Mitterlehner: "Sagt es mir ruhig einmal rein"

Ohne „Vize“: Das „Kanzler“-Logo eines Baustoffunternehmens auf der Strudengauer Messe hat es Reinhold Mitterlehner angetan.
Der Vizekanzler stellt sich in OÖ Unternehmer-Kritik und zeigt mehr Bodenhaftung als die Blauen.

Wer zwischen Amstetten und Grein die Grenze von Niederösterreich nach Oberösterreich passiert, wird von einem FPÖ-Plakat empfangen. "Grenzen schützen!" brüllt ein grinsender Strache in die idyllische Landschaft des spätsommerlichen Strudengau. Man fragt sich: "Wo ist der Feind?"

Mitterlehner: "Sagt es mir ruhig einmal rein"
Reinhold Mitterlehner, Wahlkampf, Messe Strudengau, Oberösterreich Alois Stöger
Ein paar Kilometer weiter, in Waldhausen bei Grein, richten an diesem Spätsommer-Samstag die lokalen Unternehmer ihre traditionelle Gewerbemesse aus. Früher warReinhold Mitterlehner regelmäßig an seiner Mühlviertler Heimatbasis zugegen, seit er Vizekanzler und ÖVP-Chef ist, halten ihn die Regierungsgeschäfte in Wien. Er weiß, wie man als "Wiener" auf dem Land ankommt: "Sagt es mir ruhig einmal rein, wenn ihr mich schon da habt." Die lokalen Unternehmer machen von der Einladung Gebrauch. Beschwerden über Flüchtlinge? Weit gefehlt. Den Unternehmern geht es um Wirtschaft. "Die kleinen Unternehmer zahlen die Steuern, die großen verschieben die Gewinne ins Ausland. Und eine Steuerreform, wo man auf der einen Seite gibt und auf der anderen nimmt, ist keine Steuerreform", sagt Raimund Gerlinger, Spezialist für Biomasse-Heizungen.

"Es wäre doch einmal eine super Gegenfinanzierung, indem man die Verwaltung reduziert. Indem die Beamten genauso spät in Pension gehen, wie es von uns verlangt wird", sagt der Installateurs-Unternehmer Manfred Fichtinger. Mitterlehner nimmt den Ball auf: "Wir bemühen uns ständig, Bürokratie abzubauen. Aber so etwas geht nicht auf Knopfdruck." Bei der Steuerreform bittet er um Zuversicht: "Die positiven Effekte werden ab 2016 spürbar werden. Fünf Milliarden sind ja kein Pamperletsch."

Lager an EU-Grenzen

Das Flüchtlingsthema spricht der Vizekanzler selbst an, er wolle "nichts verstecken." Mitterlehner sagt, man könne die Kriegsflüchtlinge aus Syrien "nicht in ein Flugzeug setzen und irgendwo, vielleicht in Damaskus, abladen", wie die FPÖ das wolle. Er will sich dafür einsetzen, dass die EU an ihren Außengrenzen "Sicherheitszonen und Erstaufnahmezentren einrichtet". Dies sei mit Verteilungsquoten auf die EU-Länder zu kombinieren.

In Österreich wird die Regierung eine Flüchtlings-Taskforce einrichten. Die Regierungsmitglieder Faymann, Mitterlehner, Kurz, Klug, Mikl-Leitner und Ostermayer werden jeden Dienstag nach dem Ministerrat um eine Lösung des Flüchtlingsproblems kümmern. "Leute, die ihr Leben riskieren, um sich anderswo eine bessere Zukunft aufzubauen, sind leistungswillig", wirbt Mitterlehner auf der Gewerbemesse dafür, den Flüchtlingen eine Chance zu geben.

Mitterlehner: "Sagt es mir ruhig einmal rein"
Reinhold Mitterlehner, Wahlkampf, Messe Strudengau, Oberösterreich Alois Stöger
Auch InfrastrukturministerAlois Stögerist an diesem Samstag heim ins Mühlviertel gereist. Vor dem Publikum gibt sich das schwarz-rote Regierungsduo keine Blöße. Vertrauensvoll hält Stöger beim Bieranstich die Hand hin, als Mitterlehner mit dem Hammer zuschlägt. Stöger verlässt die Bühne unverletzt.

Aus dem Rahmen fällt die FPÖ. Sie lässt über der Szenerie ein Werbeflugzeug mit der Parteifahne kreisen. Die Aktion kommt etwas angeberisch und allzu siegesgewiss rüber. Mitterlehner spricht es aus: "Wir haben die Bodenhaftung. Die haben schon abgehoben."

Mitterlehner: "Sagt es mir ruhig einmal rein"
Interview mit dem oberösterreichischen Landesrat Dr. Michael Strugl am 29.07.2014 in Wien.
Steigende Arbeitslosigkeit und ein Brutto-Regionalprodukt, das nicht über den österreichischen Durchschnitt hinaus geht: das Industrieland Oberösterreich, traditionell verwöhnt durch gute und gut bezahlte Arbeitsplätze, befindet sich in einer ungewohnten Lage. Es ist keine Selbstverständlichkeit mehr, dass die deutsche Industrie die Auftragsbücher der oberösterreichischen Zulieferer füllt. Eine der Ursachen ist, dass vermehrt östliche Nachbarländer die Rolle als Zulieferer für Deutschland übernehmen. "Früher haben wir mit Verweis auf unsere Qualität gepunktet, aber diesbezüglich haben andere Länder aufgeholt", sagt WirtschaftslandesratMichael Strugl(ÖVP). Bei gleicher Qualität zieht dann oft der niedrigere Preis – weswegen Österreich an Terrain verliert. "Wir müssen die Lohnnebenkosten senken", sagt Strugl. "Nicht die Löhne sind bei uns zu hoch, sondern die Lohnnebenkosten."

Doch Lohnnebenkosten zu senken liegt nicht in der Kompetenz eines Bundeslandes, "wir machen Druck auf Bund und Sozialpartner, wo wir können", erzählt Strugl.

Die regierende Landes-ÖVP müht sich ab, so gut es geht, den Beschwerden und Forderungen von Wirtschaftskapitänen Rechnung zu tragen. Doch das meiste hängt am Bund. "Die Bundesregierung hat das Vertrauen der Unternehmer verspielt", sagte Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung, kürzlich im KURIER. "Überregulierung, Arbeitsrecht, Lohnnebenkosten – wir haben Baustellen ohne Ende." Auch, indem ständig die Rahmenbedingungen geändert würden (Stiftungsrecht etc.), habe Österreich als Investitionsstandort an Vertrauen verloren.

Mitterlehner: "Sagt es mir ruhig einmal rein"
Das findet auch Raiffeisen-BossHeinrich Schaller und nennt das Beispiel Hypo. Die Folgen der Heta-Abwicklung seien nicht genügend durchdacht worden, heimische Banken würden nun im Ausland "kritisch gesehen".

Auch Strugl konstatiert ein Überschwappen des Heta-Problems auf Oberösterreich: "Es schadet dem Vertrauen, wenn darüber diskutiert wird, ob ein Bundesland pleite geht, oder ob wir zu unseren Haftungen stehen."

Die Unternehmerklagen über die Bürokratie kann Strugl verstehen. "Es fängt oft harmlos mit einer EU-Richtlinie an, die gar nicht so strikt ist. Aber wir schaffen es, im Bund und oft auch im Land noch etwas drauf zu setzen, und am Ende kommt ein Bürokratiemonster heraus." Strugl hat jetzt gegen "Fleiß-aufgaben" bei der Umsetzung der Energie-Effizienzrichtlinie sein Veto eingelegt.

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