Familienrichter wollen Schuldfrage abschaffen
Wer hat Schuld? Dieser Frage wird in diversen Scheidungsverfahren nachgegangen. Geknüpft an diese Frage sind finanzielle Ansprüche. Das sogenannte Verschuldensprinzip ist vielen Kritikern schon länger ein Dorn im Auge. Jetzt fordern auch die Familienrichte die Abschaffung. Ihre Argumentation: Schuld am Scheitern einer Ehe seien in den meisten Fällen beide. Sie fordern außerdem einen kompletten Umbau des Scheidungsrechts mit Konsequenzen für Unterhalt und Pensionsansprüche. Die letzte Eherechtsreform gab es vor 15 Jahren. Die Familienrichter tagen heute und am Freitag in Salzburg.
Vorbilder Schweiz und Deutschland
Wie viel Unterhalt jemand erhält, hängt derzeit davon ab, wer schuld ist am Ehe-Aus. Das erklärte Barbara Beclin, Professorin für Familienrecht an der Universität Wien, im Ö1-Morgenjournal. Demnach hat man nur Recht auf den vollen Ehegatten-Unterhalt, wenn man schuldlos geschieden wird. Das Verschuldensprinzip wurde etwa in Deutschland oder der Schweiz längst abgeschafft. "Österreich hinkt hier nach", stellte Beclin fest.
Das von ihr ausgearbeitete Unterhaltsmodell sieht objektive Kriterien wie etwa die Dauer der Ehe oder die Rollenverteilung der Partner vor. Das Verschulden spielt dabei keine Rolle mehr.
Brandstetter sieht keinen Reformbedarf
ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter sieht beim Eherecht aktuell allerdings keinen Reformbedarf. Die Vorschläge der Familienrichter werden jedoch geprüft, hieß es aus seinem Büro am Donnerstag gegenüber der APA. Es gebe verschiedene Vorschläge im Bereich des Eherechts und die Abschaffung des Verschuldensprinzips sei einer davon, den sich das Justizressort anschauen werde. Aktuell sei jedoch keine Reform geplant.
Die Zahl der Eheschließungen ist im Vorjahr deutlich gesunken. Insgesamt gab es 36.140 Trauungen, das waren um 6,4 Prozent weniger als im Jahr 2012. Damit wurde das deutliche Plus des Vorjahres (plus 5,9 Prozent) wieder mehr als ausgeglichen, teilte die Statistik Austria am Mittwoch mit. Auch bei den Scheidungen gab es einen Rückgang um 6,2 Prozent auf 15.958 rechtskräftige Trennungen.
In allen Bundesländern wurden 2013 laut Statistik Austria weniger Ehen geschlossen als im Jahr 2012. Den deutlichsten Rückgang gab es in Kärnten (minus 9,3 Prozent), den niedrigsten in Wien (minus 1,6 Prozent). Das mittlere Erstheiratsalter der Männer lag bei 32,2 Jahren, jenes der Frauen bei 29,8 Jahren. Es war damit minimal höher als im Jahr davor.
Die Eltern von 14.095 Kindern aller Altersstufen heirateten im Jahr 2013 nach der Geburt des Nachwuchses. Dabei lag die durchschnittliche Kinderzahl pro geschlossener Ehe bei 1,39. Am höchsten war die Zahl in Vorarlberg bzw. in Kärnten (je 1,45) und am niedrigsten im Burgenland (1,29).
Weniger Scheidungen
Die Gesamtscheidungsrate lag mit 40,14 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2012 (42,51 Prozent). Im Vergleich der Bundesländer war die Gesamtscheidungsrate auch 2013 in Wien mit 46,4 Prozent am höchsten und in Tirol mit 34,4 Prozent am niedrigsten. 13.906 bzw. 87,1 Prozent aller Scheidungen erfolgten in beiderseitigem Einvernehmen (2012: 87,4 Prozent).
Von Scheidungen der Eltern waren insgesamt 18.070 Kinder betroffen, davon 12.201 (67,5 Prozent) Minderjährige. Die Ex-Ehepaare hatten im Durchschnitt 1,13 Kinder, gut die Hälfte davon im Alter von unter 14 Jahren. Insgesamt blieben 37,6 Prozent aller im Jahr 2013 geschiedenen Ehen (6.001 Paare) kinderlos.
Durchschnittsehedauer 10,7 Jahre
Die mittlere Ehedauer der im Jahr 2013 geschiedenen Ehen war mit 10,7 Jahren um 0,1 Jahre länger als im Jahr davor. Innerhalb des ersten Ehejahres wurden 1,6 Prozent der Ehen geschieden, weitere 4,4 Prozent im Lauf des zweiten Ehejahres. Insgesamt erfolgte fast die Hälfte aller Scheidungen in den ersten zehn Ehejahren (47,4 Prozent), weitere 38,9 Prozent nach zehn bis unter 25 Jahren. Etwa jedes siebente Ehepaar trat erst nach der Silberhochzeit den Gang zum Scheidungsrichter an, darunter auch 25 Paare nach der Goldenen Hochzeit.
EPs
37 Eingetragene Partnerschaften wurden im Vorjahr aufgelöst (2012 waren es 26). 19 gerichtliche Trennungen gab es dabei in Wien, fünf in Oberösterreich, je drei im Burgenland, in Niederösterreich und in der Steiermark, zwei in Tirol sowie je eine in Salzburg und in Vorarlberg. Laut den bereits zuvor veröffentlichten Zahlen wurden im Vorjahr 368 Partnerschaften eingetragen. Das waren um 4,7 Prozent weniger als 2012, damals gab es 386 Verpartnerungen.
Kommentare