Donezk, der Stimmungskiller

Der Rumäne Mircea Lucescu ist seit 2004 Trainer bei Schachtar Donezk
Kein Wunschgegner, sondern die Ukrainer mit neun Brasilianern warten im Play-off auf Rapid.

Innerhalb einer Sekunde fielen die Mundwinkel nach unten. Schachtar Donezk! Ein Los wie ein Stimmungskiller.

Gut gelaunt hatten sich Trainer Zoran Barisic, Sportdirektor Andreas Müller, Geschäftsführer Christoph Peschek und Stefan Stangl, der Aufsteiger der vergangenen Wochen, zum gemeinsamen ORF-Schauen getroffen. Manchester United hieß das Wunschlos für das Play-off der Champions League. Um auf der großen Bühne gegen den Weltklub höchstwahrscheinlich chancenlos, aber ehrenhaft für die darauf folgende Gruppenphase der Europa League zu lernen.

Oder Sporting Lissabon. Weil die Portugiesen bei ihrem Saisonstart noch am ehesten sportliche Chancen auf die Eliteliga gewähren könnten. Und außerdem hätte die Erinnerung an den heroischen Europacup-Aufstieg in der Finalsaison 1995/’96 mit den damaligen Spielern Barisic und Carsten "Turban" Jancker perfekt zum gepflegten Selbstbild der Rapidler gepasst.

Geworden ist es Donezk, der Dauerbrenner in der Champions League. Der UEFA-Cup-Sieger von 2009 mit neun Brasilianern. Ein Verein, dessen Name im Westen zwar nicht schillert, der sich aber einen Luxuskader leistet, der laut transfermarkt.at 141 Millionen Euro wert wäre. Rapid wird mit knapp 20 Millionen gehandelt.

Ratgeber Dragovic

Während manche vielleicht denken "Vizemeister in der Ukraine? – halb so wild", sieht der Kiew-Legionär Aleksandar Dragovic im Sky-Interview der Realität sofort ins geschulte Auge: "Schachtar verfügt über sehr viel individuelle Klasse und ist überragend in die Saison gestartet. Unterm Strich wird es Rapid extrem schwer haben." Sportdirektor Sergej Palkin spricht nach drei Siegen in drei Ligaspielen und dem lockeren Aufstieg gegen Fenerbahce (0:0, 3:0) sogar vom "besten Donezk aller Zeiten".

Betretene Mienen also bei den Rapidlern – Müller findet am schnellsten zurück in den Angriffsmodus: "Wir müssen Zuversicht und Mut ausstrahlen. Ich traue unserer Mannschaft alles zu."

Barisic fällt anfangs das Negative auf: Dass "Schachtar schon voll in der Meisterschaft steht", und, dass "sie individuell extrem gut sind". Aber der Coach weiß, dass die beiden außergewöhnlichsten Spieler verkauft wurden: Douglas Costa um 30 Millionen zu den Bayern und Luiz Adriano (zuletzt 9 Tore in 7 Spielen der Champions League) zum AC Milan.

Barisic kündigt an, dass er sich von Dragovic Informationen holen wird. Für den 45-Jährigen wird es auch ein Generationenduell, weil der 70-jährige Mircea Lucescu noch immer Schachtar trainiert. Der Rumäne darf sich nach acht Meistertiteln und neun Teilnahmen in der Champions League innerhalb von elf Jahren Ehrenbürger der Stadt nennen. 2007 hat Donezk im Play-off Salzburg knapp bezwungen. Neben Lucescu sind Kapitän Srna, Stürmer Gladky und Torhüter Pyatov noch beim Verein.

Weil in der Ostukraine bekanntlich Krieg herrscht, wird in Kiew trainiert. Das "Heimspiel" findet nach der Partie in Wien (19. August) am 25. August im 1000 Kilometer entfernten Lwiw statt. Der Heimvorteil ist in der Westukraine nicht mit jenem von Rapid zu vergleichen: In der Liga kommen nur rund 2000 Zuschauer. Eine Ticket-Aktion brachte allerdings gegen Fenerbahce 30.000 in das EURO-Stadion von Lwiw.

"Wir wollen zuhause ein gutes Ergebnis schaffen, um Donezk dann als Underdog auch auswärts ärgern zu können", nennt Stangl den Fahrplan. Den Fans gefällt’s: seit dem Heimspiel gegen Ajax wurden 500 neue Mitgliedschaften abgeschlossen. Der Run auf die Donezk-Tickets beginnt am Mittwoch, am 16. August startet der freie Verkauf. Morgen (19 Uhr) wartet das Heimspiel gegen den WAC. "Das ist das Einzige, was derzeit zählt", betont Barisic, der Petsos (Rückenschmerzen) schonen wird.

Millionen-Prämie

Um der Doppelbelastung bis Dezember standhalten zu können, wurde ein nochmals erhöhtes Angebot von Brentford für Philipp Schobesberger um vier Millionen Euro abgelehnt. Auf so viel Gewinn wurde in der Vereinsgeschichte noch nie "verzichtet". Gleichzeitig wurde die Mannschaft nach dem neuen Motto "Sparsam beim Fixum, spendabel im Erfolg" für den Europacup-Aufstieg belohnt: Rund eine Million brutto wurde an Prämien auf den Profi-Kader verteilt.

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