Steiermark: Schützenhöfer erhielt Vertrauen

Polit-Erdbeben in der Steiermark.
Schützenhöfer will mit allen "Gespräche führen"

Was tun nach der steirischen Landtagswahl? In Graz berieten ab 16.00 Uhr die SPÖ-Gremien. Um die gleiche Uhrzeit setzte sich auch der ÖVP-Landesparteivorstand zusammen. Es ging um die Frage, ob die rot-schwarze Zusammenarbeit nach den erheblichen Verlusten fortgeführt wird. Eines scheint klar - die bisherigen politischen Strukturen sind brüchig.

Die SPÖ war am Sonntag auf 29,29 Prozent abgestürzt. Unter 30 Prozent wollte Landeshauptmann Franz Voves ursprünglich zurücktreten - am Wahlabend selbst relativierte er seine Ansage allerdings und verwies auf die Gremien. Die ÖVP liegt nun bei 28,45 Prozent. Sowohl Voves als auch sein LH-Vize Hermann Schützenhöfer sprachen sich aber zuletzt für die Fortsetzung ihrer Kooperation aus - unter dem Begriff "Zukunftspartnerschaft".

Schützenhöfer stellte nach den beträchtlichen Verlusten bei der Landtagswahl Montagnachmittag im Parteivorstand die Vertrauensfrage - mit Erfolg. Der Landesparteivorstand hat ihm einstimmig das Vertrauen ausgesprochen. "Wenn man so viel verliert, muss man die Vertrauensfrage stellen und das tu ich jetzt", hatte Schützenhöfer vor Sitzungsbeginn angekündigt. Nach der Abstimmung stand eine tiefere Wahlanalyse auf dem Programm. Und er machte Montagabend Druck auf die SPÖ, indem er vor Journalisten ankündigte, mit allen im Landtag vertretenen Parteien "Gespräche führen" zu wollen, also auch mit der FPÖ.

"Ratlos" und "Resignativ"

Das Ö1-Mittagsjournal ging den Ursachen nach. Beobachter fühlten sich demnach in die 1990er Jahre zurückversetzt, damals mischte Jörg Haider mit der FPÖ die Innenpolitik gehörig auf. Die Situation fasst Politikwissenschaftler Fritz Plasser zusammen: "Es fehlt das Rezept, wie man mit Wählern ohne Parteibindung umgehen soll." Und: Es herrsche demnach "Ratlosigkeit" im Umgang mit den blauen Zugewinnen. Das zeige sich auch in den Reaktionen vor allem von Seiten der SPÖ am Sonntagabend. Vor allem "resignativ", so Plasser.

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Auch Opposition berät

Ebenfalls noch am Montagabend wollten sich die Grünen mit dem Wahlergebnis beschäftigen, sie hatten ja leicht auf 6,4 Prozent zugelegt, damit aber das Ziel, zweistellig zu werden, verpasst. Nur inoffiziell am Montag will sich die KPÖ absprechen, das Landesparteisekretariat soll erst Mittwochnachmittag zusammentreten. Die großen Wahlsieger, die FPÖ, macht am Montag traditionell blau. Das Plus von 16,5 Prozentpunkten auf 27,1 Prozent will man dann Dienstagabend im Vorstand und Präsidium bejubeln.

Und was passiert im Burgenland?

Im Burgenland hat Landeshauptmann Hans Niessl bereits verkündet, dass er bleiben wird. Nach geschlagener Wahl werden in den kommenden Tagen die Gremien beraten. Den Anfang machen heute SPÖ und ÖVP. Freiheitliche, Grüne und das Bündnis Liste Burgenland (LBL) folgen am Dienstag.

Landeshauptmann Niessl hat bereits vom SP-Landesparteivorstand einstimmig eine Generalvollmacht erhalten. Damit könne er "entscheiden, mit wem wir in eine Koalition eintreten und wie das Regierungsteam auch aussieht". Der Landesparteivorstand trage auch eine rot-blaue Koalition einstimmig mit, so Niessl. Das heiße aber nicht, dass man eine solche auch anstrebe.

Laut vorläufigem Endergebnis rutscht die SPÖ von 48,3 auf 41,9 Prozent ab, die ÖVP verliert 5,5 Prozentpunkte und liegt mit 29,1 Prozent nunmehr unter der 30-Prozent-Marke. Die FPÖ legt kräftig von neun auf 15 Prozent zu. Die Grünen steigern sich von 4,2 auf 6,4 Prozent.

Alle Ergebnisse finden Sie hier für die Steiermark und hier für das Burgenland.

Die Regierungspartner SPÖ und ÖVP haben bei der Landtagswahl mit 17,8 Prozentpunkten gemeinsam so viel verloren wie noch nie in der Steiermark. In Salzburg war die rot-schwarze Koalition in der Finanzskandal-Wahl 2013 allerdings noch wesentlich stärker abgestraft worden. Ähnlich hohe rot-schwarze Verluste wie in der Steiermark gab es beim ersten Antreten der Blauen 1949 und in der Ära Haider.

Zwar nicht ganz so groß wie in der Steiermark, aber doch für die Landesverhältnisse auf Rekordniveau, bewegte sich der rot-schwarze Verlust bei der Burgenland-Wahl: 11,8 Prozentpunkte mussten die dortigen Regierungspartner abgeben, das war wesentlich mehr als jemals zuvor. Denn bisher war der größte gemeinsame Verlust 7,4 Punkte im Jahr 1987, als die SPÖ - während des Aufstiegs der Haider-FPÖ - mit Hans Kery ihre Absolute abgeben musste.

SPÖ und ÖVP verlieren

In beiden Bundesländern war es bisher selten, dass sowohl SPÖ als auch ÖVP bei einer Landtagswahl Verluste einfuhren - in Burgenland war es erst das vierte, in der Steiermark erst das dritte Mal der Fall. Meistens gewann die eine Partei dazu, wenn die andere verlor. Wobei die Bewegungen in der Steiermark stärker ausfielen: 1949, beim ersten Antreten der Blauen, verloren SPÖ und ÖVP zusammen 14,3 Punkte, 1991 ebenfalls knapp zweistellig.

Anders als in Salzburg - wo 2013 mehr als 15 Prozent des gemeinsamen Verlustes von 23,10 Punkten auf das Konto der SPÖ gingen - büßte die SPÖ heuer in der Steiermark nur wenig mehr ein als die ÖVP. Damit konnten die steirischen Roten Platz 1 verteidigen. Außerdem profitierten von den rot-schwarzen Verlusten in Salzburg vor allem die Grünen, in der Steiermark die FPÖ.

In Salzburg ging die ÖVP auch nicht mehr mit der SPÖ zusammen, sondern mit den Grünen und Team Stronach. In der Steiermark wollen Franz Voves (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP) ihre "Reformpartnerschaft" fortsetzen. Auch in Tirol blieben SPÖ und ÖVP 2008 zusammen, nachdem sie gemeinsam 19,8 Prozentpunkte verloren hatten.

Im Bund wurde die - zuvor von der ÖVP aufgekündigte - Große Koalition nach der Wahl 2008 ebenfalls fortgesetzt, obwohl sie mit gemeinsam 14,4 Punkten den größten Einbruch jemals bei einer Nationalratswahlen erlebte, wobei die ÖVP, die damals Neuwahlen ausrief, den deutlich höheren Anteil hatte.

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