Steuern: Mitterlehner hat "eigenartigen" Eindruck

Mitterlehner, Faymann
Ministerrat: Die SPÖ will das Steuerkonzept des ÖGB durchbringen - die ÖVP ist wenig begeistert.

Es ist einen Tag her, dass der wieder genesene Kanzler Faymann verkündete, das Steuerkonzept von ÖGB und Arbeiterkammer solle das der SPÖ sein; wie das zu bewerkstelligen ist, wissen die Sozialdemokraten unter dem Stichwort "Vermögenssteuern" zu subsumieren. Auch die reiche Schweiz habe solche - und dort "klammern sich die Großmütter auch nicht an ihre Perlenketten", so der Kanzler bei der SPÖ-Tagung.

Das bedeutet auch, dass sich die SPÖ eine Entlastung von 5 bis 6 Milliarden Euro vorstellt - doch woher nehmen, wenn nicht stehlen? "Die Kleinigkeit, wo kommt das Geld her" sei "in Wirklichkeit die Kernfrage", sagte Faymann nach dem heutigen Ministerrat im Pressefoyer an Reinhold Mitterlehners Seite. "Die Gegenfinanzierung muss verlässlich, im Kompromiss aufgestellt werden", so der Kanzler.

Doch für einen Kompromiss braucht es eine Koalitionspartner. Und dieser gab sich am Dienstag wenig begeistert von der roten Ansage, der ÖGB gebe die Steuerreform vor. Wenn man das 1:1 übernehme, entstehe doch ein "eigenartiger" Eindruck, meinte Mitterlehner vor Beginn der Regierungssitzung. Zum Volumen der Reform sagte Mitterlehner vor dem Ministerrat: "Wir werden bei der Regierungsklausur (26. und 27. September, Anm.) darüber diskutieren. Ich gehe da schon von einem Fortschritt aus." Die entscheidende Frage sei, wie man auf der Ausgabenseite eine Gegenfinanzierung sicherstellen kann, so Mitterlehner. "Das ist das Kunststück."

Realistisch bleiben

Mitterlehner betonte, dass die ÖVP auf ihrer Linie bleibe (also ein Nein zu Vermögenssteuern, Erbschafts- und Schenkungssteuern zur Gegenfinanzierung). Es müsse die konjunkturelle Lage berücksichtigt werden, das Volumen der Entlastung müsse "realistisch" sein. Es dürfe jedenfalls nicht so sein, dass sich die Bürger die Entlastung dann über ein neues Sparpaket selbst finanzieren, sagte der Vizekanzler. Grundsätzlich verwies er auf den mit der SPÖ vereinbarten Fahrplan, also Expertengespräche bis Jahresende und anschließend eine politische Einigung. Doch gab sich der neue ÖVP-Chef auch versöhnlich, will man doch in der frisch besetzten Regierung nicht gleich streiten. "Wir werden einen Kompromiss finden", so der Wirtschaftsminister.

Finanzminister Hans Jörg Schelling wollte sich jedenfalls nicht dazu äußern, dass die SPÖ das ÖGB/AK-Konzept vollständig übernehmen will: Dies sei eine reine Frage der SPÖ. Auch das im Gewerkschafts-Papier formulierte Volumen von knapp sechs Mrd. Euro wollte er nicht kommentieren.

Sondersitzung

Am Dienstag findet auch eine Nationalrats-Sondersitzung auf Betreiben des Team Stronach statt. Das Thema: "Wirtschaftskrieg, Rekordarbeitslosigkeit und TTIP: Österreich als Marionette, gefangen zwischen Ost und West". Die Grünen wollen die Sitzung nutzen, um eine Reihe von Umweltanträgen einzubringen. Die Palette reicht von der ökologischen Steuerreform über den Ausstieg aus fossilen Energien, der flächendeckenden LKW-Maut bis zum Eingriff in das Pendlerpauschale. Debattiert werden die Anträge im Plenum nicht, es sei dies lediglich die "Trägerrakete" für Ausschussverhandlungen, so Grünen-Chefin Glawischnig.

Am Mittwoch folgt eine Dringliche Anfrage an Mitterlehner; es geht ebenfalls um TTIP, aber auch das geplante Freihandelsabkommen mit Kanada, CETA. Die Grünen stoßen sich an den Investitionsschutzklauseln und Sonderklagsrechten für Konzerne in den Abkommen. Es gebe hier ein Spiel mit doppeltem Boden, meinte Glawischnig.

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