Russland: Dopingsümpfe und andere Baustellen
Kater, Wolf oder Tiger? In drei Monaten fällt die Entscheidung über das Maskottchen für die Fußball-WM 2018 in Russland. Tölpel, Lachmöwe, Stinktier – es wären auch andere Tiere prädestiniert, schaut man sich die Stimmungslage in der ehemaligen Sport-Großmacht an.
Eine unmotivierte und überalterte Mannschaft blamierte sich kürzlich bei der EM, russische Hooligans randalierten in Frankreich. Bei der Heim-WM im Eishockey, dem Staatssport Nummer eins, war Russland im Semifinale gescheitert. Den Leichtathleten droht wegen des Dopingskandals eine Sperre für die Olympischen Spiele in Rio. Die hat Tennis-Superstar Maria Scharapowa schon ausgefasst. Nun droht sogar der Komplett-Ausschluss von Olympia, falls der McLaren-Report, den die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA am 18. Juli präsentiert, neue Beweise für systematisches Staatsdoping enthält.
Ist das der Tiefpunkt?
Die EU hat ihre Sanktionen um zumindest sechs Monate verlängert, der Rubel schwächelt, der Ölpreis ist im Keller. Schon zwei Mal wurde das Budget für die WM gekürzt. So wird die Zahl der fest installierten Sitzplätze in einigen Wettkampfstätten mit Zustimmung des Weltverbandes FIFA von 45.000 auf 35.000 gesenkt.
Ausufernde Kosten
Sieben von zwölf WM-Arenen müssen neu gebaut werden, zwei werden grundlegend renoviert. Die Kosten laufen aus dem Ruder, am teuersten wird die WM-Arena in Sankt Petersburg mit umgerechnet 15.000 Euro für jeden der rund 70.000 Zuschauerplätze.
Happige Ticket-Preise
Kommendes Jahr wird in Russland der Confederations-Cup gespielt. Neben Moskau und St. Petersburg sind Sotschi und Kasan die Austragungsorte der WM-Generalprobe. Am Stadion in Sotschi werden nur noch leichte Veränderungen vorgenommen, in Kasan rollt bereits der Ball. Happig sind auch die Preise für WM-Tickets: Die günstigste Karte für ein Gruppenspiel kostet für Fans außerhalb Russlands rund 95 Euro. Für das Finale am 15. Juli 2018 im Moskauer Luschniki-Stadion müssen Zuschauer fast 1000 Euro hinblättern.
Abseits der wirtschaftlichen Probleme rund um die WM ist auch eine sportliche Diskussion nach dem unrühmlichen EM-Aus ausgebrochen. In der russischen Liga werde zu langsam gespielt, die Spieler seien saturiert – immerhin 22 der 23 EM-Kicker sind in der nationalen Premjer Liga engagiert.
Der russische Fußballverband RFS steht nach den Ausschreitungen seiner Fans in Frankreich nun auch sportlich vor einer gewaltigen Aufgabe. "Wir müssen aus dem Turnier unsere Schlüsse ziehen und hart arbeiten", sagte der russische Sportminister Witali Mutko. Einen genauen Plan oder konkrete Maßnahmen blieb der Topfunktionär aber schuldig. Die russische Liga müsse wachsen, neue Spieler sollten ausgebildet werden, sagte er nur.
Teures Lehrgeld
Aber wie schnell geht das? 2015 wurde Russland bei der Unter-19-EM in Spanien Zweiter. Aber wie sollen diese Talente internationale Erfahrung sammeln? Russland bestreitet in den nächsten zwei Jahren nur Testspiele.
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