HC Strache und der blaue Verachtungsstrudel

HC Strache und der blaue Verachtungsstrudel
Der FP-Chef zu Gast in der Pressestunde: Er sprach übers Budgetloch, sein Privatleben und Sexualität – und wurde dabei ziemlich laut.

Laut profil-Sonntagsumfrage spielen ihm die Regierungsparteien in die Hände: HC Strache liegt mit seiner FP gleichauf mit der ÖVP, würde jetzt gewählt werden. 23 Prozent würden dem FP-Chef ihre Stimme geben. Ist das Budgetloch daran schuld? Oder Straches Passivität in den Koalitionsverhandlungen?

ORF-Journalistin Patricia Pawlicki und Krone-Innenpolitiker Claus Pándi befragten den Chef der Blauen dazu in der ORF-Pressestunde. „Die Regierung hat uns eiskalt belogen“, stellte der FP-Chef gleich zu Beginn fest – das Budgetloch hätte sich schon vor der Wahl in voller Größe aufgetan. Auch wieso niemand mit ihm bezüglich einer Koalition spreche, wollten die beiden wissen: Was habe er denn gemacht in den letzten Wochen? „Ich habe der SP gesagt, dass sie die Chance hat, ihre dümmliche Ausgrenzung zu beenden. Und ich habe erlebt, dass realpolitisch keine andere Möglichkeit als eine Zweiermöglichkeit besteht.“

Der Verachtungsstrudel

Ob dies nun Ausgrenzung oder Selbstisolation ist, wurde auch weitergehend ausgelotet. Etwa anhand der Tatsache, dass die FP nur wenige Experten habe, die für sie sprechen würden: Welche Fachleute sich denn zur FP bekennen würden, will Pandi wissen. Da gebe es „Hubert Fuchs, einen Dreifachmagister“ – und FP-Mandatar im Nationalrat (daneben hat der Steuerfachmann auch zwei Doktortitel, sei hier angemerkt). Und Strache weiter: „Wir haben auch Universitätsprofessoren, die uns beraten. Die haben es aber nicht so gern, wenn man das an die große Glocke hängt.“ Wieso denn? Ob das was mit dem „Verachtungsstrudel“ zu tun habe? Vermutlich, so der FPler.

Von Privatsachen und der Sexualität

Dann ein Schwenk zu privaten Themen – samt Steigerung der Lautstärke. Konkret ging es darum, dass Strache die Trennung von seiner Freundin Andrea Eigner über den offiziellen FP-Pressekanal nach außen getragen habe. Wieso er diesen Weg gewählt hat, erklärte der FP-Chef nur ungenau - „die Medien haben immer uns gesucht, nie umgekehrt“, so sein Statement. Stattdessen attackierte Strache lieber sein Gegenüber: Er griff Pawlicki wegen ihres Privatlebens an – sie ist mit KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter verheiratet. Diese reagierte empört: „Was haben Sie für ein Frauenbild, dass ich ausschließlich von meinem Mann abhängig bin?“ Auch Stalking-Vorwürfe wurden dabei laut: Die FP habe Pawlicki "bespitzelt" (siehe dazu auch unten).

Nach kurzem Abgleiten fing sich die Diskussion dann wieder, blieb aber an einem anderen kontroversen Thema hängen: der EU. Krone-Journalist Pandi zitierte aus der FP-nahen Wochenzeitung Zur Zeit, deren Herausgeber der EU-Parlamentarier Andreas Mölzer ist: „Brüsseler Verschwuchtelung – Invasion der Warmen: Homosexualität als Asylgrund“, stünde da. Wie HC Strache so etwas unterstützen könne? „Sexualität ist Privatsache“, meint dieser darauf. Und Mölzer? Der mache ausgezeichnete Arbeit in der Europäischen Union.

Die „neuen Juden“

Man blieb beim Thema EU und jenem rechtspopulistischen Zusammenschluss, dem die FP demnächst angehören werde. Für den Krone-Innenpolitiker sei dabei der Eindruck entstanden, dass sich die anderen rechtslastigen Parteien sich von der FP distanzieren würden – wegen Strache-Sagern wie „Wir sind die neuen Juden“. „Marine le Pen und Geert Wilders hätten wohl Angst, sich schmutzig zu machen“, mutmaßte Pandi. Strache sah dies naturgemäß gar nicht so – und der „Juden-Sager“ sei ohnedies nur ein Zitat einer Haider-Aussage gewesen.

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Die politische Konkurrenz reagiert mit Kritik auf den Auftritt von FP-Chef Heinz-Christian Strache in der ORF-Pressestunde. Die FPÖ hat indessen zwar den "Stalking"-Vorwurf der ORF-Journalistin Patricia Pawlicki dementiert, einen "einmaligen Besuch" eines Kamerateams der Partei bei ihrem Haus aber bestätigt.

Es habe sich um einen "einmaligen Besuch" gehandelt, die Aufnahmen seien nie gezeigt worden, sagte FP-Generalsekretär Herbert Kickl. Er bezeichnete den Vorfall als "Reaktion" der FPÖ auf die Abbildung der Wohnung von Straches früherer Lebensgefährtin im Kurier.

Kritik der anderen Parteien

SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sprach von einer "haarsträubenden Performance" Straches und forderte die Aufklärung des Vorwurfs der Bespitzelung von Journalisten durch die FPÖ. "Es stellt sich hier die Frage, ob die FPÖ den freien Journalismus durch Stalking-Methoden behindert", so Darabos in einer Aussendung. Außerdem warf er Strache die "Anbiederung an die extreme Rechte" und eine destruktive "Neinsager-Politik" in Europa vor.

ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch erinnerte Straches Auftritt an Frank Stronach: "Genau wie Stronach hat Strache seine Gegenüber persönlich angegriffen. Und wie Stronach bleibt auch der FPÖ-Chef Antworten und Inhalte schuldig." Straches Geschäft seien "heiße Luft, Polemik und Provokation".

Grünen-Generalsekretär Stefan Wallner warf Strache vor, mit den "vereinten Nationalisten" die Zerstörung Europas anzustreben. "Wir müssen für Europa, für ein gerechteres Europa kämpfen, es aber nicht zerstören", so Wallner in einer Aussendung. Nur gemeinsam könne man die Herausforderungen der Krise bewältigen. Außerdem attestierte er Strache, zwar gerne auszuteilen, aber in eigener Sache "wehleidig" zu sein.

Die geschäftsführende Team Stronach-Klubchefin Waltraud Dietrich vermisste bei Strache konkrete Konzepte zu Demokratiereform, Schuldenabbau, Verwaltungsreform und Steuersenkung. Der "gehässige Ton" zwischen den Journalisten und dem FP-Chef war für sie "unangebracht".

(APA)

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