Gourcuff: 645 Tage des Leidens in fünf Saisonen
Eigentlich kann er alles: Das Spiel diktieren, das Tempo und die Richtung bestimmen. Er hat das Feingefühl für den tödlichen Pass, seine Standards stellen in der Regel eine Gefahr für das gegnerische Tor dar. Und er kann Tore schießen. Eigentlich hat Yoann Gourcuff alles, was einen großen Mittelfeldspieler, eine Nummer zehn im klassischen Sinne, auszeichnet. Dass er niemals in die Riege der Allergrößten seiner Zunft aufstieg, ist vor allem seiner Fragilität geschuldet.
Am Wochenende verletzte sich Gourcuff in der Partie seines Klubs Olympique Lyon gegen Nizza erneut. Diesmal zwickte der Oberschenkel, weshalb der Spieler eigenwillig vom Platz lief, ohne vorher darüber seinen Trainer Hubert Fournier verständigt zu haben. "Ich hoffe, dass er verletzt ist", kommentierte der sichtlich angesäuerte Fournier die Art und Weise, wie sein Schützling das Feld verließ. Es droht ihm nun eine einmonatige Pause. Seine insgesamt 20. seit seinem Wechsel von Bordeaux zu Lyon im Jahr 2010. Dem gegenüber stehen 19 Tore, die der 28-Jährige für den Verein in dieser Zeit erzielt hat.
Ganze 645 Tage hat Gourcuff seinem Arbeitgeber in den fünf Jahren gefehlt. Zu den anfänglichen Problemen mit der Sehne gesellten sich in seinem zweiten Jahr bei Lyon gröbere Kniesorgen, die in Folge von Knöchel-, Rücken- oder aber Leistenverletzungen abgelöst wurden. Der Vertrag des Mittelfeldregisseurs beim aktuellen Tabellenzweiten der Ligue 1 läuft in diesem Sommer aus. Die Verletzungshistorie, aber auch ein zerrüttetes Verhältnis zum Trainer deuten auf einen Abschied hin.
Geschätzt
In der Saison 2008/09 führte Gourcuff Girondins zum ersten Meistertitel nach zehn Jahren. Zwölf Tore und elf Torvorlagen steuerte er in 37 Liga-Partien zum großen Erfolg der von Laurent Blanc gecoachten Truppe aus der Weinstadt bei. Als Belohnung für seine Leistungen wurde er zu Frankreichs Fußballer des Jahres gekürt. Nach einer weiteren Saison in Bordeaux wechselte er für 22 Millionen Euro zum Ligarivalen Olympique Lyon.
Anders
"Einmal saß uns ein gewisser Herr Galliani (Anm.: Milan-Geschäftsführer Adriano Galliani) mit einem Millionen-Scheck gegenüber und sagte: 'Yoann, du musst nach Italien zurückkehren, du hast in Bordeaux nichts verloren'. Dennoch blieb er in Bordeaux", erinnert sich Poulmaire an das große Interesse an seinem Schützling. "Vor zwei, drei Jahren kamen Leute von Manchester City in einem privaten Jet und sagten: 'Wir reden hier vom Fußball-Mutterland. Er muss zu uns kommen'". Auch dieses Angebot schlug Gourcuff aus.
Im Moment wird er wieder vom Verletzungspech geplagt. "Er selbst leidet am meisten", weiß Poulmaire. Manche scheinen den Glauben an die beste Zehn seit Zidane dennoch nicht verloren zu haben. Wenn ihr auch die Zeit davonläuft.
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