Grüne wollen Gehalts-Strip für alle Österreicher

APA12141460 - 02042013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: Astrid Rössler, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Landtagswahl, anl. der Pressekonferenz der Grünen Salzburg "Landtagswahl 2013 - Unsere Inhalte, unsere Ziele", am Dienstag, 2. April 2013, in Salzburg... APA-FOTO: BARBARA GINDL
Die siegreiche Salzburger Grünen-Chefin Astrid Rössler findet das Thema „überfällig“.

20,2 Prozent bei der Wahl in Salzburg – das war ein unerwarteter Erfolg für die dortige Grünen-Chefin Astrid Rössler. Im Gespräch mit dem KURIER skizziert sie ihre nächsten Schritte.

KURIER: Wollen Sie nach diesem Wahlresultat mitregieren?

Astrid Rössler: Ja, wir haben uns von Anfang an deklariert, dass wir mitregieren wollen – aber nur, wenn das Programm und die Inhalte passen, wenn man die grüne Handschrift klar erkennen kann.

Sie haben mit ÖVP-Chef Wilfried Haslauer schon gesprochen. Was kam dabei heraus?

Um Inhalte ging es dabei noch nicht. Bei der zweiten Gesprächsrunde am Montag wollen wir erste Eckpunkte einer möglichen Zusammenarbeit austauschen.

Was sind Ihre zentralen Punkte? Was glauben Sie, jedenfalls umsetzen zu können?

Ein zentrales Thema ist die Mobilität. Wir brauchen eine neue Bahnerschließung des Flachgaus. Zweitens das Thema Energiewende durch Solarenergie, Fotovoltaik, Windkraft; und eine neue Rolle der Wasserkraft. Wir brauchen keine neuen Wasserkraftprojekte, weil wir enorm viel Modernisierungspotenzial bei den bestehenden knapp 500 Wasserkraftwerken haben. Und drittens die überfällige Verwaltungsreform, etwa die Frage, wie Führungspositionen im Land besetzt werden. Und grundsätzlich brauchen wir viel mehr Transparenz, etwa bei der Auskunftspflicht der Behörden. So viel wird bei uns noch immer unter der Tuchent ausgemacht.

„Mein Bruder lebt in Schweden. Der lacht mich immer aus, dass in Österreich alles so geheim ist.“

Sie kritisieren auch die niedrige Steuermoral im Land. Was wollen Sie da unternehmen?

Schauen Sie, hier liegt der schwedische Taxeringskalender, wo jährlich veröffentlicht wird, wie viel Einkommen und Vermögen jeder Bürger des Landes versteuert. Mein Bruder lebt in Schweden. Der lacht mich immer aus, dass in Österreich alles so geheim ist.

Sie wollen Vermögen und Einkommen aller Bürger offenlegen, in einem Land, in dem schon das Bankgeheimnis heilig ist?

Natürlich, aber das ist überfällig. Zu mir kommen noch immer Menschen, die sich aufregen, weil ihnen die Einsicht in Flächenwidmungspläne verwehrt wird. Beim Thema Transparenz haben wir viel Nachholbedarf.

Aber warum veröffentlichen?

Zum Beispiel, weil die Menschen stolz zeigen können, wie viel sie beitragen, damit es gute Schulen gibt oder Krankenhäuser oder einen Studienplatz. Und nicht sich zu brüsten, wie viele Steuern man wieder durch Schlupflöcher gespart hat. Durch diese Heimlichtuerei wird das doch gefördert, dabei soll doch jeder seine Steuern als Beitrag für das Allgemeinwohl empfinden.

Also haben wir ein Problem mit der Steuermoral?

Ja, das reicht so weit, dass das Land Salzburg einen Versorgungs- und Unterstützungsfonds gegründet hat, um die Kapitalertragssteuer zu sparen. Das heißt, das Land selber schließt sich diesem Denken an und knausert mit öffentlichen Abgaben – und muss sich dann selbst anzeigen und sagen: Wir haben Steuern hinterzogen. Oder dass man den Gemeinden rät, für Bauvorhaben eine GmbH zu gründen, weil man damit die Vorsteuern abziehen kann, obwohl ein Großteil des Geldes für die Gründungskosten draufgeht. Dieser Umschichtung kann ich echt nichts abgewinnen.

Sie wurden vielen erst durch den U-Ausschuss zum Spekulationsskandal bekannt. Wie soll es da weitergehen?

Die Aufklärung muss jedenfalls fortgesetzt werden. Etwa, ob das Land Ansprüche gegen Banken geltend machen kann. Allenfalls auch wieder mit einem U-Ausschuss, das will ich nicht ausschließen, oder durch die weitere Aufarbeitung im Finanzüberwachungsausschuss im Landtag.

„Wir brauchen eine Sicherheit, dass die Antworten, die wir bekommen, richtig und vollständig sind.“

Was können Sie im Landtag künftig anders machen?

Der Finanzskandal hat mir gezeigt, dass der Landtag beharrlicher Informationen einfordern muss, auch vonseiten der Regierungsparteien. Wir wurden zwar angelogen, dennoch habe auch ich mich gefragt, ob wir alle Möglichkeiten genutzt haben.

Wie soll verhindert werden, dass man im Landtag einfach angelogen wird?

Wir brauchen eine Sicherheit, dass die Antworten, die wir bekommen, richtig und vollständig sind. Davon sind wir ausgegangen. Falsche Antworten künftig zu sanktionieren, wird auch eine Aufgabe des nächsten Landtags sein.

Porträt: Zwölf Fakten über Astrid Rössler

Wollen Sie wissen, wie viel Ihre Nachbarn und Kollegen verdienen? Als schwedischer Bürger erfahren sie das. Jeder kennt das Vermögen von Popstars, Tennislegenden und Managern – oder von seinem Chef. Seit beinahe 250 Jahren gilt in Schweden das Grundprinzip, dass veröffentlicht werden muss, was der Staat macht. Jeder Bürger hat das Recht, in die Akten der Behörden, konkret in den Besteuerungs-Kalender des Finanzamts, zu blicken.

Dazu gehören auch die Steuerbescheide – sie sind öffentlich zugänglich, damit transparent. Das einst telefonbuchartige Verzeichnis erscheint jährlich; alle Bürger sind aufgelistet, mit genauer Angabe ihres zuletzt versteuerten Jahreseinkommens. Das Thema Einkommen ist damit unter Normalbürgern keines mehr.

Die Ranglisten mit den Einkommen der Spitzenverdiener aus Wirtschaft, Funk und Fernsehen sowie jenen der Politiker sind den Medien dennoch alljährlich Schlagzeilen wert.

Da Telefonbücher im IT-Zeitalter längst aus der Mode sind, können Journalisten, Geschäftsleute und Bürger einfach bei der Steuerbehörde anrufen (oder online unter ratsit.se), wenn sie etwas wissen wollen. Sie werden etwa darüber aufgeklärt, ob die neue Flamme vom Vorabend tatsächlich so wohlhabend ist, wie sie behauptet. Oder ob ein Geschäftspartner tatsächlich liquide ist.

Steuerhinterziehung gilt in Schweden auch nicht als Kavaliersdelikt, in kaum einem anderen Land ist die Steuermoral so hoch. Dem Zugriff der Steuerbehörde entkommen nur zwei: König Carl Gustav und seine Frau Silvia. Sonst stehen alle Daten offen; damit werden Ausreißer auf der Einkommensskala schnell publik.

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