„Zivis“ beurteilen Zivildienst positiv

„Zivis“ beurteilen Zivildienst positiv
Für 95 Prozent der jungen Männer war der Zivildienst eine gute Erfahrung, zeigt eine Umfrage des Roten Kreuzes.

Werner Kerschbaum macht sich keine Illusionen: Der Generalsekretär des Roten Kreuzes weiß genau, was die meisten Zivildiener bei seiner Organisation am ersten Tag ihres neunmonatigen Dienstes denken: „Wären wir nicht verpflichtet, würden wir wohl nicht kommen.“

Doch die Einstellung der meisten jungen Männer ändere sich dann rasch, erzählt Kerschbaum: „Wir waren überrascht und erfreut über das Ergebnis einer Umfrage von ehemaligen Rotkreuz-Zivildienern“, erzählt der Chef der größten Zivildienst-Trägerorganisation: 95 Prozent der Befragten bewerteten ihren Zivildienst als eine positive Erfahrung: „Im Nachhinein sehen sie sehr wohl die Sinnhaftigkeit eines verpflichtenden Dienstes für das Allgemeinwohl.“
Das Rote Kreuz schickte die Online-Fragebögen Ende August an ehemalige „Zivis“ in ganz Österreich aus, mehr als 1200 antworteten: Der Zivildienst habe Spaß gemacht (sagten über 85 Prozent), Wissen vermittelt (89 Prozent), war interessant (89 Prozent) und insgesamt eine wertvolle Zeit (91 Prozent).
„Nennen wir es ,Abenteuer Menschlichkeit‘“, versucht Kerschbaum die retrospektive Zufriedenheit zu ergründen. „Erstmals in einem Team zu arbeiten, mit neuen, für viele Zivildiener fremden Lebenssituationen konfrontiert zu sein, alte und pflegebedürftige Menschen kennenzulernen oder einfach dringend benötigte Hilfe leisten zu können.“

4236 Zivildiener waren 2011 beim Roten Kreuz im Einsatz, ausgebildet als Rettungssanitäter oder bei Gesundheits- oder sozialen Diensten tätig. „30 Jahre nach dem Start des Zivildienstes in Österreich ist der einstmalige Drückeberger, der nicht zum Bundesheer will, zu einer wichtigen Säule der Zivilgesellschaft geworden“, befindet Kerschbaum. „Und die Erfahrung gibt den jungen Männern eine Chance auf Perspektivenwechsel.“

Das Rote Kreuz spricht sich deutlich für die Fortführung des Zivildienstes aus. „Der Zivildienst ist ein Erfolgsmodell und soll beibehalten werden“, sagt auch Rotkreuz-Präsident Fredy Mayer. Die vom Sozialministerium präsentierte Alternative zum Zivildienst (siehe unten) bezeichnet Mayer als „unausgegoren“ und als „Beruhigungspille für die Trägerorganisationen“.

Denn derzeit seien allein beim Roten Kreuz mehr als 56.000 Menschen freiwillig tätig, erklärt Kerschbaum: Eine Arbeit für das Gemeinwohl solle nicht durch Lohnarbeit ersetzt werden. „Sonst besteht die Gefahr einer Erosion der Zivilgesellschaft. Oder soll man künftig auch nur mehr Blut spenden, wenn man dafür bezahlt wird?“, fragt Kerschbaum.

Die Ex-Zivis scheinen dem zuzustimmen: 87 Prozent der Befragten sprachen sich für die Beibehaltung des Zivildienstes aus.

Kommentare