Hundstorfer: "Die Hotspots werden funktionieren"

Hundstorfer: "Die Hotspots werden funktionieren"
Der SPÖ-Hofburg-Kandidat glaubt an eine EU-Lösung im Flüchtlingsthema.

KURIER: Wie sprechen wir Sie jetzt eigentlich an? Als Minister außer Dienst?

Rudolf Hundstorfer: Hundstorfer, bitte einfach nur Herr Hundstorfer.

Herr Hundstorfer, in Ihrem Wahlkampfvideo zeichnen Sie am Beispiel Ihrer Lebensgeschichte den sozialen Aufstieg nach. Das Problem daran: Den Aufstieg der 70er- und 80er-Jahre gibt es nicht mehr, ein Arbeiter kann heute von seinem Gehalt keine Familie ernähren.

Das sehe ich so nicht. Sozialer Aufstieg ist nach wie vor möglich. Wir hatten früher auch sehr wenig Geld, der Unterschied zu damals ist: Heute sind die Ansprüche deutlich höher.

Sie meinen den dritten Fernseher und das zweite Auto?

Hundstorfer: "Die Hotspots werden funktionieren"
Ich bleibe beim Begriff "Ansprüche". Aber der zweite Fernseher kommt wohl hin. Ich war zwölf, als meine Familie den ersten Fernseh-Apparat bekommen hat. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass es heute nach wie vor möglich ist, sich aus kleinen Verhältnissen hochzuarbeiten. Der Zugang zu guter Bildung ist heute leichter. Ich habe meinen ersten Schulbuchgutschein bekommen, da war ich schon im Bildungsgymnasium für Berufstätige.

Damals war ein Uni-Abschluss aber noch gleichbedeutend mit einer Job-Garantie. Heute gilt das nicht mehr.

Natürlich hat sich vieles verändert, aber es gibt immer noch Branchen und Handwerker, die sehr gut verdienen. In den 70ern reichten oft zwei Hände – heute braucht man einen Lehrabschluss. Und ein Installateur muss auch mit einem Laptop umgehen können. Das Schlüsselwort lautet: Bildung.

Sind die hohen Arbeitslosenzahlen für Sie als ehemaligen Arbeits- und Sozialminister nicht eine enorme Hypothek im Hofburg-Wahlkampf?

Die Entwicklung der Wirtschaft ist der zentrale Punkt: Wir haben zuletzt viele Jobs geschaffen – 33.000 von Jänner bis Dezember. Jeder Arbeitslose ist einer zu viel, aber: Gerade bei den Jugendlichen ist viel gelungen, in manchen Bereichen sinkt die Arbeitslosigkeit sogar.

Wie würden Sie es da als Bundespräsident halten? Würden Sie sich zu aktuellen Themen wie dem Arbeitsmarkt öfter zu Wort melden?

Die Menschen erwarten, dass der Bundespräsident von Zeit zu Zeit zu aktuellen Themen Stellung bezieht. Wenn ich sage, ich will als Bundespräsident den sozialen Zusammenhalt stärken und Brücken bauen, heißt das, dass ich mich bei sozialen Themen laut und öffentlich äußern will. Ich halte es für notwendig, klarzustellen, dass die Kürzung der Mindestsicherung 70.000 Köpfe betrifft. Da geht’s um zigtausende Kinder.

Das große Thema im Wahlkampf wird die Flüchtlingskrise sein. Andreas Khol hat seine Position bezogen, er will der Anwalt der Besorgten sein. Wie geht’s Ihnen damit? Ist das Thema geeignet für einen Präsidentschaftswahlkampf?

Bis April werden noch andere Themen auftauchen. Zur Flüchtlingskrise: Auch Khol weiß, dass wir das Problem nicht alleine lösen können. Wir brauchen dazu die EU, die Türkei, den Libanon und viele andere. Nach innen gesehen haben wir einen Beschluss gefasst – das ist die viel zitierte Zahl der 37.500. Klar ist: Wir müssen Druck auf Europa aufbauen. Schweden, Holland, Deutschland und Österreich haben ein Signal gesendet – und Europa wird rascher arbeiten, die Hotspots werden funktionieren.

Hundstorfer: "Die Hotspots werden funktionieren"
Wenn also ein Bürger im Wahlkampf zu Ihnen sagt: "Wir brauchen eine Obergrenze, weil Europa nicht in die Gänge kommt", dann antworten Sie: 2016 wird es besser werden.

Es muss besser werden – und ja, es wird besser. Wir haben schon heute deutlich weniger Menschen an unserer Grenze.

... weil gerade Winter ist.

Entschuldigung, es wäre naiv zu glauben, dass noch einmal 100.000 kommen. Das wird so nicht passieren.

Aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass just am Höhepunkt des Wahlkampfs die viel diskutierte Zahl von 37.500 Asylanträgen erreicht ist?

Reden wir darüber, wenn es so weit ist. Ich sage: Wir haben noch einen EU-Rat, die Hotspots werden aufgestellt, alle werden ihren Beitrag leisten. Und dann wird die Kaskade der Wanderung eine andere sein. Nachdem wie Österreich auch alle anderen betroffenen Länder klare Signale ausgesandt haben, ist die Botschaft angekommen. Europa hat die Botschaft gehört, warten wir auf den nächsten EU-Rat. Ich glaube jedenfalls nicht, dass wir ein Europa wollen, wo an allen Grenzen wieder Militär steht.

Die FPÖ schickt Norbert Hofer ins Hofburg-Rennen. Würden Sie ihn als Minister angeloben?

Hofer wäre ministrabel, er ist ja auch Dritter Nationalratspräsident. Ich kenne ihn gut aus dem Sozialausschuss, allerdings spricht er in sozialen Angelegenheiten oft anders als bei ideologischen Grundsatzfragen.

Gibt’s ein Fairness-Abkommen?

Ich hoffe ja. Es sollten keine verbalen Unter- und Übergriffe stattfinden. Die Rahmenbedingungen müssen wir aber noch abstecken.

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