Stiftungsaffäre: Hat Graf sich bereichert?

Stiftungsaffäre: Hat Graf sich bereichert?
Martin Graf habe sie getäuscht, sagt eine 90-jährige Stifterin. Ein Gericht wollte die Pensionistin davor schützen.

Martin Graf, Dritter Nationalratspräsident und formal höchster FPÖ-Politiker der Republik, ist seit Tagen in den Schlagzeilen – er liefert sich als Stiftungsvorstand einen Streit mit einer 90-Jährigen. Politische Gegner fordern seinen Rücktritt, der erhebliche Vorwurf der Erbschleicherei steht im Raum.

Am Freitag wurden neue, pikante Details publik: Laut dem Anwalt der Pensionistin hat ein Gericht die damals 86-Jährige offenbar vorgeladen, um sie vor der Gründung der Stiftung und damit vor einem schweren Fehler zu bewahren.

Dem nicht genug, ist seit Freitag bekannt, dass sich nun auch der Stiftungsprüfer zurückziehen muss.

Ist Graf tatsächlich ein Erbschleicher – wie ihm politische Gegner bereits unterstellen?

Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen:

Was kann man Martin Graf als Stiftungsvorstand tatsächlich vorwerfen?

Noch schwerer als der bereits kolportierte Interessenkonflikt bei einem Hauskauf in Wien-Döbling (die von Graf geführte Stiftung hat jenen Teil des Hauses gekauft, in dem Grafs Bruder ein Restaurant führt und an dem Graf finanziell beteiligt ist, Anm.) wiegt, dass Graf offenbar den Zweck der Stiftung ignoriert. "Herr Graf behauptet, das Stiftungsvermögen sei kontinuierlich gewachsen. Abgesehen davon, dass wir das bezweifeln, geht das am Thema vorbei. Stiftungszweck ist nicht Kapital anzuhäufen, sondern der Stifterin einen schönen Lebensabend zu ermöglichen. Das ist in der Stiftungsurkunde klar festgehalten", sagt Alexander Hofmann, Stiftungsexperte und jener Anwalt, der die Pensionistin unterstützt.

Stiftungsaffäre: Hat Graf sich bereichert?

War Meschar gut beraten, die Stiftung zu gründen?

Nein. Experten erklären einhellig, ein Vermögen von rund einer Million Euro rechtfertigt noch keine Stiftung – allein aufgrund der laufenden Kosten. Sinnvoll und notwendig seien zumindest zehn, wenn nicht zwanzig Millionen Euro.

"Um Frau Meschars Wünsche zu erfüllen hätte ein professionell formuliertes Testament in Verbindung mit einer Vorsorgevollmacht genügt", sagt Anwalt Hofmann.

Wollte sich Graf das Vermögen der Dame aneignen?

So weit reichen die Vorwürfe – noch – nicht.

Faktum aber ist, dass die Stiftungsurkunde auffallend wenig darüber sagt, was genau nach dem Tod der Stifterin mit dem verbliebenen Vermögen passiert: Ein Tierarzt soll jährlich 2000 Euro bekommen, auch der Aufwand für die Grabpflege soll gedeckt werden.

Darüber hinaus ist aber nur festgehalten, dass das Geld der "Wissenschaft und Forschung im Allgemeinen insbesonders auf dem Gebiet der Augenheilkunde" ausgeschüttet werden soll. Welche Institute oder Personen das sein können, ist völlig offen. Zudem es gibt die Möglichkeit, das Vermögen in einen andere, neue Stiftung zu überführen.

Martin Graf behauptet, die Stiftung sei genau so, wie Meschar es wollte. Stimmt das?

Nicht ganz. Gertrud Meschar hat zwar alle für die Gründung der Stiftung notwendigen Unterschriften geleistet. Auffällig ist aber, dass ein Gericht sie vor der endgültigen Stiftungsgründung vorgeladen und "belehrt" hat. "Ich habe das noch bei keiner Stiftungsgründung erlebt", sagt Anwalt Hofmann. "Offenbar wollte das Gericht der Stifterin die Tragweite ihrer Unterschriften noch einmal vor Augen führen, weil sie mit der Stiftungsurkunde de facto auf alle Kontroll- und Einflussrechte verzichtet."

Tatsächlich heißt es in Artikel 14 der Urkunde, ein "Widerruf der Stiftung ist nicht zulässig".

Wenn die Stifterin mit Grafs Arbeit so unzufrieden war, warum hat sie dann viele Jahre gewartet, bis sie vor Gericht zieht?

Meschar hatte Angst, wollte nicht gegen den Dritten Nationalratspräsidenten und mehrere FPÖ-Abgeordnete prozessieren. Zudem findet sich in der Stiftungsurkunde der in diesem Fall seltsame Passus, die Stifterin verliere ihre finanziellen Ansprüche, wenn sie gegen den Vorstand prozessiert. – Auch das dürfte ein Grund gewesen sein, warum das Gericht Meschar vorgeladen hat.

Wäre es nicht Aufgabe des Stiftungsprüfers, die Arbeit der Stiftung zu kontrollieren?

Grundsätzlich ja. Allerdings wird die Firma "Interrevision" – sie erstellte die Jahresabschlüsse – von der Firma PWK kontrolliert. Und in beiden Firmen heißen die Geschäftsführer Kurt Wurmitzer und Dieter Derntl. – Man kontrolliert sich selbst.

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