Nach Wien-Wahl: Atempause für die Bundesregierung

Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner präsentierten am Dienstag die Details der Steuerreform.
Häupl-Erfolg in Wien bestärkt humanen Kurs in Flüchtlingsfrage.

Mit dem überraschend guten Abschneiden der SPÖ-Wien hat Bürgermeister Michael Häupl der Bundesregierung eine Atempause verschafft.

Eine Regierungsumbildung, die unter der Prämisse eines Kopf-an-Kopf-Ergebnisses, wie es die Meinungsforscher prophezeit hatten, geplant war, scheint vorerst abgeblasen. "Eine Regierungsumbildung steht nicht an", sagt Vizekanzler Reinhold Mitterlehner.

Ganz vom Tisch ist ein Ministerwechsel dennoch nicht. Es gilt abzuwarten, ob die Neubildung der Wiener Regierung womöglich personelle Änderungen im Bund auslöst – etwa, falls SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder von Häupl nach Wien geholt wird. Schieder sagte am Sonntag, die Fortsetzung von Rot-Grün in Wien sei "erste Option".

Bund

In der Bundesregierung bahnen sich Diskussionen über die künftige Linie in der Flüchtlingsfrage an. Die SPÖ betrachtet die Anerkennung der Wähler für Häupls Kurs als Auftrag. Schieder: "Die ÖVP wird sich entscheiden müssen: Will sie einen Mitterlehner-Kurs? Oder will sie einen Kurz/Mikl-Leitner-Kurs fahren?"

"Anständigkeit, Geradlinigkeit und Haltung zahlen sich aus", sagt auch Kanzler Werner Faymann.

Wien war die letzte Wahl im Jahr 2015. Wie sieht die Bilanz für die einzelnen Parteien aus?

Die SPÖ hat einen Landeshauptmann verloren. Franz Voves musste nach einem Rekord-Verlust den Chefposten in der Steiermark räumen. Er hat sich übrigens – anders als Häupl – bei der Ausländer-Integration auf FPÖ-Terrain vorgewagt.

Die SPÖ verlor im heurigen Wahljahr auch zwei traditionell rote Bürgermeisterposten: in Wiener Neustadt und in Wels. Der erste ging an die ÖVP, der zweite an die FPÖ. Hinzugewonnen hat die SPÖ den Chefposten in Klagenfurt, wo seit März Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz regiert. Sie löste Christian Scheider von der FPÖ ab.

Burgenland

Die ÖVP hat im Burgenland eine Regierungsbeteiligung verloren. Das Burgenland hat die Konzentrationsregierung abgeschafft, und SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl hat eine rot-blaue Koalition gebildet. Seither sitzt die ÖVP auf der Oppositionsbank.

In der Steiermark hat die ÖVP den Landeshauptmann-Posten, den sie 2005 an die SPÖ verlor, wieder zurückbekommen. Hermann Schützenhöfer führt eine rot-schwarze Koalition.

Für die erhoffte Regierungsbeteiligung in Wien schaut es für die ÖVP schlecht aus. Sie hat in Wien gleich viel verloren wie die SPÖ, obwohl die ÖVP bei 14, die SPÖ bei 44 Prozent startete. Auch ÖVP-Wien-Chef Manfred Juraczka hat sich nicht klar von der FPÖ abgegrenzt.

Die FPÖ wird in Zukunft mehr mitbestimmen. Im Burgenland regiert sie als Koalitionspartner der SPÖ. In Oberösterreich steht die Entscheidung noch aus, ob die ÖVP mit der SPÖ oder mit der FPÖ regieren wird.

Bei den großen Städten ist die Bilanz der FPÖ gemischt: Wels gewonnen, Klagenfurt zerronnen.

In Wien wird die FPÖ zwar nicht mitregieren, aber sie überspringt die Schwelle von einem Drittel der Gemeinderäte. Ohne FPÖ ist in Wien keine Verfassungsänderung mehr möglich.

Für die Grünen wackelt die Koalitionsbeteiligung in Oberösterreich. Sie konnten zwar ihren einen Landesratsposten verteidigen, doch hat Schwarz-Grün keine Mehrheit mehr im Landtag.

In Wien stehen die Chancen für eine Fortsetzung von Rot-Grün nun besser als die Umfragen vermuten ließen. Mit 54 Mandaten für Rot-Grün ist eine regierungsfähige Mehrheit vorhanden. Rot-Schwarz wäre mit 51 Mandaten sehr wacklig (50 ist die Hälfte).

Die Bilanz der Neos: Drei Landtage – Burgenland, Steiermark, Oberösterreich – verfehlt, aber den Einzug in Wien geschafft. Einen Regierungssitz haben die Neos in Wien nicht erobert, dazu hätten sie neun Prozent gebraucht.

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