"Keine weiteren fünf Jahre Stillstand"

Meinl-Reisinger: "Haben alte Hasen, die uns beraten."
Beate Meinl-Reisinger ist gegen einen FP-Vizebürgermeister, will aber mit den Blauen partiell kooperieren.

Im KURIER-Gespräch skizziert die Neos-Klubchefin ihre Oppositionspolitik.

KURIER: Die SPÖ startet nun Koalitionsverhandlungen mit den Grünen. Ihre Erwartungen?

Beate Meinl-Reisinger: Dieses Wahlergebnis muss eine Mahnung sein für Koalitionsverhandlungen. Fünf weitere Jahre für Rot-Grün dürfen nicht fünf weitere Jahre Stillstand bedeuten, diese Koalition der Verlierer muss heiße Eisen anpacken. Ob ein neues Wahlrecht, der Schuldenberg oder auch der Bildungsnotstand: Wir werden die nötigen Reformen jeden Tag einmahnen.

Woran lag es, dass die Neos nicht stark genug wurden, um als Partner in einer Zweierkoalition infrage zu kommen?

Für uns ist das Wahlergebnis großartig. Trotz der Zuspitzung auf das Duell SPÖ gegen FPÖ sind wir alles andere als untergegangen. Dass es sich nicht ausgeht, für eine Regierung relevant zu sein, ist schade. Aber auch in der Opposition werde ich für meine Themen den Druck hochhalten.

Der Großteil Ihrer neuen Bezirks- und Gemeinderäte hat keine politische Erfahrung. Wie wollen Sie sie fit machen für den politischen Alltag?

Es gibt bei uns laufend Workshops zu bestimmten Themen und wir haben alte Hasen, die uns beraten. Andererseits besteht unsere Qualität genau darin, dass wir frische Köpfe in die Politik bringen, die gleichzeitig professionell arbeiten.

"Keine weiteren fünf Jahre Stillstand"
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Sie wollen eine kantige Oppositionspolitik machen. Wie wird die aussehen?

Ich bleibe bei meinen Wahlkampf-Themen: Etwa die aufgeblähte Politik und Anti-Korruption. Ich werde weiter aufzeigen, wie Geld in Parteikanälen verschwindet. Im Gemeinderat habe ich jetzt mehr Möglichkeiten der echten Kontrolle.

Nach Ihren Vorstellungen müsste die Zahl der Politiker in Wien halbiert werden. Wie erklären Sie Ihren neuen Gemeinde- und Bezirksräten, dass die Hälfte von ihnen überflüssig ist?

Für die Neos sind Menschen in die Politik gegangen, weil sie ein Anliegen haben – und nicht, weil es ihnen um Posten geht. Würden wir jetzt anfangen, uns um unsere Posten zu sorgen, dann bräuchte es die Neos nicht.

Sie kritisieren die Inseratenvergabe der Stadt, stellten aber selbst bei TV-Sendern die Erfolgsprämien für Inserate in Aussicht. Leidet da nicht Ihre Glaubwürdigkeit?

Das waren Rabattierungen. Ich habe meinen ganzen Wahlkampf aus Spenden und Darlehen finanziert – und musste auf Liquidität achten. Wir reden zudem hier von lächerlichen Summen, wenn man vergleicht, was andere Parteien oder die Stadt Wien für Inserate ausgegeben hat. Ich lasse mich nicht mundtot machen und werde weiterhin die Halbierung der Werbeausgaben fordern.

"Keine weiteren fünf Jahre Stillstand"
ABD0020_20151012 - WIEN - ÖSTERREICH: NEOS-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger am Montag, 12. Oktober 2015, nach einer Gremiensitzung der NEOS in der "NEOSphäre" in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Werden Sie im Gemeinderat Allianzen auch mit der FPÖ bilden, die Sie im Wahlkampf noch massiv angegriffen haben?

Die FPÖ hat jetzt die Wahlrechtsreform aufs Tapet gebracht. Wir haben schon in der Vorwoche gesagt, dass ein faires Wahlrecht unser erster Antrag wird. In einzelnen Sachfragen wie dieser werden wir zusammenarbeiten.

Diskutiert wird jetzt wieder die Sinnhaftigkeit der nicht amtsführenden Stadträte. Schließen Sie weiterhin aus, einen solchen Posten anzunehmen, sollte es einen für die Neos geben?

Ja. Die FPÖ krallt sich hingegen an diesen sinnlosen Proporzposten fest, gegen die sie noch vor Kurzem gewettert hat. Die FPÖ zeigt hier eine hässliche Fratze alter Politik. Einmal mehr appelliere ich an SPÖ und ÖVP, auf Bundesebene den Weg dafür freizumachen, dass wir diese Posten abschaffen können.

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