Tiefstwerte beim Höhepunkt in Spielberg

Hannes Arch gab über dem Red-Bull-Ring eine Kostprobe seines Könnens.
Der Zuschauerrückgang in Spielberg ist dramatisch – trotz vieler Verstappen-Fans aus den Niederlanden.

205.000 Fans am Rennwochenende 2014 bei der Rückkehr der Formel 1 nach Spielberg;

115.000 Fans im Vorjahr;

70.000 heuer.

Mit den Zuschauerzahlen geht es rasend schnell bergab auf dem Red-Bull-Ring. Dafür gibt es vor allem vier Gründe:

Formel 1

Die wichtigste Rennserie der Welt wird seit Jahren kritisiert. Sie sei zu unspektakulär, zu leise, zu fad. Doch die Kritik kommt teilweise aus den eigenen Reihen. So hat etwa Helmut Marko mehrmals das eigene Produkt als langweilig bezeichnet – vor allem in Phasen, als sein Red-Bull-Team klar abgehängt wurde. Der unvoreingenommene Beobachter hat heuer sowohl spektakuläre (Australien) als auch fade Rennen (Russland) gesehen.

MotoGP

Zu einem ernsten Mitbewerber ist die Motorrad-Weltmeisterschaft geworden: mit ihren spektakulären Rennen und den Stars mit Heldenpotenzial. Wenn Valentino Rossi, Marc Márquez und Jorge Lorenzo mit ihren PS-Monstern kämpfen, sind Wagemut und außergewöhnliches Talent augenscheinlich. In der modernen Formel 1 wirken die Piloten teils wie ferngesteuerte Marionetten. Heuer kehrt die Motorrad-WM nach 19 Jahren wieder nach Österreich auf den Red-Bull-Ring zurück. Das Rennen am 14. August ist eine enorme Konkurrenz für die Formel 1 – und fast ausverkauft.

Fußball-EM

Eigentlich hätte Österreich an diesem Wochenende das Viertelfinale bei der EM in Frankreich spielen sollen. Das wollten sich viele Sportfans nicht entgehen lassen. Der Plan ging nicht auf. Nach dem Out der Nationalmannschaft ist der Kartenverkauf spät, aber doch noch leicht angestiegen. Jetzt hofft Helmut Marko noch auf "Ad-hoc-Käufe" am Rennsonntag.

Preise

495 Euro kostet ein Wochenendticket auf der überdachten Geraden, 250 bis 400 Euro auf den anderen Tribünen. Wer also mit seiner Familie zur Formel 1 will, muss inklusive Übernachtung einen Monatslohn hinblättern. Andererseits hat der Veranstalter gegengesteuert: Besitzer einer Stehplatzkarte (95 Euro) können ein Kind bis 14 Jahre mitnehmen. Und mit einer 25-Euro-Karte für das Training konnte man gestern Abend noch Pop-Oma Nena und die Wiener Rockband Wanda sehen.

Leere und keine Ränge

Die Betreiber des Rings haben mit einem tollen Rahmenprogramm vieles richtig gemacht. Trotzdem wurden heuer einige mobile Tribünen gleich gar nicht aufgebaut, der nördliche Teil der Red-Bull-Tribüne ist mit "Spielberg"-Planen abgedeckt. Nicht alle Unterkünfte in der Umgebung des Rings sind ausverkauft. Auch die Campingplätze rund um die Strecke sind gerade einmal zur Hälfte ausgelastet.

Ein wirtschaftliches Problem für die Betreiber, etwa für die Chefin des Campingplatz "Grün" direkt bei der Einfahrt zum Ring. "Wir haben für die Formel 1 extra dazugebaut", sagt die junge Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. "Ich bin auf dieses Geschäft angewiesen. Als hauptberuflicher Landwirt kann man sonst schwer überleben."

Tiefstwerte beim Höhepunkt in Spielberg
Ageeth und Jan aus den Niederlanden beim Grand Prix vom Spielberg, Fans von Max Verstappen
Glücksfall für die "Chefin" und die Veranstalter sind die vielen Fans aus den Niederlanden. Reisefreudig, trinkfest, fröhlich. Max Verstappen ist der Grund, weshalb sich Tausende auf den Weg in die Steiermark gemacht haben. Etwa Jan und Ageeth, Prototypen des holländischen Campers. Mehr als 1100 Kilometer sind sie mit ihrem modernen Wohnmobil aus Aalden im Norden des Landes nach Spielberg gefahren; bereits am Samstag sind sie angekommen; die niederländische Flagge wurde gehisst, noch bevor sie auf ihren Fahrrädern die ersten Touren unternommen haben. "Max Verstappen ist in Holland ein Star geworden", sagt Jan und nimmt zur Bestärkung seiner Worte einen kräftigen Schluck aus der Amstel-Dose. "Wenn Max heuer nicht so stark wäre, wären wir sicher nicht hier."

Dass der 18-Jährige auch in Spielberg stark sein wird, darf aber bezweifelt werden. "Die langen Geraden und die Höhenunterschiede sind für uns schmerzhaft", sagte der Red-Bull-Fahrer am Freitag. Trotzdem freut er sich auf das Rennen, vor allem aber auf "Schnitzel und Frittatensuppe".

Und er fügt hinzu: "Die niederländischen Fans sind sehr patriotisch. Ich hoffe, die Veranstalter haben genügend Alkohol vorrätig."

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