Fuchs: "Das ist mein letzter Vertrag in Europa"

74 Länderspiele: Nur sieben Österreicher haben mehr als Christian Fuchs.
Der Teamkapitän geht 2018 in die USA und spricht über seine Familie und Nachfolger.

Mit 74 Länderspielen ist Christian Fuchs der älteste Hase im EM-Aufgebot von Teamchef Marcel Koller. Obwohl er am 7. April seinen 30. Geburtstag feiert, ist der Niederösterreicher aber noch lange nicht der Senior im Nationalteam.

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KURIER: Sie werden Donnerstag 30 Jahre alt. Tut’s weh?

Christian Fuchs: Ich habe gehört, dass Männer, je älter sie werden, umso sexyer sind. Es kommen auch schon die grauen Haare durch, was von einigen Damen auch geschätzt werden soll. Wie man so hört. Denn ich bin ja glücklich verheiratet.

Allerdings in einer temporären Fernbeziehung. Ihre Frau kommt einmal im Monat mit den Kindern aus den USA zu Ihnen nach England.

Ja. Das ist schade. Während der Meisterschaft tragen sie die Last der langen Reisen. Und du hat man teils den Eindruck, dass man etwas versäumt. Vor allem, wenn sich die Kinder so rasant entwickeln.

Fuchs: "Das ist mein letzter Vertrag in Europa"
Christian Fuchs fußball leicester nationalteam österreich
Wie lange werden Sie noch Flugmeilen sammeln?

Ich habe in Leicester für drei Jahre unterschrieben. Das ist mein letzter großer Vertrag in Europa, 2018 gehe ich in die USA zu meiner Familie.

Sie haben das doch kommen sehen. Sie waren schon Vater, als sie unterschrieben haben.

Ja. Aber man wird älter. Letzten Sommer war mein Vertragsende bei Schalke nicht gerade befriedigend. Es hat mich auch gereizt, in England zu spielen. Und nicht zuletzt: Wir leben in Manhattan. Das alles ist nicht billig. Ich hatte im Sommer schon ein Angebot aus den USA. Aber ich wollte meine Familie noch finanziell absichern, bevor ich endgültig hinüber gehe.

Das ist dann wohl das Ende Ihrer Teamkarriere?

Muss nicht sein. Der Fußball in den USA entwickelt sich. Mal schauen, aber es muss halt eine Mannschaft in der Nähe von New York sein.

Sie sind derzeit aber nicht aus dem Team wegzudenken. Markus Suttner ist in der zweiten Halbzeit gegen Albanien ordentlich abgefallen.

Es ist nicht so leicht. Die Spieler, die nicht oft zum Zug kommen, legen sich viel Druck auf, wenn sie spielen. Aber Sutti ist ein guter Ersatz. Viele Spieler stehen im Schatten. Suttner, Özcan und wie sie alle heißen. Sie tragen aber einen großen Teil dazu bei, dass wir die Qualität haben, die wir gezeigt haben. Sie tragen im Training zu dieser Qualität bei. Sie bringen die anderen dorthin, wo sie sind. Auch die, die viel gespielt haben, müssen im Training alles geben. Sie können sich nicht ausruhen.

Okay. Suttner macht Druck. Aber er ist nicht die Zukunft auf Ihrer Position, ist nur ein Jahr jünger. Machen Sie sich sorgen um die Zukunft des Linksverteidigers im Team?

Nein. So wie sich Stefan Stangl bei Rapid entwickelt hat, sehe ich ihn derzeit als Hoffnungsträger für die Zukunft. Aber wir haben auch auf anderen Positionen gute Jungs, die jetzt schon in den Nachwuchsteams sehr gute Leistungen abliefern.

Fuchs: "Das ist mein letzter Vertrag in Europa"
ABD0062_20151114 - ORIHUELA - SPANIEN: Christian Fuchs während einer Mixed Zone des ÖFB-Teams am Samstag, 14. November 2015, in Orihuela bei Alicante. Die österreichische Fußball-Nationalmannschaft absolviert vom 9. bis 15. November 2015 einen Trainingslehrgang in Orihuela und ein Testspiel gegen die Schweiz am 17. November in Wien. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Jetzt steht aber erst einmal die EM vor der Tür.

Ja. Der Erfolg ist da. Aber wir haben noch nichts erreicht.

Noch nichts erreicht? Ist die erste sportliche Qualifikation für die EM etwa nichts?

Die Erwartungshaltung ist enorm. Es glauben ja einige schon, dass wir Europameister werden. Bei uns in Österreich gibt es bei manchen nur schwarz oder weiß.Wir haben eine harte Qualifikationsgruppe gehabt, aber in Frankreich warten noch ganz andere Kaliber.

Sie sind einer der Spieler, die schon bei der Heim-EM dabei waren. Was ist der Unterschied vom Team 2016 zum Team 2008?

Gegenüber 2008 hat sich die Mentalität geändert. Da sind Spanien oder die Niederlande gekommen. "Was für Stars" hat sich damals vielleicht der eine oder andere gedacht. Man ist ein bisschen in Ehrfurcht erstarrt.

Und jetzt?

Ich kann jetzt nur sagen: Schaut auf die eigene Truppe, wo die alle spielen und was sie sich zutrauen.

Und Sie selbst?

Als ich in dieser Saison einmal ins Team der Runde nominiert wurde, hat es geheißen, dass es eine Ehre für den Fuchs sei, neben all den großen Namen zu stehen. Warum? Bin ich ein Spitzkicker? So was muss man sich verdienen, ich spiele Runde für Runde gegen diese großen Namen.

Sie sind mit Leicester Erster und vielleicht auf dem Weg zur Meisterschaft in England.

Wir müssen immer nur an das nächste Spiel denken. Das ist die Devise von Claudio Ranieri bei Leicester. Das ist auch die Herangehensweise von Marcel Koller.

Riskieren wir wieder einen Blick in die USA: Kennt dort irgendjemand den Fußballverein Leicester?

Wenn ich in Manhattan bin, spüre ich das Interesse. Ein Freund von mir arbeitet im Apple Store in Manhattan und schaut drauf, dass man dort alle Spiele von Leicester sehen kann.

In den sozialen Medien ist viel von Ihnen zu sehen. Ein Kopfballduell mit Teamkollegen Okazaki auf dem Ergometer. Zuletzt haben Sie sich mit Teamkollegen James Vardy sogar Eier an den Kopf geschmissen.

Die Stimmung bei uns in der Mannschaft ist einfach großartig. Wir mögen uns, und die Leute mögen diese Videos.

Diese Videos und Challenges findet man unter #nofuchsgiven. Ein Markenzeichen von Ihnen, das Sie auch auf T-Shirts tragen. Was heißt das?

In England und den USA ist die Anspielung offensichtlich. "No fucks given" heißt dort, dass einem vieles egal ist. Es ist eine Einstellung zum Leben. Es heißt für mich, dass ich die Sachen mache, so wie sie mir gefallen und ich Spaß daran habe.

Was macht Ihnen Spaß? Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie bei einer Fee einen Wunsch frei hätten?

Vielleicht eine eigene TV-Show? (lacht). Wieso nicht. Alicia Keys singt über New York: "If I can make it here, I can make it anywhere." Wenn du es hier schaffst, kannst du es überall schaffen.

Christian Fuchs wurde am 7. April 1986 geboren und wuchs in Pitten (NÖ) auf. Er spielte bei Mattersburg (2003 – 08), Bochum (2008 – 10), Mainz (2010/11) und Schalke (2011 – 15). 2015 wechselte er zu Leicester. Er bestritt 74 Länderspiele und schoss dabei ein Tor.

Er ist mit Raluca Gold-Fuchs verheiratet, die in Ney York lebt. Die beiden haben zwei Söhne: Ethan und Anthony.

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