Paulus: "Ich müsste ja ein Volltrottel sein"

APA12158478 - 03042013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Die entlassene Leiterin des Budgetreferates, Monika Rathgeber am Mittwoch, 3. April 2013, beim Untersuchungsausschuss des Salzburger Landtags zur Klärung des Salzburger Finanzskandals. APA-FOTO: GINDL
Finale im Salzburger U-Ausschuss: Monika Rathgeber traf auf ihren Ex-Chef Paulus.

Im Vorfeld war spekuliert worden, ob Monika Rathgeber dem direkten Aufeinandertreffen mit ihrem Ex-Chef Eduard Paulus nervlich gewachsen wäre; und dann war es der Finanz-Hofrat, der nach einer Stunde die Nerven verlor. „Ich sage, was ich will“, schnauzte er Rathgebers Anwalt Herbert Hübel an. „Ich ärgere mich grün und blau, dass ich mich seit Monaten für etwas rechtfertigen muss, wofür ich nichts kann“, schimpfte er lautstark.

Showdown im Salzburger Untersuchungsausschuss: Am Mittwoch wurden Monika Rathgeber und Eduard Paulus gemeinsam ins Kreuzverhör genommen. Es war das Duell zweier tief Gefallener – da die einst gefeierte, dann gefeuerte Leiterin des Budgetreferats. Dort der aus der Suspendierung zurückgekehrte Leiter der Finanzabteilung und Ex-Präsident der Offiziersgesellschaft, der aus der ÖVP ausgeschlossen wurde.

Freunde werden die beiden keine mehr. Als Rathgeber den U-Ausschuss betritt und die Hände von Abgeordneten und Familienangehörigen schüttelt, blättert Paulus demonstrativ in den Akten. Shake-Hands gibt es im minutenlangen Blitzlichtgewitter demonstrativ keines.

„Wollen sie aussagen?“ fragt Richter Anton Wagner, der die Zeugenbefragung leitet. „Ja, natürlich“, sagt Rathgeber mit fester Stimme; Paulus nickt nur. Beide wiederholen erneut ihre bisherigen Aussagen – und belasten einander damit gegenseitig. Rathgeber beharrt auf ihrem Standpunkt, dass die Spekulationsgeschäfte nicht geheim gewesen wären. „Es gab laufend Gespräche mit den Banken. Alles ging über den Schreibtisch von Paulus.“

Das leugnet der 61-Jährige gar nicht: „Ich habe mich nie um Einzelgeschäfte gekümmert, das hat mich nicht interessiert – dafür hätte ich auch gar nicht die Zeit“, sagt er. Das Motto der Finanzabteilung in den vergangenen Jahren sei gewesen: Volumen raus, Risiko runter – und dabei habe er der 41-Jährigen vertraut. „Sie ist selbstbewusst, tüchtig und gescheit. Aber dass sie 1,5 Milliarden Euro Schulden gemacht und damit Wertpapiere gekauft hat, war mir nicht bewusst.“

Sie schüttelt den Kopf.

Er: „Monika, du hast Unterschriften gefälscht und Geschäfte verschleiert.“

Sie: „Unterstellung!“

Er: „Monika, ich habe dir nie die Erlaubnis dafür gegeben. Ich müsste ja ein Volltrottel sein, wenn ich das genehmigen würde.“ Dann legt er ein Gutachten vor, wonach auch seine Unterschrift gefälscht worden sei.

Hitzig wird’s auch, als Paulus aus einem Aktenvermerk zitiert, in dem sechs Zeugen – darunter Ex-Finanzlandesrat David Brenner – ein „Geständnis“ Rathgebers am 26. November bestätigen. Nun wird die Ex-Referatsleiterin emotional: Das Schreiben sei falsch und verzerrend. Rathgeber: „Wie könnt ihr das mit mir machen? Ich war so lang loyal, ich habe so viel für dich gemacht – und dann macht ihr so ein politisches Manöver.“

Paulus: „Du wirst wohl nicht behaupten, dass Brenner eine Unterschrift fälscht, um dir eins auszuwischen?“

Freunde werden die beiden keine mehr.

Als Mitte Oktober 2012 bekannt wurde, dass es in der Salzburger Finanzabteilung ein „Schattenportfolio“ mit 253 Finanzgeschäften gibt, von dem die Politik nichts gewusst hatte, war Feuer am Dach der Landesregierung. Finanzlandesrat David Brenner (SPÖ) ordnete am selben Tag an, die Derivate aufzulösen oder in das offizielle Landesportfolio zu integrieren.

Der Linzer Uni-Professor Meinhard Lukas hat sich im Auftrag des U-Ausschusses angesehen, wie die Derivate abgebaut wurden – und kommt zu einem vernichtenden Urteil: Der Berater befindet, dass unprofessionell vorgegangen wurde und ortet ein Minus von mindestens 50 Millionen Euro.

Lukas kritisiert etwa, dass die Geschäfte überhastet aufgelöst worden seien – „ohne zuvor einen fundierten Statusbericht samt Einzelbewertungen zu erstellen und (...) eine Abbaustrategie zu entwickeln“, heißt es im Gutachten, das dem KURIER vorliegt.

Lukas bemängelt zudem, dass nur eine Person die Abwicklung übernahm: „Auch die für den Abbau gewählte Personalstruktur, die sich auf nur einen Mitarbeiter konzentriert hat, ist kritikwürdig.“

Im U-Ausschuss sagte Lukas am Mittwoch dazu, der Mitarbeiter habe auch nicht die nötigen „Werkzeuge und die Infrastruktur gehabt“. Die Folge: „Man lässt sich damit auf Preise ein, die die andere Seite mehr oder minder diktiert.“

Was den Schaden betrifft, spricht der betroffene Mitarbeiter von einem „Ertrag“ von 28 Millionen Euro.

Lukas kommt zu einem anderen Ergebnis: Für die rund 250 Derivate hat das Land 600 Millionen ausgegeben, dem stehen Einnahmen von 550 Millionen gegenüber – macht ein Minus von 50 Millionen Euro. Im U-Ausschuss erklärte der Experte, dass man aber auch „Einschüsse des Landes von 155 Millionen Euro“ berücksichtigen müsse. Damit ergebe sich ein Saldo von 205 Millionen Euro. Eine endgültige Aussage lasse sich nicht treffen, dazu müsste man auch die Zinszahlungen berücksichtigen.

Rechnungshof-Schelte

Heftige Kritik kommt auch vom Rechnungshof. Er stellte in einem Rohbericht laut APA fest, dass es im Land an einem effizienten, internen Kontrollsystem gefehlt habe. Das habe unter anderem dazu geführt, dass „mindestens 300 Bankkonten und zusätzlich 120 Fremdwährungskonten mit Umsätzen im Jahr 2012 von 9,5 Milliarden Euro im Rechnungswesen des Landes nicht erfasst waren.“

Kutschera wiederholte noch einmal, dass er im Herbst 2012 die damals neu aufgetauchten 253 Derivatgeschäfte aufgelöst bzw. in ein richtlinienkonformes Portfolio überführt hatte.

Für Überraschung sorgten dabei seine Schilderungen über die Sitzung des Finanzbeirates am 23. Oktober 2012. Kurz davor waren nämlich die bis dahin nicht bekannten, teils hochriskanten Geschäfte des Landes aufgetaucht. Von diesen sei in der Sitzung des Beirates aber anfangs gar nicht gesprochen worden. Der Leiter der Finanzabteilung, Hofrat Eduard Paulus, habe erst nach der Erörterung des offiziellen Portfolios darüber berichtet. Die Mitglieder des Ausschusses seien geschockt gewesen, als sie davon erfahren haben, erinnerte sich Kutschera. Auf die Frage, weshalb ausgerechnet von dieser Sitzung kein Protokoll verfasst worden war, sagte er: Paulus habe dies so entschieden, weil man kein Protokoll über eine Sitzung anfertigen könne, in der ein offiziell gar nicht vorhandenes Portfolio besprochen werde.

Eindeutig verneint wurde von Kutschera die Frage, ob bereits im Oktober 2012 auch die nicht bekannten - über Kredite finanzierten - Wertpapiere in Milliardenhöhen bekannt geworden seien. "Definitiv nicht", sagte Kutschera, erst Mitte, Ende November hätte es erste Hinweise darauf gegeben.

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