SP nimmt Arbeiter aus Osten ins Visier

Bundeskanzler Werner Faymann und AK-Direktor Werner Muhm (re.) wollen Zuzug von Osteuropäern "drosseln"
Kanzler in der Boulevardfalle: Aussagen zu Ausländer-Löhnen lösen Verwirrung aus.

Viel Aufregung haben am Freitag Interviews von Bundeskanzler Werner Faymann und AK-Direktor Werner Muhm in Boulevard-Medien ausgelöst.
Viel Applaus, ausgerechnet von blauer Seite, bekam zunächst der mit Ende Juni in den Ruhestand wechselnde Muhm. Er hatte in der Kronen Zeitung angeregt, die Personenfreizügigkeit – ein Grundpfeiler der EU – einzuschränken. Der AK-Direktor will dafür eine EU-Notfallsklausel für den Arbeitsmarkt aktivieren, um den Zuzug von Ost-Arbeitskräften einzudämmen.

Sein Kernargument: Die hohe Arbeitslosigkeit in Österreich sei „importiert“.

Stimmt so nicht, die hohe Arbeitslosigkeit hat auch etliche hausgemachte Ursachen, wie fehlendes Wirtschaftswachstum, Qualifikationsprobleme etc. Führende Sozialdemokraten – etwa Sozialminister Alois Stöger – spielten die Aussagen denn auch als Muhms persönliche Meinung herunter.

ÖVPler witzelten zeitgleich über Muhms Testballon und hielten die Aussagen sehr wohl für in der SPÖ abgesprochen. „Die Roten waren in der Flüchtlingsfrage lange in der Defensive, wahrscheinlich wollen sie wieder das Heft des Handelns in die Hand bekommen“, sagte ein hochrangiger Schwarzer.

Peinlicher Rückzieher

Als Freitag die Vorabversion eines Österreich-Interviews mit Faymann über die Austria Presse Agentur verbreitet wurde, war zumindest in der SPÖ niemandem mehr zum Witzeln. Denn die Verwirrung war perfekt: Faymann forderte darin nicht weniger als, dass Ungarn, die in Österreich arbeiten, nur noch ungarische Löhne bekommen sollen. Er sei für „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, so der Kanzler laut Österreich: Er wolle „den Arbeitszuzug“ aus den EU-Ostländern „drosseln“. Damit war Muhm nicht nur bestätigt, sondern damit wäre auch eine neue Front eröffnet.

Aber: Der Kanzler würde damit nicht nur geltenden Kollektivverträgen und Gesetzen für ausländische Arbeitskräfte widersprechen. Auch der Lohndruck auf heimische Arbeiter würde auf diese Weise weiter steigen, das Problem sich also verschärfen.

Es dauerte daher nicht lange, bis die Österreich-Meldung zurückgezogen wurde. Im Kanzleramt argumentierte man, die Gratiszeitung habe den Kanzler falsch verstanden und seine Aussagen verdreht wiedergegeben. Richtig sei, dass Ungarn, die in ihrem Heimatland angestellt sind, aber in Österreich arbeiten, künftig auch österreichische Löhne bekommen sollten.

Das ist geltendes Recht. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gilt prinzipiell nach der EU-Entsende-Richtlinie und dem Lohndumping-Gesetz. Möglichkeiten für vom Kanzler geforderte Verschärfungen gibt es im Sozialrecht: Ungarische Arbeiter können unter Umständen im ungarischen Sozialsystem bleiben – wo die Beiträge geringer sind.

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