Todesstoß für ACTA im EU-Parlament

Todesstoß für ACTA im EU-Parlament
Das umstrittene internationale Handelsabkommen ACTA ist in Europa Geschichte. Das EU-Parlament hat das Anti-Piraterie-Abkommen abgelehnt. Die Mehrheit der EU-Abgeordneten sprach sich gegen das Abkommen aus.

Ein bösartiger Kraken, der die Welt in seine Fänge zieht: So haben Kritiker das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA (“Anti Counterfeiting Trade Agreement”) dargestellt, das Mittwoch im EU-Parlament mit einer großen Mehrheit von 479 gegen 39 Stimmen abgelehnt wurde. 165 Abgeordnete enthielten sich ihrer Stimme.

Vor zwei Wochen hat sich der für das Handelsabkommen zuständige federführende Handelsausschuss (Inta) mit einer Mehrheit von 19 zu 12 Stimmen gegen ACTA ausgesprochen. Davor haben bereits vier weitere Ausschüsse das Abkommen mehrheitlich abgelehnt. Ganz vom Tisch ist ACTA aber nicht: Eine Neufassung des Abkommens könnte nach 2014 theoretisch in der EU in Kraft treten.

Proteste zeigen Wirkung

Todesstoß für ACTA im EU-Parlament

Dass das EU-Parlament gegen ACTA gestimmt hat, ist zu einem guten Teil den Protesten zu verdanken. Das Abkommen hat seit Anfang 2012 europaweit für Demonstrationen gesorgt und Zehntausende - vor allem junge - Menschen auf die Straßen getrieben. Auch in Österreich protestierten tausende insgesamt drei Mal vor dem Parlament, und viele von ihnen trugen zu diesem Anlass die Guy-Fawkes-Maske, das Symbol der Anonymous-Hacktivisten. Unterstützt wurden diese Demonstrationen neben Bürgerrechts- und Datenschutzvereinen unter von den Grünen und der aufstrebenden Piratenpartei.

Auch im Netz war der Widerstand groß: Die Protest-Plattform Avaaz.org hat mehr als 2,8 Millionen Protestunterschriften gesammelt. „Mit ACTA sollen privatrechtliche Verfahren bei Urheberrechtsverletzungen in strafrechtliche umgewandelt werden. Der Staat wird damit zum Eintreiber bei Urheberrechtsvergehen und das ist meines Erachtens nach nicht akzeptabel. Das sind zivilrechtliche Auseinandersetzungen und das sollen sie bleiben", kritisierte etwa der SPÖ-EU-Abgeordnete Jörg Leichtfried gegenüber der futurezone.

Der SPÖ-Abgeordnete lehnte ACTA außerdem ab, weil dadurch ein „Spionagesystem" für wirtschaftliche Interessen von Privaten entwickelt werde. „Da werden Provider verpflichtet, für Rechteinhaber zu spitzeln, um die angeblichen Interessen dieser privaten Unternehmen zu wahren." Derartige Formulierungen würden auf den „Einfluss der amerikanischen Unterhaltungsindustrie" zurückgehen und seien abzulehnen. Dokumente, die der Bürgerrechtsorganisation EDRi im Mai zugespielt worden waren, belegen gar, dass die EU-Kommission sich bei den Verhandlungen von den USA über den Tisch ziehen hat lassen. So fanden die Verhandlungen im Geheimen statt
und in Europa durften die Dokumente nicht einmal Stakeholdern vorgelegt werden.

Befürworter in der Minderheit

Befürworter argumentierten, dass ACTA „kein Angriff auf bürgerliche Freiheiten“ sei und das Abkommen nichts am gegenwärtigen Rechtsbestand der EU ändere. Kritiker des Abkommens, wie etwa die grüne Europaabgeordnete Eva Lichtenberger, befürchteten im Vorfeld der Abstimmung, dass trotz dieser Mehrheiten die „Pro-ACTA-Front“ noch Versuche unternehmen werde, die Entscheidung zu vertagen. Genau dies war auch geschehen. Die Europäische Volkspartei (EVP) hatte am Mittwoch versucht, die Entscheidung zu verschieben, bis das Abkommen vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) geprüft worden sei. Dies wiederum hätte zu einer jahrelangen Verzögerung geführt – und die Proteststimmen wären bis dahin endgültig erloschen gewesen.

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