Stöger gegen Notverordnung: "Sicherheit ist nicht in Gefahr"

Sozialminister Alois Stöger
Der SP-Sozialminister nimmt Innenminister Sobotka in die Pflicht

KURIER: ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka will die Asyl-Notverordnung in Begutachtung schicken. Warum will die SPÖ das jetzt nicht?

Alois Stöger:Im Asylgesetz steht, dass eine Sonderverordnung erlassen werden kann, wenn die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gefährdet ist. Wenn Herr Sobotka meint, dass die Sicherheit und Ordnung durch den Arbeitsmarkt gefährdet wäre, dann sage ich: Ich sehe das derzeit nicht so.

Minister Sobotka begründet das mit der Arbeitslosigkeit von mehr als 12 Prozent in Wien.

Natürlich ist die Arbeitslosigkeit ein Problem. Da hat die gesamte Regierung große Anstrengungen zu unternehmen, ganz unabhängig von den Schutzsuchenden. Aber wo ist die öffentliche Ordnung gefährdet?

Aber Sie sind grundsätzlich schon für die Obergrenze von 37.500 Asylwerbern pro Jahr?

Natürlich ist mir klar, dass man Grenzen setzen muss. Minister Sobotka will das aber ausschließlich über den Arbeitsmarkt begründen, da sage ich, das ist zu wenig. Es ist die Aufgabe des Innenministeriums, eine umfassende Begründung vorzulegen, die auch rechtlich hält.

Wie soll die Obergrenze dann durchgesetzt werden?

Erstens sind wir derzeit weit entfernt von 37.500 Asylwerbern (aktuell sind es 24.000). Zweitens habe ich nicht gesagt, dass die Sonderverordnung nicht kommen kann. Aber es muss eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, der Arbeitsmarkt ist als einzige Begründung zu wenig.

ÖVP-Klubobmann Lopatka schlägt einen Abtausch vor, der SPÖ-Wunsch einer Wohnsitzpflicht für Asylberechtigte gegen den ÖVP-Wunsch, die Mindestsicherung auf 1500 Euro zu deckeln.

Es freut mich, dass die Wohnsitzauflage auch Zustimmung bei der ÖVP findet. Ich kann das aber nicht mit einem Deckel bei der Mindestsicherung verknüpfen, der bereits einmal vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Er ist aber nicht nur verfassungswidrig, sondern auch politisch falsch. Denn er trifft immer nur die Kinder. Die ÖVP versucht das zu verwischen. Wenn jemand einen Job nicht annimmt, und sich nicht integrieren will, sind wir uns alle einig, dass es Sanktionen geben muss. Aber was kann ein sechsjähriges Kind dafür, in einer Familie geboren worden zu sein, die fünf Kinder hat. Die große Mehrheit der Bezieher der Mindestsicherung sind Österreicher. In der ÖVP gibt es einige wenige Politiker, die die Situation von Menschen auf der Flucht ausnutzen wollen, um Österreichern etwas wegnehmen zu können.

Sie verhandeln mit den Ländern derzeit über eine bundeseinheitliche Mindestsicherung, wie weit sind Sie da?

Das Problem ist, dass die ÖVP keine einheitliche Position hat. Die Soziallandesräte von Vorarlberg, Tirol, Salzburg und der Steiermark sagen, dass sie mit dem Vorschlag zufrieden sind. Allerdings hat Niederösterreichs Landesrätin Schwarz kurz vor einer Einigung erklärt, es müsse eine Deckelung geben, und sie spreche im Auftrag der Bundes-ÖVP. Das hat mich dann doch überrascht, weil die anderen ja das Gegenteil sagen. Nun will Vizekanzler Reinhold Mitterlehner das Thema in seiner Partei ausloten.

Gibt es eine Deadline für die Verhandlungen?

Wir brauchen eine Lösung bis Ende Dezember, sonst gibt es keine Mindestsicherung mehr, und die alte Sozialhilfe gilt wieder. Dann kann der Bund aber nicht mehr die Kosten für die Krankenversicherung tragen. Die Mindestsicherung ist ein gutes Instrument, um Armut in Österreich zu senken. Das ist ein politisches Ziel. Und wenn die ÖVP das nicht will, dann soll sie das auch sagen.

Sie haben vorgeschlagen, dass Asylwerber für kleine Arbeiten in der Nachbarschaft mit dem Dienstleistungsscheck bezahlt werden könnten. Die ÖVP lehnt das ab, weil es nur zusätzliche Flüchtlinge anziehen würde (Pull-Faktor).

Das ist wieder das Problem in der ÖVP, wo manche Politiker in jeder vernünftigen Integrationsmaßnahme einen Pull-Faktor sehen. Dabei stehen die Sozialpartner hinter dem Vorschlag. Was ich hier nicht verstehe: Man kann nicht auf der einen Seite sagen, diese Menschen integrieren sich nicht, und auf der anderen Seite gegen jede Maßnahme zur Integration sein. Das ist doch ein Widerspruch, der aufgelöst werden muss.

Kommentare