Lehrer erfinden neue Fächer

Gastprofessoren, eigene Schwerpunkte und neue Fächer: Den Schulen soll die Tür zum autonomen Handeln künftig offenstehen
Schulen sollen Schwerpunkte setzen dürfen, sich aber Erfolgstests stellen müssen.

Nach Jahrhunderten in einem strengen System bahnt sich für unsere Schulen ein revolutionärer Wandel an: Die Autonomie wird kommen, sind sich die Verhandler in Sachen Schulreform einig. Grund dafür, glaubt Lehrergewerkschafter Paul Kimberger zu wissen, ist, dass jeder unter dem Begriff Schulautonomie etwas anderes versteht.

Das Problem ist, dass man die autonome Schule, die sich alles selbst regelt, nicht einfach verordnen kann, bei Tausenden Schulen und über 125.000 Lehrern. Doch geplant ist, die Zügel im Schulsystem deutlich lockerer zu lassen, und Lehrern und Direktoren mehr Möglichkeiten in die Hand zu geben, erfuhr der KURIER aus informierten Kreisen.

  • Schwerpunkte Dazu gehört etwa, dass sich eine Schule – also die Leitung gemeinsam mit den Lehrern (und Schülern) – ein neues Selbstbild gibt, und im Ministerium einen Entwicklungsplan mit konkreten Schwerpunkten einreicht. Soll die Schule einen Fokus auf Fremdsprachen legen, mit Projektreisen und Austauschprogrammen? Oder soll der Weg über die Naturwissenschaften gehen, mit Gastprofessoren von Universitäten und Forschungszentren? Am Schulstandort soll künftig sehr viel mehr entschieden werden dürfen, etwa ob es für die Schulentwicklung neue Fächer braucht – etwa den immer wieder umfehdeten Ethikunterricht. Möglich sollen aber auch regionale Schwerpunkte sein, ob Tourismus oder Schwerindustrie. Klar müsse dabei nur sein: Die Spielregeln werden vom Ministerium laufend überprüft, und die Ergebnisse müssen stimmen. Experten betonen, dass dieser Schritt zur Autonomie auch bedeutet, mit einem Schulkonzept scheitern zu können.
  • Kontrolle Natürlich werden die Schulen weiterhin vom Bund überprüft werden, ob das, was sie eigenverantwortlich machen, auch sinnvoll ist und funktioniert. Dazu gibt es bereits jetzt viele unterschiedliche standardisierte Tests, die einen starken Hinweis geben können, ob sich ein Schulstandort gut entwickelt. So zum Beispiel die Zentralmatura, oder die Bildungsstandard-Tests. Es mag verwundern, aber bisher ist es gesetzlich verboten, die Ergebnisse von Schulen auch nur intern zu vergleichen, das soll fallen.
  • Soziale Durchmischung Und was passiert mit den Brennpunktschulen? Wie der KURIER berichtet hat, sollen künftig Schulen mit einer schlechten sozialen Durchmischung (sehr viele Kinder aus bildungsfernen Familien, armutsgefährdet, nichtdeutsche Muttersprache) besser unterstützt werden.

Denn die Bildungsforschung kann (wenig überraschend) nachweisen, dass hier das Risiko von groben Bildungsdefiziten größer ist. Künftig soll ein eigener Sozialindex für betroffene Schulen erstellt werden, der es ermöglichen soll, der Schule zusätzliche finanzielle Mittel zukommen zu lassen. So könnten dann Teamteaching (zwei Lehrer in einer Klasse) oder spezielle Förderkurse die Defizite vor allem ganz am Anfang der Bildungskarrieren beseitigen.

Lesen Sie morgen im KURIER: Was sich Betroffene von der neuen Schule wünschen.

Schulleiter

Für die Direktoren bringt das noch vertrauliche Konzept der Regierung mehr Kompetenzen bei der Personalauswahl. Gleichzeitig sollen sie aber strenger kontrolliert und nur befristet eingestellt werden.

Pädagogen

Auch die Lehrer sollen laufend überprüft werden. Wenn nötig, können ihnen Nachschulungen angeordnet werden. Eine weitere Änderung: Alle Lehrer sollen künftig sämtliche Arbeiten an ihrem Arbeitsplatz, der Schule, erledigen können.

Schüler

Auf die Schüler warten jahrgangsübergreifende Klassen, gelockerte Stundenpläne und alternative Leistungsbeurteilung. Außerdem soll die Unterrichtszeit flexibler gestaltet werden können, was das Blocken von Einheiten besser möglich macht.

Läuft alles nach Plan, sollen die Änderungen zwischen SP und VP bis November ausverhandelt sein.

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