Formel 1: Showdown in Texas

Formel 1: Showdown in Texas
Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ringt die Formel 1 wieder einmal um Anerkennung.

Schumaaaker. Der junge Texaner aus dem Städtchen San Marcos, eine flotte halbe Stunde von der Rennstrecke in Austin entfernt, hat Mühe. Das liegt nicht nur an der englischen Aussprache des deutschen Piloten, sondern vielmehr an der Frage, die dieser Tage in Texas oft gestellt wird: Welchen Formel-1-Fahrer kennen Sie?

Schumaaaker also. Ausgesprochen mit der Stimme eines ratenden Schülers, die letzte Silbe zum Fragezeichen hochgestimmt. Logische Nachfragen: Vettel? Stille. Alonso? Stille. Hamilton? „Hhhmm“, na, endlich: Stille.

Ausverkauft

In Austin, an der Rennstrecke und Downtown, sieht das freilich etwas anders aus. 120.000 Besucher werden heute, Sonntag, zum Großen Preis der USA erwartet (20 Uhr MEZ/live ORFeins, RTL und Sky Sport). Ausverkauft. Bei den Preisen, die die Formel 1 für ihre Show verlangt, ist das nirgendwo auf dem Planeten eine Selbstverständlichkeit.

„Haben Sie die Begeisterung, die Neugier bei den Leuten abends in der Innenstadt gesehen?“, fragt der sonst so analytisch-kühle Motorsport-Berater von Red Bull, Helmut Marko. „Keine Ahnung von der Technik, aber sie machen daraus ein faszinierendes Event. Diese Haltung fehlt uns an manchen Orten.“
Damit ist schon viel erzählt, warum die ohnehin erfolgreiche Rennserie neuerlich den Schritt in die USA wagt, obwohl in der Vergangenheit stets mehr Image auf der Strecke geblieben ist. „Wenn man sich als Weltmeisterschaft definiert, wie wir das tun, dann muss man in den USA vertreten sein“, betont Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Das ist die eine, die sportliche Seite. Doch die wirtschaftliche diktiert längst das Tempo der Formel 1.

Ausgebaut

Nordamerika ist mittlerweile unser größter Markt“, führt Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug aus. Der deutsche Autobauer steht damit nicht alleine da. Mit Ferrari und Red Bull machen noch zwei weitere der großen vier Rennställe ihre größten Gewinne im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. „Amerika ist wichtig für uns, aber Amerika braucht uns nicht“, ist McLaren-Boss Martin Whitmarsh überzeugt.

Red Bull etwa steigerte den Absatz in den Vereinigten Staaten im Vorjahr um elf Prozent, der Umsatz belief sich auf 2,3 Milliarden Dollar. Gesättigt sind die Amerikaner von der Brause allerdings noch lange nicht, wie Prognosen sagen. Der Markt ist umkämpft, nicht jede Marketing-Offensive zeigte in der Vergangenheit Wirkung – eine hingegen schon: die Red-Bull-Sonderedition der populären NASCAR-Rennserie.

75 Millionen Fans zählt die Meisterschaft in den USA und ist damit offiziell die Nummer zwei bei aktiven Anhängern nach American Football. „Es wäre falsch, wenn wir uns mit NASCAR vergleichen“, entkräftet Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali. Den Europäern hat sich die Faszination der stundenlangen Hatz im Oval noch nie wirklich erschlossen.

Der US-Motorsport lebt von einzelnen Personen, von Milliardären, von Visionären und von Träumern wie Bruton Smith. Der 82-Jährige besitzt neben 200 Autohäusern noch acht Rennstrecken. Gleichzeitig kann er 1,1 Millionen Menschen einen Sitzplatz an einer Strecke bieten.

Ausgewogen

Der NASCAR-Serie gelang es unter Smiths Einsatz, binnen einem Jahrzehnt den Frauenanteil im Publikum von zehn auf fünfzig Prozent zu steigern. „Wir mussten alles an den Strecken ein bisschen schöner machen“, sagt er, „mir war immer klar: Wenn die Frauen kommen, folgen ihnen die Männer“.
Zumindest diese Anforderungen erfüllt der „Circuit of the Americas“ in Austin. Die über 300 Millionen Euro teure Anlage ist nicht nur eine der sichersten und modernsten, sondern vor allem auch eine der zweckmäßigsten.

Warum überhaupt Austin? Die Nähe zu Mittel- und Südamerika dient als Versprechen für die Zukunft. Parallel plant der Welt-Automobilverband eine Variante der GP2- und GP3-Nachwuchsserien in diesen Regionen. Ein All-American-Team mit amerikanischen Bauteilen und amerikanischen Piloten schwebt wiederum Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz vor. Auch so ein Milliardär, Visionär und Träumer.

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