FIFA: Wer wird Blatter-Nachfolger?

Endspurt: Gianni Infantino hat zuletzt aufgeholt gegenüber Scheich Salman bin Ibrahim al Chalifa.
Bei der Versammlung am Freitag in Zürich steht nicht nur die Wahl des neuen Präsidenten auf der Tagesordnung. Auch über ein Reformpaket soll entschieden werden.

Das überstrahlende Thema beim außerordentlichen FIFA-Kongress ist die Wahl eines Nachfolgers von Joseph Blatter. Doch neben der Präsidenten-Kür steht auch eine weitere wichtige Abstimmung auf der Agenda. Die entscheidenden Fragen vor der Versammlung des Fußball-Weltverbands am Freitag in Zürich:

Wer geht als Favorit in die Wahl?
Lange Zeit galt der asiatische Konföderationspräsident und FIFA-Vize Scheich Salman bin Ibrahim al Chalifa als absoluter Top-Kandidat. Mit einer Werbetour rund um die Welt hat sich allerdings auch UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino im Endspurt eine gute Position verschafft. Deshalb hat al Chalifa im Finale den Ton verschärft und Infantino bei dessen Wahlversprechungen mangelnde finanzielle Verantwortung vorgeworfen.

Wer ist stimmberechtigt?
207 Mitgliedsverbände sind stimmberechtigt, nicht aber die Verbände aus Kuwait und Indonesien. Eine Entscheidung über die Aufhebung der Sperren gegen beide Nationen solle erst beim ordentlichen Kongress im Mai in Mexiko-Stadt erfolgen, empfahl das Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes am Mittwoch. Bestätigt werden muss dies allerdings am Freitag.

Wo entscheidet sich die Wahl?
Al Chalifa darf fest mit dem Großteil der Unterstützung aus seinem Heimat-Dachverband rechnen. Sollten die Sperren von Kuwait und Indonesien erwartungsgemäß nicht aufgehoben werden, nehmen 44 asiatische FIFA-Mitgliedsverbände an der Wahl teil. Infantino setzt auf Stimmen aus Europa (53) und Südamerika (10). Dazu kommen bei der Wahl noch Vertreter aus Nord-, Mittelamerika und der Karibik (35), Ozeanien (11) - und vor allem Afrika (54). Sowohl al Chalifa als auch Infantino nehmen für sich in Anspruch, die Mehrheit dieses größten Stimmblocks sicher zu haben, so dass Afrika wie schon so oft als Königsmacher gilt. Im ersten Wahlgang braucht der Sieger eine Zwei-Drittel-Mehrheit, in weiteren Durchläufen reichen mehr als 50 Prozent.

Werden am Freitag wirklich fünf Kandidaten zur Wahl antreten?
Der bisher unauffällige Tokyo Sexwale aus Südafrika deutete diese Woche bereits einen möglichen Rückzug an und erklärte, er sei offen für „Allianzen“. Der Franzose Jerome Champagne ist ohne die Unterstützung eines Kontinentalverbandes chancenlos.

Kann die Wahl überhaupt stattfinden?
Außenseiter Prinz Ali bin al-Hussein ist aus Sorge vor Wahl-Manipulation vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) gezogen, um die Wahl zu verschieben. Dass das Gremium dem Antrag vollumfänglich folgt, wäre eine Überraschung. Womöglich kommen aber doch die vom Jordanier al-Hussein geforderten durchsichtigen Wahlkabinen zum Einsatz - der CAS will bis Donnerstagvormittag entscheiden.

Dreht sich beim Kongress alles nur um die Wahl des neuen Präsidenten?
Die noch wichtigere Entscheidung für die Zukunft der heftig angeschlagenen FIFA wird beim Kongress bereits am Vormittag fallen. Die Mitgliedsverbände stimmen über ein umfassendes Reformpaket ab - sollte keine Drei-Viertel-Mehrheit zustande kommen, hätte dies verheerende Konsequenzen für den Weltverband. Vor allem die US-Justiz dürfte ein Scheitern der Reformen als Signal nehmen, Maßnahmen gegen die FIFA einzuleiten.

Worum geht es bei den Reformen im Detail?
Kern der Neuordnung ist, die Macht des neuen Präsidenten und des bisherigen Exekutivkomitees zu beschneiden. Kommen sollen sogenannte „Good Governance“-Kriterien: Aufsplittung der politischen und ökonomischen Bereiche, Schaffung eines Councils mit 36 Mitgliedern (statt des Exekutivkomitees), Ausbau der Kompetenzen des Generalsekretärs, der zum eigentlichen Geschäftsführer aufsteigt. Die Amtszeitbeschränkung soll eingeführt werden: Der Präsident und Council-Repräsentanten sind nur noch maximal für drei Vierjahresperioden wählbar.

Was bedeutet „Good Governance“?
Die Geschäftsführung nach üblichem Standard der internationalen Wirtschaftsbranche ist ein zentraler Punkt der Umstrukturierung. Das Council beispielsweise beschließt keine TV- und Marketing-Deals mehr - die Business-Entscheidungen werden im Generalsekretariat unter Aufsicht eines Chief Compliance Officers gefällt. In der Finanz- und Rechtsabteilung sitzt in Zukunft eine Mindestanzahl von unabhängigen Spezialisten. Als Supervisor überwacht ein übergeordneter Auditor alle Geschäfte.

Wer bestimmt den Generalsekretär?
Vorgeschlagen wird der neue starke Mann vom künftigen Präsidenten, abgesegnet wird die Wahl durch das Council. Ad interim und bis zum Vorschlag eines Kandidaten ist seit den Turbulenzen im Herbst der gebürtige Deutsche Markus Kattner im Amt des Generalsekretärs. Der frühere Unternehmensberater trat bereits 2003 in die FIFA ein.

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