Im Namen der Targa
Der Flieger senkt sich auf Palermo. Was erwartest du vom morgigen Tag, Daniel Ricciardo? Pause. „Dass ich lerne, einen 300 km/h schnellen Rennwagen auf öffentlichen Straßen zwischen Eseln zu bewegen.“
Es gibt ja eine schöne Geschichte über das älteste Straßenrennen der Welt, gegründet 1906 vom Industriellensohn Vincenzo Florio, in der genau so ein Tier anekdotisch vorkommt.
Daniel Ricciardos Familienwurzeln liegen in Ficarra, einem kleinen Dorf im Nordosten von Sizilien. Als sein Vater sechs Jahre alt war, wanderte die Familie nach Australien aus. Daniel verbindet wenig mit Sizilien, bloß einmal sei er hier gewesen, fällt ihm ein, in der Kindheit, auf Familienbesuch oder so.
Waren die Helden der Targa daheim ein Thema? „Nein, Papa hat eher von der Formel 1 und Mario Andretti geschwärmt.“
Da das Rennen zur Sportwagen-WM zählte, eskalierte zwangsläufig die Performance der Autos. Die großen Hersteller jener Tage stellten Werksteams, allen voran natürlich Porsche, Ferrari und der damalige Staatskonzern Alfa. Im Jahr 1972, aus dem der Typ T33 stammt, in dem sich Daniel gerade festschnallt, lautete das Match um den Sieg Ferrari gegen nicht weniger als vier Alfa.
"Die ersten Runden waren ein Schock"
Helmut Marko deutete während der Trainingsfahrten 1972 an, nicht gerade der größte Fan des Rennens zu sein: „Die ersten Runden waren ein Schock. Oben in den Bergen ist einst ein Auto verlorengegangen. Es hat einen halben Tag gedauert, um es überhaupt zu finden. Leitschienen gab es nicht, bloß hie und da überdimensionierte Heuballen.“
Selbst ein Profi wie Daniel Ricciardo staunt über die rustikale Konstruktion des T33, der die Chassisnummer 11572-002 trägt und dessen korrekte Bezeichnung wegen diverser Evolutionsstufen eigentlich T33/TT/3 lautet.
Dass der Alfa T33 richtig abgehen würde, hatte Daniel geahnt: Weniger als 700 Kilo treffen auf über 400 PS, dazu ein Fahrwerk auf der Höhe der damaligen Kunst: „Er macht, was man von ihm erwartet. Ein richtiges Rennauto!“
Eine komplette Targa-Florio-Runde im historischen Gefährt ist heute unmöglich.
Daniel kriegt die Filetstücke der Runde serviert, mit gutem Asphalt und schönen Kurven. Er lässt den Alfa durchaus fliegen, wenngleich mit Respekt vor dem rutschigen Straßenbelag, auf dem ständig ein Hauch Sahara-Sand liegt. Es brüllt der Achtzylindermotor, es schwänzelt das Heck, es grinst Daniel unter dem offenen Helm, dass man es fast bis nach Neapel rüber sehen kann.
Abends im Flugzeug nach Hause wirkt er nachdenklich. „Ich muss Vater endlich fragen, warum die Großeltern damals nach Australien gegangen sind.“ Pause. „Aber eins weiß ich: Ich will jetzt auch ein historisches Rennauto.“
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