"Können uns Steuerreform jetzt nicht leisten"

IV-Präsident Georg Kapsch lobt die "unpopulären Reformen Gerhard Schröders" in Deutschland.
Der Präsident der Industriellenvereinigung über die Steuerreform und die Drohung ins Ausland zu gehen.

KURIER: Herr Kapsch, Sie haben gedroht, mit Ihrer Familienstiftung ins Ausland zu flüchten, wenn die Stiftungsbedingungen im Zuge der Steuerreform nochmals verschärft werden. Peter Pilz nennt das eine glatte Erpressung der Regierung ...

Georg Kapsch: Eine Erpressung sehe ich hier in keiner Weise. Wir sind eine Unternehmerfamilie, die ihre Steuern immer in Österreich abgeführt haben, und die keine Off-Shore-Modelle machte. Aber wir sehen es jetzt nicht mehr ein, dass die, die in Österreich Arbeitsplätze schaffen, permanent bestraft werden. Was der gute Herr Pilz leider nicht sieht, dass in Österreich der Großteil des Vermögens aus Unternehmensanteilen besteht. Er hätte sich nur vorher besser informieren müssen, dann wüsste er, dass aus dem Barvermögen in der Stiftung, die Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer auf die Unternehmensanteile, die in der Stiftung sind, nicht bezahlbar sind. Es geht mir nicht um den Schutz von Stiftungen und vom Vermögen der "Reichen", sondern es geht mir um die Erhaltung des Betriebsvermögens in diesem Land.

Würden Sie heute noch stiften?

Nein, denn es gibt kaum noch einen Vorteil.

Wohin würden Sie denn mit Ihrem Vermögen "flüchten"?

Das habe ich mir noch nicht überlegt. Ich war mir lange nicht sicher, ob ich meine Überlegung überhaupt öffentlich machen soll.

Was hat Sie dazu bewogen?

Weil gewisse Kreise in diesem Land eine andere und freundlichere Sprache nicht verstehen.

Sie meinen die SPÖ und die Grünen ...

Nicht nur die SPÖ und die Grünen. Wobei die Grünen in ihrem neuen Programm keine Vermögenssubstanzsteuern mehr haben.

Die Industriellenvereinigung hat eine Plakatkampagne gestartet, um auf die Auswirkungen der Vermögenssteuer aufmerksam zu machen. Was ist Ihr Weg: Lieber keine Steuerreform als eine mit Vermögenssteuern?

Es ist nicht die Frage, ob Steuerreform ohne Substanzsteuern oder gar keine. Denn die Vermögenssubstanzsteuer ist für das erforderliche Steuerreformvolumen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es ist eine rein ideologische Frage. Das ist ja auch legitim, aber dann soll man es auch offen sagen, und sich auch die Konsequenzen überlegen. Denn Geld und Wertpapiere kann man sofort transferieren. Wen bestrafe ich dann? Jene, die nicht wegkönnen und wegwollen.

Es wurde viel über Vermögenszuwachs- und Vermögenssubstanzsteuer diskutiert. Wo ordnen Sie die Erbschafts- und Schenkungssteuer ein?

Mir ist klar, dass man eine Erbschaft als Vermögenszuwachs interpretieren kann. Aber warum sollten wir das tun? Als 2008 die Erbschaftssteuer fiel, war das Gesamtaufkommen 111 Mio. Euro. Wenn ich nun eine Million Euro Vermögen als steuerfrei erkläre, demnach gibt es in Österreich genau 24 Fälle, die Erbschaftssteuer zahlen müssten. Das wäre ein Aufkommen von 8,7 Millionen. Will ich wirklich ein großes Volumina lukrieren, muss ich tief in die Mittelschicht hineingehen.

Die SPÖ hat auch eine KESt-Erhöhung für Dividenden von 25 auf 35 Prozent vorgeschlagen. Wäre das eine Alternative?Das wäre wieder ein Standortnachteil. Wenn man die KESt für Dividendenerträge erhöht, dann wären die Einkünfte aus Kapital höher besteuert als Erträge aus Arbeitstätigkeit. Das ist nicht fair. Das sind alles kontraproduktive Ideen, denn wir wollen mehr Arbeitsplätze und gleichzeitig steigern wir die Kosten für die Unternehmen. Dazu gehört auch die Idee der Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge. Eine Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage pro hundert Euro bedeutet 0,1 Prozent mehr an Arbeitszusatzkosten für den Arbeitgeber. Im letzten Jahr haben wir eine Arbeitszusatzkosten-Senkung von 0,2 Prozent mühsam erwirkt, nun wird das wieder kompensiert.

Hannes Androsch meinte, die Steuerreform wird ein politischer Bauchfleck. Sehen Sie es auch so negativ?

Ich gebe Herrn Androsch durchaus recht. Denn wenn wir ehrlich sind, können wir uns derzeit eine Steuerreform nicht leisten. Heute läuft uns das Budget ohne Hypo schon mit zwei Milliarden aus dem Ruder. Man braucht Visionen, aber manchmal muss man realistisch sein: Woher sollen die fünf Milliarden kommen? Deswegen schlägt die Industriellenvereinigung eine Steuerreform vor, die später startet, auf mehrere Jahre aufgeteilt ist, dafür aber ein größeres Volumina von 15 Milliarden hat.

Kommt keine Steuerreform, könnte es Neuwahlen geben. Wollen Sie das?

Eine Steuerreform kommt durch einen Beschluss der Bundesregierung. Das Inkrafttreten ist eine andere Frage. Es sagt ja niemand, dass die Entlastung noch 2015 kommen muss.

Wann würden Sie denn Vermögenssteuern zahlen?

Ich bin dann bereit, einen Beitrag zu leisten, wenn endlich auf der Ausgabenseite saniert wird. Schauen wir in die Schweiz, das gibt es in einigen Kantonen eine Vermögenssteuer – hätten wir aber gleichzeitig die Schweizer Steuersätze, würden wir auch um 30 Milliarden weniger Steuern zahlen. Wir sind ein Höchststeuerland, brauchen Entlastung und keine neue und höhere Steuern.

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