Schule: Heinisch-Hosek will "gordischen Knoten" lösen

Amtsmüde, so die Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek, sei sie nicht.
Die Bildungs- und Frauenministerin steht trotz Kritik weiterhin zur Neuen Mittelschule.

Ob sie amtsmüde wäre, wollte Harald Jungreuthmayer in der ORF-Pressestunde von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek wissen. "Ich denke gar nicht daran, so einen Gedanken zu fassen", sie sei "voller Tatendrang" und "euphorisch" - sehe sie bei der Bildungsreform doch die große Chance, "das Schulsystem drehen zu können".

Gordischen Knoten entwirren

Die Ministerin sieht die Möglichkeit, den "gordischen Knoten" des Kompetenz-Wirr-Warrs bei den Schulen zu "durchschlagen". Man stehe aber erst am Anfang der Verhandlungen über die Bildungsreform - und es gelte, einen Kompromiss zu finden. Denn es werde "nicht 100 Prozent Länder oder 100 Prozent Bund spielen", sagte sie am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

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Sie selbst sei "nie eine Freundin der kompletten Verländerung" aller Lehrer-Kompetenzen gewesen, "andere" wollen nicht alle Kompetenzen dem Bund übergeben. Jetzt bestehe jedoch die große Chance, dass Aufgaben und Finanzierung in eine Hand kommen und es eine Ansprechbehörde gibt - wobei jedenfalls ein "Controlling" beim Bund bleiben müsse; sie erwarte sich Durchgriffsmöglichkeiten, merkte Heinisch-Hosek an. Und besonders wichtig ist ihr, dass die Autonomie der Schulen - etwa auch bei der Lehrerauswahl - gestärkt wird.

Heinisch-Hosek steht zur NMS

Ein in der Vorwoche vorgelegtes Papier der Expertengruppe schlägt Bildungsdirektionen in den Ländern für die Verwaltung aller - also der Landes- und der Bundes- - Lehrer vor, aber die Möglichkeit zentraler Zielvorgaben und eine Kontrollmöglichkeit des Bundes. Nun werde verhandelt, einen "Durchbruch" gebe es noch nicht, betonte Heinisch-Hosek. "Wenn wir sehr aufs Gas steigen" könnte man die gesetzlich Grundlage in zwölf Monaten schaffen - wobei man freilich wegen der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit auch die Opposition (teilweise) ins Boot holen und Gewerkschaft und Personalvertretung einbinden müsste.

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Zur Neuen Mittelschule und zur Zentralmatura - die in der Vorwoche mit einem nicht sehr guten Test bzw. Pannen in den Schlagzeilen waren - steht Heinisch-Hosek unumwunden. Freilich könne es bei großen Reformen wie der Zentralmatura auch zu der einen oder anderen Panne kommen - aber es sei auch so, dass "einige, die das Projekt nicht so gerne haben, viel Wind und negative Schlagzeilen machen".

Gemeinsame Schule wünschenswert

"Ein wirklich gutes Konzept" ist für die Ministerin die von ihrer Vorgängerin etablierte Neue Mittelschule - auch wenn der erste Test durchwachsene Ergebnisse brachte. Die NMS hätten überall leichte Leistungssteigerungen und ein angstfreieres Klima an den Schulen gebracht, das rechtfertige, dass dieses Konzept - mit leichten Adaptierungen - weiter verfolgt werde. "Wünschenswert" wäre für Heinisch-Hosek "selbstverständlich" eine (von der ÖVP abgelehnte) gemeinsame Schule bis 14 oder 15 Jahre - und diese "am besten verschränkt", also als Ganztagsform mit abwechselnden Unterrichts-und Freizeitphasen.

Zudem plädiert Heinisch-Hosek "sehr" für einen kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.500 Euro. Dies käme den Frauen zugute, denn vorwiegend sie seien in den Branchen beschäftigt, die teilweise noch nicht einmal 1.300 Euro Mindestlohn erreichen, sagte Heinisch-Hosek am Sonntag, dem Internationalen Frauentag, in der ORF-"Pressestunde".

Außerdem mahnte Heinisch-Hosek eine "ordentliche Moral beim Einstellen" ein: Arbeitgeber sollten Frauen nicht weniger zahlen, nur weil sie "bescheiden" weniger verlangten als männliche Bewerber.

Angleichung sei "verantwortungslos"

Eine - von der ÖVP geforderte - frühere Angleichung des Frauenpensionsalters an das der Männer lehnte die Frauenministerin einmal mehr strikt ab. Die Hälfte der Arbeitnehmerinnen könne wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit nicht einmal die jetzt gegebenen 60 Jahre erreichen, eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters wäre also "verantwortungslos". Und sie sehe nicht ein, "warum Frauen später in Pension gehen sollen", wenn sie doch immer noch den Großteil der unbezahlten Arbeit leisten.

Schule: Heinisch-Hosek will "gordischen Knoten" lösen
ABD0022_20141118 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: ZU APA0108 VOM 18.11.2014 - V. l.: Die Landeshauptmänner Markus Wallner (V, ÖVP), Günter Platter (T, ÖVP), Hans Niessl (B, SPÖ), Franz Voves (ST, SPÖ), Peter Kaiser (K, SPÖ), Erwin Pröll (NÖ, ÖVP), Wilfried Haslauer (S, ÖVP) und Josef Pühringer (OÖ, ÖVP) anlässlich der Konferenz der Landeshauptleute am Dienstag, 18. November 2014, in Klagenfurt. Im Vordergrund der Debatten steht das Thema Asyl. - FOTO: APA/GERT EGGENBERGER - unbegrenzt verfügbar

Die Steuerreform werde auch Frauen etwas bringen, ist Heinisch-Hosek überzeugt. Dass nur Männer darüber verhandeln, erklärte sie damit, dass die entsprechenden Positionen - Bundeskanzler, Vizekanzler, Landeshauptleute - eben nur mit Männern besetzt seien. Aber Frauen würden, zumindest auf SPÖ-Seite, als Expertinnen gehört. Und natürlich wünscht sie sich "mehr Frauen in der Politik".

ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel begrüßte immerhin ihr Bekenntnis zu mehr Autonomie der Schulen - mahnte aber, aus dem Bericht über die Neue Mittelschule "die richtigen Maßnahmen abzuleiten" und nicht weiterzuwursteln.

Außerdem stellte er in einer Aussendung fest, dass eine "professionelle Steuerung des Bildungsministeriums nötig" sei - und verwies auf einen "nächsten Zwischenfall" bei der Zentralmatura, wonach BIFIE-Angaben für Schularbeiten frühzeitig ins Netz gelangt seien.

FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz sähe lieber "unabhängige Expertinnen und Experten" an der Spitze des Bildungssystems, es sollten nicht "Parteisekretariate das Sagen haben". Denn "der rote Faden in der SPÖ-Bildungspolitik sind die Sozialromantik und der Niveauverlust", verwies er in seiner Reaktion auf Heinisch-Hoseks "Pressestunde" auf Zentralmatura und Neue Mittelschule.

Grüne: Wenig angetan

Die Ministerin wisse zwar, was für das Bildungssystem nötig wäre, aber sie gehe "vor den Reformverweigerern in ÖVP und SPÖ schon im Voraus in die Knie", erklärt Grüne Bildungssprecher Harald Walser. "Wirklich eng" würde es für sie, wenn die Zentralmatura nicht ordnungsgemäß durchgeführt wird. Es sei zu hoffen, meinte Walser, dass Heinisch-Hosek hier die richtigen Weichen gestellt habe.

Für das Team Stronach ist "diese Schulpolitik" bereits "gescheitert", wie Bildungssprecher Robert Lugar unter Hinweis auf die Neue Mittelschule und die Zentralmatura in einer Aussendung kundtat. Die Ministerin betreibe nur "Schönreden und Realitätsverweigerung".

NEOS-Chef Matthias Strolz "mahnte", in Sachen Schulreform "nicht auf halbem Weg stehen zu bleiben". Ein weiteres "Reformstückwerk" wäre den Betroffenen nicht zumutbar. Das Expertenpapier enthält aus seiner Sicht gute Ansätze - aber noch zu viel bürokratische Logik. So fordert er die Vollrechts- und nicht nur die Teilrechtsfähigkeit für Schulen.

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