Niessl: Alle Flüchtlinge sollten in Hotspots

LH Hans Niessl
Burgenlands LH meint, Migranten sollten zunächst an die EU-Außengrenzen zurück.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl kommt mit einem neuen Vorschlag zur Flüchtlingsproblematik. Er sprach sich dafür aus, künftig alle Flüchtlinge in Hotspots an den EU-Außengrenzen zu bringen. Dies würde das Schlepperproblem lösen, sagte Niessl am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum". Während der deutsche EU-Abgeordnete Elmar Brok skeptisch reagierte, begrüßte sein slowakischer Kollege Richard Sulik den Vorschlag.

Wenn alle Flüchtlinge zu den Hotspots zurückgebracht würden, "brauche ich keine Schlepper mehr, die viel Geld bekommen", argumentierte Niessl. "Die Schlepper werden die Leute nicht in die Europäische Union bringen, weil sie keine Zukunftschance haben, keine finanzielle Unterstützung bekommen, weil die Verfahren an der Außengrenze gemacht werden." Wenn die Kriegsflüchtlinge von den Hotspots aus auf alle EU-Staaten aufgeteilt werden, erübrige sich auch die Diskussion über die Flüchtlings-Obergrenze. "Dann reden wir nicht mehr über den Richtwert. Wenn das umgesetzt wird, kommen wir weit unter die 37.000."

Brok reagierte skeptisch auf diese Idee. "Wenn die Menschen erst auf dem Wasser sind, ist es schwierig, sie wieder zurückzubringen", betonte er. Die Hotspots reichten nicht aus, es brauche auch eine Vereinbarung mit der Türkei, sagte der CDU-Politiker. Die Flüchtlingskrise sei ein "Jahrhundertereignis" und "ein Problem für zehn, 15 Jahre". Daher könne es nur eine europäische Lösung geben, kritisierte er die österreichische Obergrenzen-Festlegung.

Der CDU-Politiker räumte ein, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in dieser Frage "unter Druck" sei. Merkel werde am 18. Februar eine Zwischenbilanz vorlegen. Sie wolle "ein Konzept haben, das auf Dauer tragfähig ist" und habe "den Mut, über die Tagespolitik und Parteitaktik hinauszugehen", sagte Brok. Zugleich wies er die Aussage Niessls, Merkel habe die Flüchtlinge eingeladen, empört zurück. "Das ist nicht die feine Art", richtete er dem SPÖ-Politiker aus. Zur Idee eines Schengen-Rauswurfs Griechenlands meinte Brok, dies sei eine "theoretische Lösung", weil sie "Explosionsstoff" für die Balkanregion böte.

Sulik geht noch weiter

Der slowakische EU-Abgeordnete Sulik bezeichnete Niessls Hotspot-Vorschlag als "sehr gut", ging aber noch einen Schritt weiter. "Man soll Hotspots in Nordafrika errichten (...), das würde wirklich helfen." Scharf kritisierte der liberale Politiker Griechenland, weil es das Schengen-Abkommen "sabotiert" und die EU-Außengrenze nicht schütze. Die Flüchtlingskrise sei zu lösen, indem man sich an bestehende EU-Verträge wie Dublin oder Schengen halte. Deswegen sei auch die österreichische Flüchtlings-Obergrenze "nicht richtig". Sie bedeute nämlich, "dass 37.500 Mal das Dubliner Abkommen verletzt wird", sagte Sulik. "Österreich sollte alle abweisen, die aus einem sicheren Drittland kommen."

Experte warnt

Nicht an die Hotspot-Lösung glaubt der Flüchtlingsexperte Kilian Kleinschmidt. Weil selbst eine beschleunigte Bearbeitung von Asylanträgen "Ewigkeiten" dauere, würden sich hunderttausende Menschen in den Lagern ansammeln. "Das möchte ich nicht erleben." Der Berater des Innenministeriums warnte auch vor den Konsequenzen der geplanten strengeren Unterscheidung zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen. "Das wird ein Schlepperförderungssystem werden." So werde eine "große Masse an Menschen" entstehen, die illegal in die EU einreisen wolle. "Die Grenze kann keiner dicht machen, das schafft niemand."

Der EU-Experte Stefan Lehne betonte, dass das Hotspot-System nur mit einem Verteilungsschlüssel funktionieren könne. Griechenland und Italien seien skeptisch, weil sie befürchteten, mit den Flüchtlingen in den Hotspots alleingelassen zu werden. Lehne betonte, dass eine Lastenverteilung notwendig sei. "Die EU kann daran zerbrechen. Wir haben ein paar Monate Zeit, da hin zu kommen", sagte der frühere österreichische Spitzendiplomat.

Die Salzburger Politikwissenschaftlerin Sonja Puntscher-Riekmann kritisierte, dass in der Flüchtlingskrise jedes Land seinen Alleingang mache statt nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. "Wir reden nur über die Abwehr, nicht über die Pflicht, Hilfe zu leisten", sagte Puntscher-Riekmann unter Verweis auf das in der EU-Grundrechtecharta verankerte Asylrecht.

Kommentare