"Homosexuellenlobby": Scharfe Kritik an Gudenus

"Homosexuellenlobby": Scharfe Kritik an Gudenus
Wiener FPÖ-Klubchef sorgt mit Auftritt in Moskau für Empörung: "Aussagen sind zum Fremdschämen."

Eine Rede des Wiener FPÖ-Clubchefs Johann Gudenus in Moskau, in der er gegen EU, NATO, USA und eine sogenannte "Homosexuellenlobby" wetterte, hat bei österreichischen Politikern in Aussendungen für scharfe Kritik gesorgt. Gudenus unterlaufe "gemeinsame Anstrengungen" für eine friedliche Lösung im Ukraine-Konflikt, kritisierte die SPÖ. "Zum Fremdschämen" sei der FPÖ-Politiker, hieß es aus der ÖVP. Die Grünen werfen der FPÖ vor, "wieder einmal auf der falschen Seite zu stehen".

Für SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sei es "eine Anmaßung von Gudenus, sich in Moskau als Sprecher für das österreichische Volk auszugeben und den ÖsterreicherInnen pauschal zu unterstellen, in einer kriegerischen Auseinandersetzung auf Seiten des Aggressors zu stehen". Damit unterlaufe er die "gemeinsamen Anstrengungen der Europäischen Union für eine friedliche Lösung", so Schieder am Samstag.

"Trauriger Höhepunkt"

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos bezeichnete die Äußerungen Gudenus' über Homosexuelle als einen "traurigen Höhepunkt einer Serie von inakzeptablen Entgleisungen von Seiten der FPÖ". Schämen muss man sich nicht für die Politik der EU, wie Sie es sagen, sondern für Politiker wie Sie", so Darabos in Richtung des stellvertretenden FPÖ-Parteiobmanns.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka kritisierte die "skurrilen Auftritte von Johann Gudenus von Tschetschenien bis zuletzt in Moskau". Diese würden nicht "zu einer friedlichen Lösung in der Ukraine-Krise" beitragen, sondern "einzig und allein dem Ansehen Österreichs als ernstzunehmender internationaler Partner" schaden.

"Aussagen zum Fremdschämen"

Für ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel sind die Aussagen von Gudenus "zum Fremdschämen". "Wenn sich ein Staat nicht an Menschenrecht hält und die Souveränität eines Landes in Frage stellt, darf die Europäische Wertegemeinschaft dabei nicht tatenlos zusehen", verteidigte Blümel das Handeln der EU. Der ÖVP-Politiker warf Gudenus zudem eine für die aktuelle Krisensituation "unverantwortliche Wortwahl" vor.

Gudenus rede davon, dass jemand "unsere Werte" zerstören wolle, tritt aber im "selben Atemzug die Grundwerte der EU - Menschenrechte und Gleichberechtigung - mit Füßen", kritisierte Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig. Von FPÖ-Parteiobmann Heinz-Christian Strache erwarte sie sich eine "klare Distanzierung" von den Aussagen Gudenus'. "Der FPÖ-Obmann muss sich entscheiden, ob er und seine Freunde im Sold Moskaus oder auf der Seite Europas stehen wollen."

"Stehen wieder einmal auf der falschen Seite"

Ähnlich äußerte sich die Vizepräsidentin des Europaparlaments und Grünen-Delegationsleiterin Ulrike Lunacek. "Den Einsatz für Menschenrechte und gegen Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung zu verunglimpfen und im gleichen Atemzug das Friedensprojekt EU zu diskreditieren, beweist erneut, dass Gudenus und die Freiheitlichen aus der Geschichte nichts lernen wollen und sie wieder einmal auf der falschen Seite stehen", verurteilte Lunacek die Aktion des FPÖ-Politikers.

Zuvor hatte bereits der Bundes- und Wiener Landesvorsitzende der Sozialdemokratischen LSBTI-Organisation SoHo, Peter Traschkowitsch, die Aussagen des FPÖ-Politikers scharf kritisiert. "Einerseits ist es traurig und ärgerlich, andererseits wieder fast kabarettreif, wie sich Gudenus in Moskau über Homosexuelle geäußert hat", so Traschkowitsch in einer Aussendung am Freitag.

Abgesehen von prominenten Duma-Abgeordneten, konservativen Aktivisten und Spitzenvertretern der Geistlichkeit, darunter der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill, nahmen auch europäische Politiker am "Internationalen Forum Mehrkindfamilien und die Zukunft der Menschheit" in Moskau teil. Neben Gergely Pröhle, dem stellvertretenden Staatssekretär für bilaterale EU-Beziehungen in der ungarischen Regierung und dem französischen Europaparlamentarier Aymeric Chauprade vom Front National trat in Moskau eben auch Johann Gudenus auf. Die Nachrichtenagentur Interfax referierte seine Auftritt und der liberale Fernsehsender Doschd strahlte eine größere Gudenus-Passage im Originalton aus.

Kiew überlegt Einreiseverbot für Gudenus

Der Wiener FPÖ-Klubobmann hielt seine Rede in einem passablen, wenn auch nicht ganz fehlerfreien Russisch - Gudenus hat in Moskau studiert und verfügte in der Vergangenheit auch über geschäftliche Beziehungen nach Russland, mit Parteifreunden war in den vergangenen Jahren wiederholt nach Russland gereist. Im März hatte Gudenus zudem als internationaler Beobachter beim international umstrittenen Referendum auf der Krim fungiert, das die Annexion der Halbinsel durch Russland legimitieren sollte. In der Ukraine wird deshalb überlegt, ihn mit einem Einreiseverbot zu belegen.

In seiner Rede kritisierte Gudenus die Europäische Union, aber insbesondere auch die NATO und die USA. "Europa ist mehr als die Europäische Union, wir sind eine große christliche Familie. Aber es gibt jemanden, der unsere Werte und unsere Familie zerstören will", wird er von der Nachrichtenagentur Interfax zitiert: Dabei solle nicht vergessen werden, dass die USA bis zum letzten europäischen Soldaten Krieg führen würde.

Die Politik der Europäischen Union sei die Politik von NATO und Amerika, sagte Gudenus. "Ich schäme mich dafür. Das österreichische Volk, das Volk der Europäischen Union denken nicht so. Wir sind Freunde Russlands", zitiert Interfax.

Ungemach drohe in Europa, so erklärte Gudenus zum Veranstaltungsthema, aber auch von einer "Homosexuellenlobby". Diese sei äußerst mächtig und verfüge über eigene Zeitungen und Fernsehsender. "Die europäische Homosexuellenlobby will eine absolute Gleichberechtigung von Homosexuellen und Lesben, darunter auch das Recht aus Adoption von Kindern, das es bereits in einigen EU-Staaten gibt. Es ist schwer vorstellbar, wohin das alles führen wird", klagte der Wiener Politiker in der Moskauer Erlöserkathedrale.

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