Rapid: Die folgenschwere Entscheidung des Herrn Petsos

Auf Wiedersehen? Thanos Petsos hat sich bei Rapid Respekt in ganz Europa erspielt und könnte im Sommer ablösefrei gehen.
Rapid hofft auf eine Vertragsverlängerung zum Jahresbeginn. Petsos reizt eine größere Bühne

Es gibt da einen Spruch. "Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut." Näher an der Realität angesiedelt ist der Slogan, wenn er für den Rapidler Thanos Petsos umgewandelt werden würde. "Geht’s dem Thanos gut, geht’s allen Rapidlern gut."

Das Wohlbefinden und damit die Leistungen des Griechen haben einen engen Zusammenhang mit den Ergebnissen der Hütteldorfer. "Thanos ist ein Wohlfühl-Spieler", sagt Sportdirektor Andreas Müller. Zuletzt hat sich der Mittelfeldmotor besonders wohlgefühlt. Bei den ungewöhnlich erfolgreichen Europacupspielen der Grünen ist der ohnehin dominant auftretende Petsos noch weiter aufgeblüht.

Dieser Wohlfühlfaktor ist auch die letzte Hoffnung auf eine Verlängerung des auslaufenden Vertrages. Monatelang wurde verhandelt. Aber sowohl finanziell als auch sportlich können die Wiener mit den Interessenten des 24-Jährigen nicht mithalten.

Krise mit Folgen

Es gab eine Zeit, in der es Petsos nicht so gut gegangen ist. In der er auch nicht gefragt war. Nach einem überragenden Start im Herbst 2013 ließ der Mann mit dem Bart im Jahr 2014 nach, die Schaltzentrale zwischen Defensive und Offensive wurde fehleranfällig. Prompt bekam auch das Rapid-Spiel Hänger. Am peinlichen Europacup-Aus gegen Helsinki war Petsos mit einem letztlich entscheidenden Foul maßgeblich beteiligt.

Im Oktober 2014 erschien im KURIER eine Analyse der "Krise des Herrn Petsos". Befragt wurden alle Betroffenen. Petsos selbst war der Meinung, dass er zu negativ gesehen würde und übte Kritik an den Transfers im Mittelfeld und seiner Rolle im Spiel (zu defensiv). Trainer Zoran Barisic sagte, dass er einen seiner Lieblingsspieler schon wieder hinbringen würde. Und Müller war überzeugt, dass sich dringend etwas ändern müsste.

Während Klubverantwortliche ihre Spieler gegenüber Journalisten üblicherweise in Schutz nehmen, wählte der Deutsche besonders harte Worte. Heute kann verraten werden, dass Müller eine Taktik verfolgte. "Ich wollte Thanos damit kitzeln, weil ich seinen Weg ja schon über viele Jahre in Deutschland verfolgt hatte und wusste, dass er viel mehr draufhätte."

Nach dem KURIER-Bericht kam es zu emotionalen Gesprächen zwischen Müller und Petsos, der sich einen Rüffel für die geübte Kritik abholte. Hängen geblieben sein dürfte Müllers Hinweis auf die Abgänge in Kaiserslautern und Fürth: so wie bei Rapid hatte Petsos stark begonnen, dann abgebaut und – den Verein gewechselt.

Interessante Angebote

Diesmal blieb das Ex-Leverkusen-Talent, wurde 2015 wieder stabiler, fand eine neue Freundin und spielte zuletzt die beste Halbsaison seiner Karriere. Aufgefallen ist das in seiner griechischen Heimat. "Der neue Teamchef Skibbe hat gesagt, dass er langfristig auf mich baut", sagt der zweifache Teamspieler. Serienmeister Olympiakos soll interessiert sein.

Aufgefallen ist Petsos aber auch dort, wo er aufgewachsen ist. Wo er sich nochmals beweisen will. In der deutschen Bundesliga. "Es gibt Interessenten, die tatsächlich interessant sind. Das ist für uns die Schattenseite seiner internationalen Gala-Auftritte", sagt Müller.

"Ein Fußballer würde lügen, wenn er sagt, es geht gar nicht um Geld", meint Petsos zu den Verdienstmöglichkeiten. Noch mehr reizt ihn aber die große Bühne: "Wenn es immer solche Spiele wie im Europacup geben könnte, würde ich wohl ewig bei Rapid bleiben."

Mit den Hütteldorfern wurde vereinbart, dass Petsos im Urlaub nochmals über seine Zukunft nachdenken soll und spätestens beim Trainingsstart Müller von seiner Entscheidung informiert.

Kein Jänner-Transfer

Sollte Petsos seinen Abschied ankündigen, würde Rapid auf die mögliche Ablöse im Winter verzichten. "Was wir im Jänner noch verdienen könnten, würde den sportlichen Verlust im Frühjahr sicher nicht aufwiegen", erklärt Müller. Ein ablösefreier Abgang würde Rapid aber auch im Sommer, ausgerechnet beim Einzug ins neue Stadion, vor gröbere Probleme stellen.

Petsos hat im Schnitt nicht nur die meisten Ballkontakte, sondern ist besser als alle Kollegen bei der Spiel-Eröffnung und liegt auch bei der Laufleistung stets ganz vorne.

Sein Ersatz würde jedenfalls nicht aus dem aktuellen Kader kommen und müsste gesucht werden – darauf hat sich die sportliche Leitung schon festgelegt. Aber vielleicht gibt es ja doch noch eine Feel-Good-Verlängerung.

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