"Für Reformen ohne Tabus"

ÖVP-Chef Spindelegger soll Reformmotor einer neuen Regierung werden: Das wollen Parteispitzen wie Steiermarks Hermann Schützenhöfer (re.).
Steiermarks ÖVP-Chef Schützenhöfer fordert einen Neustart "bei Inhalten und Stil".

KURIER: Herr Schützenhöfer, warum hat die ÖVP in der Steiermark mehr als fünf Prozent verloren? Waren es die Gemeindefusionen?

Hermann Schützenhöfer:

Vielleicht haben wir als Reformpartnerschaft einen Streifschuss abbekommen, weil manche nichts verändern wollen. Wir wissen aber seit gestern: 303 von 382 Gemeinden fusionieren freiwillig. Das heißt für mich: Aus dem Wahlergebnis zu schließen, „Alles, nur ja keine Reformen!“, wäre der Tod – ehe das Leben einer neuen Koalition beginnt.

Ein Rat an die eigenen Leute?

Michael Spindelegger hat beim Parteivorstand drei Botschaften mitbekommen: Er ist unumstrittener Spitzenmann. Er hat volle Handlungsfreiheit für Gespräche mit allen Parteien. Und: Er soll sich als starke Führungsperson auf die Inhalte konzentrieren und nicht auf die Interessen der Bünde. Es muss das Primat der Partei her, alles andere muss zurückstehen.

Welche Qualität muss ein neuer Koalitionspakt haben?

Wir brauchen keine 600 Seiten, wo jede Zeile fünf Mal interpretierbar ist. Ich brauche vielleicht 40, 50 Seiten – wenige. Dort muss aber exakt stehen, was man wie miteinander angeht. Nämlich: Schuldenabbau; Bildungs- und Pensionsreform; eine bundesweit einheitliche Pflegelösung und ein neuer Finanzausgleich, bei dem Wien nicht mehr pro Bürger fast doppelt so viel bekommt wie andere Länder. Diese strukturellen Fragen und die Reformen dazu müssen ohne jedes Tabu in eine Vereinbarung, egal, wer diese Koalition mit der ÖVP bildet.

Mit wem soll die ÖVP denn verhandeln?

Mit allen. Und sollten ÖVP und SPÖ wieder zusammenkommen, muss sich der Stil ändern. Die Leute haben die Koalition des Stillstands abgewählt. Das ist doch das eigentliche Ereignis der Wahl. Diese beiden Parteien haben nicht ausgedient: Aber es beschleicht mich die Angst, dass schon wieder die, die nur ihren Vorteil suchen, schon wieder dahinter sind und sagen: „Wir haben eh die Mehrheit, haut’s den Deckel drauf“ – und dann wird nur noch über die Posten verhandelt. Davor warne ich.

Sie rechnen also doch schon mit Rot-Schwarz?

Wir sind vom Wähler abgestraft worden. Wenn sich nichts ändert, dann sind wir das nächste Mal weit weg von einer gemeinsamen Mehrheit sein. Ich bin als Großkoalitionär nur dann wieder für eine Koalition von SPÖ und ÖVP, wenn man der Bevölkerung klar vor Augen führen kann: „Wir haben verstanden und zwar bei Inhalt und Stil.“

Schwarz-blau geht nur mit Stronach. Ist diese Option nicht schon Geschichte?

Das Team Stronach zerstört sich gerade selbst. Wir brauchen uns trotzdem nicht mit Haut und Haar der SPÖ auszuliefern.

Günther Platter (ÖVP) konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Befragt nach seiner Haltung zu einer möglichen Regierungskoalition im Bund mit dem Team Stronach als Partner, meinte Tirols Landeshauptmann am Freitag aber dann doch eindeutig: „Wie will man mit solchen Leuten regieren?“

Wie ein trotziges Kind

An Platters Seite stand Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner, der offensichtlich auch keine Lust auf ein derartiges Experiment verspürt: „Frank Stronach reagiert wie mein 6-jähriger Sohn. Wenn er trotzig ist, wirft er sein Spielzeug in die Ecke.“

"Für Reformen ohne Tabus"
Günter Platter,Verteidigungsminister,Interview
Platter und Wallner haben sich gestern in Innsbruck getroffen, um gemeinsame Wünsche an eine künftige Bundesregierung zu formulieren. Zusammen mit Salzburg mache man „gemeinsame Sache“. Die selbst ernannte schwarze „Westachse“ fordert einen Bürokratieabbau, stabile Finanzen und Reformen im Bildungsbereich ein. In Bezug auf die Gesamtschule meinte Wallner etwa, dass man über so ein Modell zumindest diskutieren dürfen muss.

Platter ließ zwischen den Zeilen erkennen, dass er sich die Abarbeitung der gemeinsamen Wunschliste von einer Großen Koalition wünscht: „Werner Faymann und Michael Spindelegger sollten auf einen gemischten Satz ohne Gästebucheintragung gehen“, meinte der Tiroler VP-Chef in Anspielung auf ein Treffen von Faymann (SPÖ) mit Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP)im Sommer (Stichwort: „Reblauspakt“). Platter und Wallner mahnten aber beide, dass der Stillstand nun ein Ende haben müsse.

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