Hypo-Bericht: Massive Kritik an Finanzressort

Streitfall Hypo Alpe Adria: Der zweite kritische Bericht innerhalb kürzester Zeit liefert scharfe Munition für den baldigen U-Ausschuss.
Ein vertraulicher Rohbericht des Rechnungshofs nimmt vor allem die Notverstaatlichung ins Visier.

Anfang Dezember löste ein unerwartet kritischer Bericht der Hypo-Kommission von Ex-Höchstrichterin Irmgard Griss ein mittleres Erdbeben aus. Nun liegt dem KURIER der vertrauliche Rechnungshof-Rohbericht für die kritische Zeit bis zur Hypo-Verstaatlichung Ende 2009 vor – und es kommt noch dicker.

Hypo-Bericht: Massive Kritik an Finanzressort
APA1635998 - 13122009 - WIEN - OESTERREICH: Finanzminister Josef Pröll (l.) vor Beginn des Hypo Alpe Adria Bank Gipfels im Finanzministerium am Sonntag, 13. Dezember 2009 in Wien. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Der Griss-Bericht kritisierte den Blindflug von Nationalbank und Finanzmarktaufsicht sowie das Verschleppen der Bad-Bank-Lösung durch die Regierung. Die Rechnungshof-Prüfer schießen sich auf die Schlüsselrolle des Finanzressorts (damals unter Josef Pröll, ÖVP) und vorgelagerte Einrichtungen wie die Fimbag (damals unter Ex-Notenbankchef Klaus Liebscher) ein. Das liefert dem Hypo-U-Ausschuss scharfe Munition.

Zufall? Alle geprüften Einrichtungen haben ihre Stellungnahmen zum Rohbericht an den Rechnungshof (RH) übermittelt. Nur die des Finanzressort steht noch aus, es hat aber rein rechtlich noch einen Monat Zeit. Grünen-Vizechef Werner Kogler, vom KURIER mit dem Hypo-Bericht konfrontiert, sagt dazu: "Finanzminister Schelling muss seinen Leute Beine machen, sonst verzögert ausgerechnet das Finanzministerium den Start des U-Ausschusses."

Warnsignale ignoriert

"Ausgerechnet" deshalb, weil das Finanzressort laut RH schon ein Jahr vor der Verstaatlichung eine breite Palette an Prüfrechten bei der Hypo gehabt, diese aber nicht wahrgenommen hätte. Dabei, listen die Prüfer detailliert auf, gab es spätestens ab Mitte 2009 zahlreiche "Warnzeichen", dass die Hypo gegen die Wand fährt: die Kreditrisikovorsorge stieg 2008/’09 um 1,745 Milliarden, das Ergebnis verschlechterte sich um 1,338 Milliarden Euro – ohne Konsequenzen.

Laut einem Aktenvermerk aus dem Finanzressort, den der RH fand, wurde den bayerischen Hypo-Eigentümern schon Ende August 2009 signalisiert, dass man ohnehin alles tun werde, um den Fortbestand der Bank zu sichern. "Damit eröffneten die Vertreter der Republik Österreich der BayernLB die Möglichkeit, das Szenario einer Insolvenz gegen die Republik Österreich einzusetzen", analysiert der RH die tragische Rolle Wiens im Verstaatlichungspoker mit München. Und: Als ob nicht längst alle Alarmglocken hätten schrillen müssen, holten Finanzministerium und Finanzprokuratur "erst Anfang Dezember 2009" Informationen über die Hypo von Notenbank und Finanzmarktaufsicht ein.

Etliche Versäumnisse

Damit war der bekannte Ausgang der Verhandlungen mit Bayern programmiert. Der RH enthält sich einer Meinung, ob die Notverstaatlichung alternativlos war, zeigt aber etliche Versäumnisse auch rund um das entscheidende Wochenende hin zum 14. Dezember 2009 auf. Am großen Zeitdruck war das Finanzministerium mitschuld. Im Bericht ist von einer "monatelang abwartenden Haltung von Bundesstellen" die Rede.

Genauere Unterlagen über den Verlauf der Verstaatlichungsnacht gibt es freilich nicht. Der RH meint angesichts des staatlich übernommenen Milliardengrabs: "Auch großer Zeitdruck dürfte nicht dazu führen, dass nicht einmal im Nachhinein die entsprechenden Unterlagen verfasst werden."

Koglers Resümee: "Ich habe noch nie ein Ministerium erlebt, das so verantwortungslos mit Steuerzahlergeld umgegangen ist. Die Prüfmöglichkeiten wurden grob fahrlässig nicht wahrgenommen. Das Finanzministerium hat das wesentliche Jahr verschlafen."

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