Der "Hypo-Hype" um Irmgard Griss
Viel Griss um Irmgard Griss. Dieses viel strapazierte Wortspiel ist Realität geworden. Innerhalb von 24 Stunden hat die Ex-OGH-Präsidentin aus Graz eine mediale Blitzkarriere hingelegt.
Am Mittwoch, gegen 9 Uhr, im Altwiener-Kaffeehaus Diglas in der Innenstadt. Griss eilt von einem Termin mit Finanzminister Hans Jörg Schelling zum KURIER-Gespräch. Einige Kaffeehausbesucher erkennen die pensionierte Juristin sofort, gratulieren ihrer zu ihrer mutigen und schonungslosen Abrechnung mit der Politik in der Causa Hypo. Denn jeder bekam im Bericht sein Fett ab.
Auch im Internet ist nach dem ZiB2-Interview ein "Hypo-Hype" um die Ex-Richterin, die ursprünglich HAK-Lehrerin werden wollte, ausgebrochen. Auf Twitter wird mehrfach gefordert: "Frau Griss for President – wie schön wäre es, hätten wir wenigstens einige ähnlich kompetente (und sympathische) Politiker!" Auch höchste Würden wurden für die 68-Jährige auf Facebook vorgeschlagen: "Die Justiz solle Irmgard Griss für Verdienste um Image-Reparatur ein Denkmal bauen."
"Ich würde Frau Griss gerne kennen- lernen. Das Land braucht solche Leute an vielen Stellen."
Neos-Chef Matthias Strolz outet sich auch als Griss-Fan und twitterte: "Hat mich beeindruckt: Griss bei Armin Wolf. Klar, authentisch, sympathisch, fair." Denkt Strolz da etwa schon über ein Polit-Angebot nach? "Ich würde Frau Griss gerne kennenlernen. Den Hypo-Bericht in dieser Art habe ich nicht erwartet. Ein politisches Angebot würde ich ihr aber sicher nicht über die Medien ausrichten. Aber das Land braucht solche Leute an vielen Stellen", sagt Strolz zum KURIER.
Die Juristin selber lächelt nur, wenn man sie nach einer zweiten Karriere in der Politik fragt: "Die Postings ehren mich zwar. Aber in die Politik will ich nicht. Ich werde mich jetzt zurückziehen."
"Es spricht für Frau Griss, aber gegen die etablierten österreichischen Politiker, dass ein korrekter, klarer Bericht schon genügt, dass sich die Österreicher Frau Griss als Bundespräsidentin vorstellen könnten", meint Politologe Peter Filzmaier.
Griss hat alle Kritiker, die bei der Einsetzung ihrer Kommission im März noch an deren Fähigkeiten zur Aufklärung gezweifelt hatten, mundtot gemacht. Wer Griss kennt, wusste schon damals, dass es keine leere Drohung war, als sie sagte, den Job sofort niederzulegen, wenn sie nicht "völlig freie Hand" habe.
Mit ihrem scharfen Bericht über das Versagen in der Causa Hypo hat sie auch ein Gefühl, das in der Bevölkerung schon seit Längerem herrscht, bestätigt. "Ihre Analyse hat schon fast amerikanische Dimension. Sie hat die latente Wut, die es in der Bevölkerung gibt, kanalisiert", meint Polit-Experte Thomas Hofer.
Griss, die bald zum zweiten Mal Großmutter wird, nimmt den Rummel gelassen. "Das dauert zwei oder drei Tage an, dann legt sich alles wieder ." Ihre nächste Mission beginnt bereits heute: Die Ukraine als Expertin bei der Installierung eines Obersten Gerichtshofs zu beraten.
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