IOC-Ausladung Stepanowas sorgt für Kritik

Julia Stepanowa
"WADA sehr besorgt über diese Botschaft an Whistleblower."

Ohne sie wäre der "größte Doping-Skandal aller Zeiten" (WADA) womöglich nie aufgeflogen. Dass nun ausgerechnet die Kronzeugin Julia Stepanowa bei den Olympischen Spielen in Rio nicht starten darf, ein russisches Team unter gewissen Auflagen aber sehr wohl, sorgt in der Sportwelt für Kritik.

Diese Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) wird von Sportfunktionären als verheerendes Signal für den Anti-Doping-Kampf gewertet. "Die WADA ist sehr besorgt über die Botschaft, die damit für die Zukunft an Whistleblower wie sie gesendet wird", sagte Olivier Niggli, der Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur.

Die russische 800-Meter-Läuferin Stepanowa hatte das staatlich gelenkte Doping-System in Russland mit ihren Aussagen in der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht" überhaupt erst enthüllt. Der Leichtathletik-Weltverband erteilte Stepanowa denn auch eine Starterlaubnis für die Spiele in Rio.

Das IOC lehnte ihren Antrag, unter neutraler Flagge laufen zu dürfen, dagegen am Sonntag ab. Sie erfülle nicht "die ethischen Anforderungen an einen olympischen Athleten", hieß es zur Begründung. Der Hintergrund: Die Russin war wegen Dopings selbst für zwei Jahre gesperrt.

Entscheidung gegen Whistleblower

Die IOC-Entscheidung wendet sich jedoch gegen Whistleblower. Dabei waren die meisten großen Doping-Skandale der jüngeren Vergangenheit von Kronzeugen wie Stepanowa ausgelöst worden. Im Fall des Teams Telekom im Radsport sagte ein Masseur von Jan Ullrich und Co. aus. Der Balco-Skandal in den USA kam ins Rollen, weil ein Leichtathletik-Trainer der US-Anti-Doping-Agentur ein bis dahin noch nicht nachweisbares Designer-Steroid zukommen ließ.

"Der Entscheid des IOC ist ein großer Rückschritt für saubere Athletinnen und Athleten wie auch für Whistleblower. Sie werden sich betrogen vorkommen müssen", sagte deshalb auch der oberste Doping-Fahnder der Schweiz, Matthias Kamber. "Es wird nun für eine nationale Anti-Doping-Agentur noch schwieriger werden, eine konsequente und glaubhafte Dopingbekämpfung aufrechtzuerhalten und zu begründen."

Bei der deutschen Anti-Doping-Agentur NADA sieht man das genauso. "Die Entscheidung, Julia Stepanowa das Startrecht für Rio zu verwehren, schwächt das Whistleblower-System", hieß es in einer Stellungnahme.

Michael Cepic, der Geschäftsführer der Nationalen Anti-Doping-Agentur Österreichs, reagierte äußerst kritisch auf die Teilnahmeverweigerung für Stepanowa. "Mehr als enttäuschend, fast skandalös ist, dass Frau Stepanowa nicht teilnehmen darf. Das ist heftig."

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