Leipzig: Red-Bull-Klub greift an

Marcel Sabitzer, Ralf Rangnick
Ralf Rangnick will mit RB Leipzig seinen dritten Erstliga-Aufstieg perfekt machen.

Personelle Verstärkungen für den Zweitliga-Endspurt hat Ralf Rangnick nicht nötig, längst muss der Stratege im Hinterkopf auch schon für die Bundesliga planen. Vor den verbleibenden 15 Spielen in der 2. deutschen Bundesliga drängen sich die Profis aus dem exquisiten Kader von Liga-Krösus RasenBallsport Leipzig nur so auf: Der aus dem Wintertrainingslager in Belek mit körperlicher Frische zurückgekommene Däne Yussuf Poulsen verdrängte bei der Generalprobe gegen FK Teplice (5:0) sogar Acht-Millionen-Zugang Davie Selke aus der Startformation. Mit Marcel Sabitzer und Stefan Ilsanker (Interview unten) zählen zwei österreichische Teamspieler zu den Stammkräften bei Leipzig.

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"Es ist hilfreich, einen starken und ausgeglichenen Kader zu haben"

Leipzig: Red-Bull-Klub greift an
„Für uns zählt jetzt der Aufstieg. Darauf liegt unser Fokus“, betonte Rangnick und fühlt sich bestätigt darin, ein 25-Mann-Team zur Verfügung zu haben: „Gerade die Hinrunde hat gezeigt, dass es absolut hilfreich ist, so einen starken und ausgeglichenen Kader zu haben. Auf uns warten noch 15 schwere Spiele. Da wird jeder Einzelne gebraucht.“ Damit der Kampf um die Stammplätze bei den „Roten Bullen“ nicht überstrapaziert wird, ließ er in der Winterpause Tim Sebastian trotz dessen Verdiensten zum SC Paderborn ziehen. Zsolt Kalmár wurde an den FSV Frankfurt ausgeliehen.

Vor dem Spiel an diesem Sonntag gegen Eintracht Braunschweig ist die erste Elf noch unklar. „Ich bin froh, dass wir so einen gesunden Konkurrenzkampf haben und viele Spieler Druck machen“, meinte der 57 Jahre alte Trainer und Sportdirektor des Zweitliga-Tabellenführers, der acht Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz und gar elf auf Rang vier hat. In spätestens 1350 Spielminuten will Rangnick seinen dritten Erstliga-Aufstieg nach 2002 (Hannover 96) und 2008 (TSG Hoffenheim) perfekt machen.

"Sind in der glücklichen Lage, Keinen verkaufen zu müssen"

Leipzig: Red-Bull-Klub greift an
Im Sommer des vergangenen Jahres wechselte Stefan Ilsanker zu RB Leipzig. Der ÖFB-Teamspieler erhielt beim Noch-Zweitligisten einen bis Ende 2018 gültigen Dreijahresvertrag.
Auch wenn seine Spieler Begehrlichkeiten wecken - „wir sind in der glücklichen Lage, keinen verkaufen zu müssen“, stellte Rangnick klar und erklärte Schwedens Nationalstürmer Emil Forsberg für unverkäuflich. Der bei seinen vorangegangenen fünf Trainerstationen in der 1. und 2. Bundesliga immer klug wirtschaftende Schwabe Rangnick lässt sich auch von den Diskussionen um den Schalker Leroy Sané nicht beirren.

Den hatte er schon vor zwei Jahren im Notizbuch stehen. Derzeit will er das „bestehende Gehaltsgefüge mit Sicherheit nicht in die Luft jagen. Das muss organisch mitwachsen“, meinte Rangnick und weiß: „Zu hohen Ablösesummen gehören oft auch hohe Gehälter. Und genau das wollen und werden wir nicht mitmachen, denn wir verfolgen eine ganz klare Philosophie. Wir wollen Spieler entwickeln und selbst Marktwerte schaffen.“

Zudem stellt sich RB Leipzig abseits des Rasens noch professioneller auf. Im Sommer kommt ein Sales Director, der die Tür für neue Sponsoren öffnen soll. Immerhin müssen die Leipziger den Anteil von Hauptgeldgeber Red Bull am Gesamtsponsoring auf 30 Prozent drücken. Das fordert die Europäische Fußball-Union UEFA im Rahmen des Financial Fairplay, sollten die Leipziger auch irgendwann international spielen.

Für die Zweitliga-Konkurrenz ist der Klub von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz nicht mehr aufzuhalten. „Sie sind bereits durchgestartet. Sie spielen einen überragenden Fußball. Das werden sie auch in der Rückrunde tun“, sagte St. Paulis Abwehrchef Lasse Sobiech. Nürnbergs Trainer René Weiler meinte: „Es war absehbar, dass Leipzig eine dominante Rolle spielen wird. Und auch, dass sich Absteiger Freiburg so gut schlägt.“

Stadion für 80.000?

Zudem wird in Leipzig offenbar auch stadiontechnisch in großen Dimensionen gedacht. Wie die Leipziger Volkszeitung am Dienstag berichtete, soll der Klub für die Zukunft ein eigenes Stadion für bis zu 80.000 Zuschauer in Betracht ziehen.

Derzeit spielt man als Mieter in der für die Weltmeisterschaft 2006 umgebauten RB-Arena und ist noch bis 2020 an den Vertrag gebunden. Der ursprüngliche Plan, das bestehende Stadion auf 57.000 Plätze zu erweitern, wurde laut Angaben der LVZ bereits in einer Machbarkeitsstudie geprüft. Im Falle eines Aufstiegs werde es 2016 aber noch keinen Ausbau geben. Wegen Differenzen bei der Aufteilung der Kosten mit dem Stadioneigentümer sei diese Idee sogar wieder auf Eis gelegt worden.

Aus diesem Grund und wegen der limitierten Kapazität von 43.500 Zuschauern sollen die RB-Verantwortlichen daher bereits die Möglichkeit eines Neubaus prüfen. Nach Informationen der Zeitung könnte die eigene Arena bis zu 80.000 Menschen Platz bieten und wäre damit hinter dem Signal-Iduna-Park in Dortmund (83.000 Zuschauer) das zweitgrößte Stadion in Deutschland.

Stefan Ilsanker hat sich bei Tabellenführer RB Leipzig auf Anhieb durchgesetzt. Der ÖFB-Teamspieler war im Herbst in 17 von 19 Partien der zweiten deutschen Bundesliga dabei und spielte bis auf zweimal immer durch.

Mit seinem ersten Saisontor in letzter Sekunde beim 2:1 bei Greuther Fürth in der abschließenden Herbstrunde war der 26-jährige Mittelfeldspieler maßgeblich daran beteiligt, dass die "Bullen" mit einem Drei-Punkte-Vorsprung auf Verfolger SC Freiburg sowie einem komfortablen Acht-Punkte-Polster auf den Aufstiegs-Relegationsplatz ins Frühjahr gehen. Der Startschuss fällt am Wochenende.

Im Interview mit der Austria Presse Agentur sprach der Ex-Salzburger über seine bisherige Zeit in Leipzig, seine eigene Entwicklung, die Ziele im Frühjahr und das Nationalteam-Highlight EURO 2016.

Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Saisonverlauf?

Ilsanker: "Ich denke, dass wir eine sehr gute Herbstsaison gespielt haben. Wir sind Erster, haben schon einige Punkte Vorsprung auf den Dritten und sind somit unserem Ziel Aufstieg schon ein bisschen näher gerückt. Auch spielerisch ist es immer besser geworden, je länger die Saison gedauert hat. Wir haben uns ganz gut gefunden, stehen hinten schon viel kompakter und nach vorne hin greifen die Mechanismen auch immer besser."

Bei acht Punkten Vorsprung sollte es im Frühjahr eigentlich keine Probleme mehr geben, sehen Sie das auch so?

"Wir lassen uns von außen nichts einreden, schauen als Mannschaft auch nicht die ganze Zeit auf die Tabelle. Wenn der nächste Gegner kommt, konzentrieren wir uns auf den, spielen das Match und lassen uns von nichts anderem ablenken, weder der Tabelle noch von den Medien. Am Ende wird dann abgerechnet."

Was sind die Unterschiede zur österreichischen Bundesliga?

"Jede Liga ist ein bisschen anders, die zweite deutsche Liga ist sehr robust, sehr aufs Körperliche ausgelegt, es gibt kaum Bübchen, das sind alles gestandene Männer. Es ist ein bisschen der Unterschied zu Österreich, dass man doch in Österreich schon sehr jungen Spielern die Chance gibt, weil natürlich auch nur einer absteigt und der Druck auf die einzelnen Vereine dann auch nicht ganz so groß ist. In der zweiten deutschen Liga ist der Druck schon riesig, die Hälfte der Mannschaften will aufsteigen, die andere Hälfte nicht absteigen, deshalb ist jedes Spiel 100 Prozent Kampf."

Die Zuschauerzahlen sind mit Österreich nicht zu vergleichen, wie sind da ihre bisherigen Eindrücke?

"Es ist eine andere Welt, bis auf die Ausnahmen wenn Salzburg in Hütteldorf spielt oder in Graz, das waren schon immer sehr coole Spiele oder auch unsere internationalen Spiele. Wir haben in der Liga einen Zuschauerschnitt von mehr als 30.000 bei den Heimspielen. Es ist schon richtig geil vor so vielen Leuten zu spielen."

Wie sind Sie mit ihrer eigenen Entwicklung zufrieden?

"Ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch, weiß, dass ich noch nicht auf dem Niveau spiele, auf dem ich in Salzburg schon war. Ich nähere mich dem aber immer weiter an, bin denke ich körperlich noch einmal einen Schritt vorangekommen und gerade zum Schluss raus waren die Leistungen schon sehr gut. Das gilt es jetzt im Frühjahr wieder auf den Platz zu bringen und konstant bis zum Mai durchzuziehen."

Wie ist es unter Ralf Rangnick, ihrem Ex-Sportchef in Salzburg, zu trainieren?

"Ich habe schon vor meinem Wechsel gesagt, dass ich mich sehr freuen würde, wenn ich unter ihm spielen könnte. Er ist ein unglaublicher Fachmann, hat das System in Salzburg auch schon eingeführt und zusammen mit Roger Schmidt auf eine enorm hohe Stufe gesetzt. Das ziehen wir jetzt in Leipzig weiter durch. Wir haben top Möglichkeiten, ein geiles Trainerteam und die Mannschaft ist auch super."

Wie groß ist die Vorfreude auf die erste Bundesliga?

"Wir denken jetzt gar nicht über die erste Liga nach. Wir haben noch 15 Endspiele, alles was dann kommt, sehen wir dann, nicht jetzt."

Im Sommer wartet auch die EURO 2016, wie blicken Sie der entgegen?

"Die Vorfreude ist riesengroß. Wir haben eine geile Truppe, einen unglaublichen Teamspirit. Der Trainer leistet unglaublich gute Arbeit und hat ein Team geformt, das absolut wettbewerbsfähig ist. Von dem her blicke ich optimistisch voraus."

In wie weit ist die hohe Erwartungshaltung in Österreich ein Problem?

"Für uns als Mannschaft ist das nicht gefährlich. Die Leute dürfen natürlich ein bisschen träumen, es wäre aber vermessen wenn wir jetzt schon von irgendwelchen großen Taten bei der EURO sprechen. Wir haben uns das erste Mal jetzt selber qualifiziert, das war schon einmal ein großer Erfolg für uns. Jetzt gilt es einfach so weiterzuarbeiten und weiterzuspielen wie wir das bis jetzt gemacht haben und dann sehen wir eh wie weit die Reise gehen kann."

Wie ist die Gruppe mit Portugal, Island und Ungarn einzuschätzen?

Ilsanker: "Jede Gruppe ist schwer, jeder der sich qualifiziert hat, hat es sich absolut verdient. Mit Portugal mit Superstar Cristiano Ronaldo haben wir ein unglaublich tolles Los gezogen. Die anderen zwei Gegner sind aber auch sehr unangenehm. Ich habe die zwei Play-off-Partien von den Ungarn gesehen, wo sie sehr gut verteidigt und super nach vorne umgeschaltet haben. Also es wird insgesamt sehr, sehr schwer werden."

APA: Ist die EURO eigentlich auch bei RB Leipzig ein Thema?

Ilsanker: "Wir haben mit Peter Gulacsi, dem bis Sommer verliehenen Zsolt Kalmar und Co-Trainer Zsolt Löw drei Ungarn im Club. Jetzt müssen wir aber erst einmal alle schauen, dass wir auch dabei sind. Natürlich freuen sie sich genauso auf die EURO, für die Ungarn ist es ebenfalls ein großer Erfolg, dass sie dabei sind. Es könnte sicher für uns vier Spieler, zusammen mit Sabi (Marcel Sabitzer, Anm.), ein sehr heißes Duell werden. Natürlich vorausgesetzt, dass wir dann auch alle mit dabei sind."

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