen Manager, der mir den Rücken freihält und alles organisiert: die Reisen, das Training, die Sponsoren. Beim ÖSV macht das alles der Verband. Deshalb ist bei uns auch für einen Manager nur wenig Platz.

Ein gutes Stichwort: Wie sehr hat Sie im Sommer der Zwist mit Anna Fenninger und deren Manager genervt?
Ganz ehrlich: Auf das hätte ich verzichten können. Das kostet mich nur Nerven, und ich will im Verband eigentlich auch keine Streitereien haben. Aber du musst solche Sachen halt annehmen und lösen. Womit ich nichts anfangen kann, wenn es dann heißt: ,Der oder die hat den Kampf gewonnen.‘ Darum geht es nicht. Es geht darum, dass wir ein geschlossenes Team haben und dass das System funktioniert. Und um nichts anderes.

Können Sie sich denn über Siege und Medaillen Ihrer Athleten immer noch aus vollem Herzen freuen, oder reagieren Sie nach 25 Jahren im Amt ruhiger?
Abgeklärt wirst du dabei nie. Ich bin vor den Rennen immer noch nervös und fiebere mit. Und sollte ich einmal bei einem Rennen nicht mehr mitfiebern, dann höre ich auf. Dann ist Schluss.

Wie sieht’s denn beim Fußball aus? Jubelt Peter Schröcksnadel, wenn die österreichische Nationalmannschaft gewinnt?
Ich schau’ daheim jedes Match von uns. Ich schau’ auch Barcelona, Bayern, ich hab’ mir sogar Rapid am Donnerstag in der Europa League angesehen. Ich bin ein Fußballfan. Ein totaler.

Waren Sie das schon immer?
Interessiert hat’s mich immer. Ich hab’ ja früher selber gespielt. Natürlich kann der österreichische Vereinsfußball nicht mit der Nationalmannschaft mithalten. Eine Zeit lang war ja auch das Team nicht anzuschauen. Aber inzwischen haben wir eine super Mannschaft. Und wissen Sie, wer mir am meisten taugt?

David Alaba?
Der auch. Aber am meisten taugt mir der Marko Arnautovic. Wie der daherwatschelt – und trotzdem ist er schnell. Wie er das Tor gegen Montenegro gemacht hat, das war eine Sensation. Der Arnautovic ist einfach ein Typ, und ich steh’ eben auf Typen. Mir hat ja auch der Rainer Schönfelder bei uns gefallen. Der fährt nackert über die Piste, das war schon einer.

Abschließend: Wo und wie werden Sie im nächsten Sommer die Fußball-EM verfolgen?
Es ist durchaus möglich, dass ich in Frankreich bin, ich bin ja mit Präsident Leo Windtner befreundet. Und Fischen gehen kann ich auch im Mai oder im Juli.

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