Schelling will Ländern in die Kasse schauen

Für den Finanzminister sind die Länderfinanzen „ein bisserl sehr intransparent“. Das soll jetzt geändert werden
Der Finanzminister möchte doppelte Buchführung notfalls auch ohne Sanktus der Landeshauptleute durchsetzen. Diese orten Aktionismus.

Es ist alles ein bisserl sehr intransparent“, befand Finanzminister Hans Jörg Schelling kurz nach seinem Amtsantritt. Er meinte damit die Budgets der Bundesländer. Selbst bei denen läuft es föderal. Jedes Land erstellt sie nach seinen Regeln. Und so werden auch Schulden nicht einheitlich verbucht. Die Folge – und das kritisiert Rechnungshof-Präsident Josef Moser seit Jahren: „Man kann sich kein Bild darüber machen, wie die tatsächliche Lage von Ländern und Gemeinden ist.“ Wohin das führen kann, hat sich 2012 in Salzburg gezeigt, als der Finanzskandal mit Millionenspekulationen mit Steuergeld aufflog.

Mit Budget-Sololäufen soll nun Schluss sein. Der Finanzminister will eine einheitliche und doppelte Buchführung. Ablösen soll sie die „Kameralistik“, nach der seit 250 Jahren bilanziert wird. Sie leidet unter dem Manko, veraltet zu sein (siehe rechts). Der Bund hat bereits 2013 von der Kameralistik auf doppelte Buchführung umgestellt.

Weil sich Schelling nicht sicher zu sein scheint, dass die Landeshauptleute nachziehen wollen, droht er ihnen indirekt „ein bisserl“. Mit „Coolem“, das er entdeckt habe: Er könne, sofern der Rechnungshof zustimmt, Ländern und Gemeinden Rechnungsabschlüsse aus einem Guss verordnen. Freilich werde er davor mit deren Vertretern reden.

Schelling wolle wohl den Macher spielen, heißt es in einigen Ländern. Über neue, transparente Haushaltsgebote werde nämlich schon seit Monaten beraten. Und so wird da wie dort versichert, sich solchen nicht zu verschließen. „Niederösterreich hat mit einheitlichen Regeln kein Problem“, verlautet aus dem Büro von ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll. Vorarlberg hat sich solche schon gegeben, in anderen Bundesländern ist man dabei. „Wir sind relativ weit“, sagt der burgenländische SPÖ-Landeschef Hans Niessl. In der Steiermark wird das Budget 2015 bereits nach dem neuen Modus erstellt. „Die Eröffnungsbilanz (inklusive Bewertung des Landesvermögens) werden wir am 1. Jänner 2016 legen“, sagt Finanzlandesrätin Bettina Vollath. In Salzburg will man 2018 so weit sein. Ein Jahr davor in Kärnten. „Diskussionsbedarf“ gibt es für Finanzlandesrätin Gabi Schaunig in Sachen Kommunen: „Wir müssen schauen, in welchem Ausmaß sie einbezogen werden. Vor allem kleine Gemeinden dürfen nicht überfordert werden.“

Widerstand

Darauf verweist auch Gemeindebund-Chef Helmut Mödlhammer: „Für eine Gemeinde mit 300 Einwohnern können nicht die gleichen Regeln gelten wie für den Bund. Das ist nicht akzeptabel.“ Der bürokratische Aufwand würde bis zu 250 Millionen Euro kosten. Kommunaler Besitz – vom Rathaus bis zum Güterweg – müsste von externen Gutachtern bewertet werden. Daten vorenthalten werde aber niemand: „Was benötigt wird, soll dem Finanzminister geliefert werden.“

Könnte sein, dass ob neuer Regeln Übles wie einst in Salzburg zutage kommt? „Ich denke nicht, dass viele Leichen im Keller zu finden sein werden“, sagt der Verwaltungsexperte Peter Bußjäger. „Schulden und Beteiligungen sind bekannt, wenn auch nicht immer transparent in den Budgets.“

Alte Regelung: Kameralistik Das rund 250 Jahre alte System der Buchführung hatte seine Vorteile, ist aber inzwischen veraltet. Die Einnahmen und Ausgaben werden darin penibel aufgelistet, doch Änderungen in den Vermögenswerten werden nur ungenügend erfasst. Seit 2013 hat der Bund das System umgestellt, alle Länder sollen jetzt nachziehen.

Neue Regelung: Doppik Durch die doppelte Buchführung soll z. B. sichtbar werden, welche Vermögenswerte den Schulden gegenüberstehen und ob ihr Wert gestiegen oder gesunken ist.

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