Ordnungsrufe für Integrationsmuffel

Verbalkampf der SPÖ-Granden: Wiener Häupl kritisiert Steirer Voves scharf.
Krach zwischen Häupl und Voves um Zuwandererpolitik. Faymann sucht mit 3-Punkte-Plan Frieden zu stiften.

Am Samstag hält Franz Voves Hof, am Freitag blieb er jenem von Werner Faymann fern. Seit einem Dreivierteljahr kommt der Landeshauptmann nicht zu Bundesparteisitzungen. Das Verhältnis des selbstbewussten Steirers zum SPÖ-Chef ist schlecht. Auch am Freitag zog es Voves vor, in Graz zu bleiben. Dabei dominierten seine Begehrlichkeiten die Zusammenkunft der Genossen in Wien. Voves hat eine – für die Roten – unangenehme Debatte initiiert: Er will, dass "Integrationsunwilligkeit" geahndet wird. Burgenlands Hans Niessl, der wie Voves dieses Jahr eine Wahl zu schlagen hat, steht hinter ihm. Er drängt nicht nur auf Verwaltungsstrafen, er kann sich gar vorstellen, die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Die Parteijugend tobt, verwahrt sich gegen "rechte Rülpser".

Kurssuche

Am Freitag versuchten die Roten, eine Linie zu finden – und Faymann trachtete danach, die Unstimmigkeiten kleinzureden. „In den inhaltlichen Themen sehe ich breite Übereinstimmung in einer bekannt lebhaften SPÖ“, sagte er nach der Präsidiumssitzung, in der kontroversiell debattiert worden war. Das Ergebnis: „Im Bildungsbereich“ sei anzusetzen. Ein zweites Pflicht-Kindergartenjahr solle es geben, detto Politische Bildung als Schulfach. Und „die Mitwirkung der Eltern“ – zu Sprechtagen zu kommen etc. – sei einzufordern. „Verwaltungsstrafen als letzte Maßnahme für Eltern, die nicht mit der Schule kommunizieren wollen, sind denkbar.“

Über deren Höhe redeten die SPÖ-Granden in der Sitzung nicht. Niessl sprach sich hernach dafür aus, sie anzuheben. Derzeit drohen Eltern von Kindern, die die Schule schwänzen, 440 Euro Strafe.

Verbal gestraft hat Wiens Bürgermeister Michael Häupl seinen Kollegen Voves schon vor dem SPÖ-Treffen. Zu dessen Verlangen, „Integrationsverweigerung“ strafrechtlich zu sanktionieren, sagte Häupl: „Ein Sozialdemokrat hat zu reden wie ein Sozialdemokrat – und nicht wie die Pegida.“ Dass sich die SPÖ mit Integrationsproblemen zu wenig befasse, wie Voves meint, sei „wirklicher Unsinn“ – und zeige des Steirers „Absenz“ von der Sozialdemokratie. Mit „rechtspopulistischer Mimikry“ sei keine Wahl zu gewinnen, sagte Häupl, in dessen Stadt heuer ebenfalls gewählt wird.

Voves’ Befund, die Partei vernachlässige die Integrationscausa, hat Häupl derart in Rage gebracht. Er empfindet es als Tadel für ihn, weil das Thema in Wien die größte Rolle spielt. Auch im Präsidium sprach er das an, verwies darauf, dass in der Bundeshauptstadt seit Langem darüber diskutiert werde.

Voves replizierte knapp. „Ich freue mich, dass Kollege Häupl inhaltlich voll auf unserer Linie ist“, sagte der steirische Landeschef zum KURIER. Er meint damit wohl nicht die harsche Kritik an seiner Person; Voves erfreut vielmehr der Umstand, dass Häupl einst einem türkischen Vater das „Ohrwaschl abreißen“ wollte, weil sich dieser weigerte, seine Tochter in eine Wiener Schule zu schicken. Irritiert gibt sich Voves davon, dass Häupl offenbar zwischen steirischen und burgenländischen Meinungen unterscheidet: „Dass er Kollegen Niessl, der mehrfach offiziell unsere Inhalte bestätigt hat, anders interpretiert als mich, das hat für Politik-Insider einen nachvollziehbaren Grund.“ Und der könnte in Voves neuer Rolle als Faymann-Kritiker und Kern-Förderer liegen. So hatte Voves jüngst in einem Interview keck befunden, dass „es besser ist“, wenn sich der SPÖ-Chef in Sachen Integration erst gar nicht äußere.

„Es traut sich in der Sozialdemokratie seit Jahren kaum jemand, die Probleme anzusprechen, die Ängste, das Unbehagen vor allem von Menschen, die geballt mit Migranten zusammenleben und Integrationsunwilligkeit erleben. Die SPÖ hat sich nie getraut,diese Ängste offen auszusprechen.“ „Wer auf die Idee kommt, dass das etwas mit rechten Rülpsern zu tun hat, muss bescheuert sein.“

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) Mitte Jänner in diversen Interviews

„Ein Sozialdemokrat hat zu reden wie ein Sozialdemokrat und nicht wie die Pegida.“

Wiens Bürgermeister Michael Häupl Freitag im ORF-Radio

„Ich freue mich, dass Kollege Häupl inhaltlich voll auf unserer Linie ist. Dass er Kollegen Niessl, der mehrfach offiziell unsere Inhalte bestätigt hat, anders interpretiert als mich, das hat für Politik-Insider einen nachvollziehbaren Grund.“

Franz Voves im KURIER

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