"Schmied will Aus für Fach Religion"

APA8097168 - 01062012 - WIEN - ÖSTERREICH: Kardinal Christoph Schönborn (r.) und Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz Im Rahmen der "Langen Nacht der Kirchen" am Freitag, 01. Juni 2012, während des "Late-Night-Talk" in der Keplerkirche in Wien. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
ÖVP-Kurz und Vertreter der Religionsgemeinschaften schmieden Achse für Werteuntericht in Schulen

Neuer Vorstoß von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz und scharfe Kritik an Bildungsministerin Claudia Schmied.

KURIER: Immer mehr Schüler melden sich vom konfessionellen Religionsunterricht ab. Warum halten Sie das für problematisch?
Sebastian Kurz:
Den Religionsunterricht in den österreichischen Schulen halte ich für eine wichtige Institution, um sich einerseits mit Religion, andererseits mit Wertefragen auseinanderzusetzen.

Nun haben Sie eine gemeinsame Erklärung mit den Vertretern der größten Religionsgruppen verfasst, worum geht es dabei?
Die Idee war, die Religionsgemeinschaften einzubinden und einen soliden Weg vorzuschlagen, wie wir mit dem Thema Religionsunterricht und Ethik umgehen können. Ich denke, dass es sinnvoll ist, dass junge Leute in der Schule Grundwertehaltungen vermittelt bekommen und sich mit Religionen und Fragen des Zusammenlebens auseinandersetzen. Ich glaube aber auch, dass es für alle Kinder, die sich vom Religionsunterricht abmelden oder die kein Bekenntnis haben, nicht einfach eine Freistunde geben sollte, sondern eine Alternative. Ich will für diese verpflichtend einen Ethikunterricht, um Grundwerte und Fragen des Zusammenlebens zu vermitteln. Und wir haben nun eine Erklärung gemeinsam mit den Religionsvertretern abgestimmt und damit einen Vorschlag, der jederzeit umgesetzt werden kann.

Warum nicht gleich ein verpflichtender Ethikunterricht, und ein Konfessionsunterricht nur, wenn der extra gewünscht wird?
Wir haben in Österreich eine gute Tradition, was das Verhältnis von Religion und Staat betrifft. Ich will nicht, dass der Religionsunterricht in den Hinterhof verbannt wird. Religion spielt sich bei uns im öffentlichen Leben ab, und ein ordentlicher Religionsunterricht ist die Basis, um die eigene als auch andere Religionen kennenzulernen.

Die ÖVP beharrt auf dem Standpunkt, dass die Erziehung Angelegenheit der Eltern ist, warum nicht auch die Ethik?
Für mich ist das kein entweder – oder. Fragen des Zusammenlebens und Wertefragen sollen in einer Schule genau so thematisiert und diskutiert werden, wie in anderen Fächern.

Ihre Kritik gilt auch der SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied?
Mein Vorwurf an SPÖ-Ministerin Schmied ist, dass sie das, was sie angekündigt hat und im Ministerrat beschlossen wurde, nicht tut. Nämlich ein Konzept für einen alternativen Ethikunterricht, für all jene, die sich vom Religionsunterricht abmelden, vorzulegen. Sie will in Wahrheit ja etwas anderes, und ich kann mit gut vorstellen, dass sie deshalb nicht mehr davon spricht, damit sie nach der Wahl ihren Weg, die Abschaffung des Religionsunterrichts dann auch wirklich durchsetzen kann. Ich glaube, dass Schmied mit dem Thema Religion einfach wenig anfängt und daher auch kein Interesse hat, dass es einen Religionsunterricht an Österreichs Schulen gibt.

Haben Sie Präferenzen, mit welcher Partei das leichter umgesetzt werden könnte?
Ich glaube, dass wäre mit jedem Koalitionspartner leicht umzusetzen, einfach weil es gescheit und richtig ist. Ich gehe auch davon aus, dass wir das in einer nächsten Regierung definitiv umsetzen werden.

Schmied hat die Vorwürfe, sie wolle den Religionsunterricht abschaffen, scharf zurückgewiesen. "Da irrt Herr Kurz, es wird keine Änderung am Religionsunterricht geben", hieß es am Sonntag gegenüber der APA. "Außerdem ist uns Religion so wichtig, dass ich mich dagegen verwehre, die Religion und die Religionsgemeinschaften in den Wahlkampf hineinzuziehen", so die Ministerin.

Seit nunmehr 14 Jahren wird nur an wenigen Schulstandorten in Österreich ein Ethikunterricht als alternativer Pflichtgegenstand angeboten. ÖVP-Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz hat nun ein Positionspapier in Absprache mit der Katholischen Kirche Österreichs, der Evangelischen Kirche Österreichs, der „griechisch-orientalischen“ (Orthodoxen) Metropolis von Austria, der Islamischen Glaubensgemeinschaft und der Israelitischen Kultusgemeinde zur Frage eines alternativen verpflichtenden Ethikunterrichts im Fall einer Abmeldung vom Religionsunterricht ausgearbeitet.

Kommentare