Krisen-Ministerin setzt auf Gipfeltour

"Ich werde in der kommenden Woche mit den Betroffenen über die Maßnahmen sprechen." Gabriele Heinisch-Hosek
Heinisch-Hosek will Protest von Eltern, Lehrern und Schülern kalmieren.

Claudia Schmied hatte als SPÖ-Bildungsministerin keine Verbündeten, nicht einmal in der eigenen Partei. Lehrervertreter, der Koalitionspartner, die Opposition sowieso – reihum wurde sie kritisiert.

Als sie nach der Herbst-Wahl abdankte, hieß es sinngemäß: In diesem Ressort kann nur jemand Besserer nachkommen. Es kam Gabriele Heinisch-Hosek – und die ist nach vier Monaten Regentschaft auf dem Wiener Minoriten-Platz imagemäßig auf Schmied-Niveau.

Krisen-Ministerin setzt auf Gipfeltour
Endgültig dorthin gekommen ist sie mit der Verkündung, heuer 57 Millionen, im kommenden Jahr 60 Millionen Euro einsparen zu müssen. Das sind je 0,75 % des Acht-Milliarden-Euro-Bildungsbudgets. Mit 93 Prozent davon werden Personalkosten gedeckt. Folge des Sparkurses: In den Oberstufen werden Klassen ab 30 Schülern nicht mehr geteilt. Damit fallen auch Lehrer-Überstunden weg. Und: In den "Neuen Mittelschulen" gibt es weniger Deutsch-, Mathematik- und Englisch-Stunden mit zwei Pädagogen.

Widerstandsdrohung

Die ÖVP steht zwar hinter Heinisch-Hosek, Lehrer-, Schüler- und Elternvertreter schreien aber auf: Just die SPÖ, die sich für ihr schulpolitisches Engagement rühme, kürze Mittel und Ressourcen. Mit Widerstand wird gedroht. Wie beim Lehrerdienstrecht, das Heinisch-Hosek als damalige Beamtenministerin mitersonnen hat, wird von "Protest bis hin zu gewerkschaftlichen Maßnahmen" gesprochen.

In der Ziehung war Heinisch-Hosek schon davor. Ein angebliches Leck bei Bildungsdaten hat sie zuerst kleingeredet; dann musste es als Argument dafür herhalten, dass es in nächster Zeit keine Schülerleistungsvergleichstests gibt. Dazu kam das Hin und Her in Sachen Zentralmatura.

Und jetzt die Sparvorgaben. "Ich habe mit Protesten gerechnet", sagt die Ministerin im KURIER-Gespräch. Bei Schulgipfeln in der kommenden Woche will sie die Aufmüpfigen besänftigen: "Die Einladungen für fünf Sitzungen sind bereits versendet worden. Ich werde mit den Bildungslandesräten, mit der Gewerkschaft, mit allen Landesschulratspräsidenten, mit den Elternvertretern und mit der Bundesschülervertretung über Budget und Schulautonomie reden." Sie werde erläutern, auf welche Sparziele sie sich mit dem Koalitionspartner ÖVP geeinigt hat.

Die Landesschulratspräsidenten, die letztlich für die Klasseneinteilung verantwortlich sind, bittet Heinisch-Hosek um Unterstützung. "Es gibt über 1000 Volksschulklassen mit weniger als 13 Kindern; und sehr viele Klein- und Kleinstschulen. Mir steht es nicht zu, Vorgaben zu machen, ich möchte nur hinterfragen, wie sie ihre Strukturen aufrechterhalten können." Zu klären sei, wie "umgeschichtet" werden könne; "wie Sparen zielführend sein kann". Bildungsexpertin Christa Koenne rät ja dazu, Mini-Schulen zu schließen.

Vorschläge erwartet Heinisch auch von den Gewerkschaftern. Mit weniger Schul-Symposien, wie von ihnen angeregt, sei nicht weit zu kommen. "Ich möchte wissen, wie damit 57 Millionen eingespart werden sollen."

Negativspirale

Hat sie den Rückhalt der ÖVP? "Den spüre ich deutlich. Sie trägt alle Maßnahmen mit, hat gesagt, das sei ein Teil, das Budget zu konsolidieren." Auch von der eigenen Partei sehe sie sich "aufgefangen". Dass sie dauerhaft schlecht beleumundet ist, glaubt die Ministerin nicht: "Mich freut das alles auch nicht. Ich hätte lieber gute Nachrichten überbracht, aber das ist momentan nicht möglich. Wie es meine Art ist, werde ich mich aus dieser Negativspirale herausarbeiten."

Bildungsbudget allgemein Rund acht Milliarden Euro pro Jahr, davon sind etwa 93 Prozent Fixkosten (Gehälter für 126.000 Lehrer, Schulerhaltung, etc.).

Sparziel Alle Ressorts müssen sparen, laut Ministerin Heinisch-Hosek lag das ursprüngliche Sparziel bei rund 68 Millionen Euro. Die Ministerin hat sich mit Finanzminister Spindelegger auf ein Volumen von 57 Millionen geeinigt, das sind knapp 0,75 Prozent des Schulbudgets. Möglich soll das werden, indem vor allem bei Personalkosten gespart wird – größere Klassen = weniger Lehrer.

Konkrete Sparmaßnahmen In Deutsch, Mathe und Englisch sollen in der neunten Schulstufe der BMHS und ORG bei mehr als 31 Schülern anders als bisher keine Klassenteilungen mehr erfolgen. An den HTL sollen in den Werkstätten und Labors im Schnitt zehn statt acht Schüler unterrichtet werden. Und an den AHS soll bei der Informatik erst ab 25 (bisher 13) geteilt werden, bei der Bildnerischen Erziehung soll es gar keine Klassenteilung mehr geben. Auch das Team Teaching (zwei Lehrer pro Klasse) an den NMS soll reduziert werden. Gespart wird auch beim Bildungsinstitut bifie.

Ruhmreich waren die PISA-Ergebnisse für Österreich noch nie. Trotz hoher Ausgaben für das Bildungssystem lagen die heimischen Schüler stets im hinteren Mittelfeld.

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Wie sie beim nächsten Mal abschneiden würden, wird nicht zu sagen sein. Beim internationalen Schülervergleichstest im Jahr 2015 nimmt Österreich nicht teil. SPÖ-Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat das festgelegt. Der Grund: Wegen eines Datenlecks beim Bildungsforschungsinstitut bifie wäre die Sache nicht sicher. Zwei Drittel der Österreicher missfällt Heinisch-Hoseks Entscheidung; das ergibt eine OGM-KURIER-Umfrage.

64 Prozent qualifizieren sie als falsch, lediglich 27 Prozent heißen sie gut. Am vehementesten lehnen sie Grün- und Neos-Anhänger ab (66 bzw. 80 Prozent). Selbst SPÖ-Sympathisanten goutieren sie nur mit knapper Mehrheit (52 Prozent).

Ausrede

"Angesichts der seit Jahren dauernden Debatte über Reformnotwendigkeiten im Bildungssystem kommt die PISA-Absage nicht an", erläutert OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Vom Gros der Bürger werde das Datenleck als Ausrede empfunden, ein anderes Motiv geortet: "Dass es darum geht, ein weiteres schlechtes Zeugnis für die Bildungspolitik zu vermeiden."

Auch das Zeugnis für Heinisch-Hosek ist vier Monate nach ihrem Amtsantritt nicht gut. Vor allem, dass ihr Sparkurs Negatives für Schüler bringt, wird heftig kritisiert. Dabei seien der Ministerin "viele Probleme in den Schoß gefallen", von Claudia Schmied habe sie diese geerbt, sagt Bachmayer: "Etwa die ,Neue Mittelschule‘. Schmied hat sie zwei Legislaturperioden lang als Allheilmittel angepriesen. Sie war das Herzstück ihrer Bildungspolitik. Zum Flop ist sie geworden. Es war quasi nur ein Türtaferl-Tausch."

Und was Heinisch-Hoseks Wirken anlagt: Das erscheine – Stichwort PISA und Sparen – ob der "mutigen Ansagen zu Beginn, den versprochenen neuen Eckpfeilern, nun in einem fragwürdigen Licht. Das wird ihr das weitere Leben als Unterrichtsministerin nicht erleichtern. Das wird ständige Munition für die Opposition sein."

Gegensatz

Erschwerend kommt für Heinisch dazu, dass sie einer Partei angehört, deren Credo bildungspolitische Reformen sind. Bachmayer: "Dass jetzt wegen der Hypo an den Schulen gespart wird, steht in krassem Gegensatz zu den plakativen Wahlkampf-Ansagen à la ,Es geht um die Zukunft unserer Kinder‘."

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