Schengen aus, Grenzen dicht?

Grenzkontrollen: Die Polizei setzt auf Überwachung der Hauptverkehrsrouten und Kooperation mit den Nachbarn
Ein Alleingang Österreichs würde wenig bringen. Gemeinsam könnten die Schengen-Staaten aber für bis zu zwei Jahre wieder Grenzkontrollen einführen.

Jeden Tag kommen hunderte neue Flüchtlinge in Österreich an. In Italien und Griechenland reichen die Kapazitäten schon lange nicht mehr aus, um sie ordentlich zu betreuen. Für jene, die über die Westbalkan-Route in den Westen kommen wollen, entwickelt sich Budapest gerade zur Drehscheibe ins vermeintliche Paradies.

Auch die ungarischen Behörden haben praktisch aufgegeben, sich um alle Schutzbedürftigen zu kümmern, lassen Schlepper gewähren und Flüchtlinge Richtung Österreich und Deutschland weiterreisen (siehe Reportage hier).

Grund genug, um das Schengen-Abkommen für einige Zeit auszusetzen und wieder Grenzkontrollen einzuführen?

Laut fordert das in Österreich bisher nur die FPÖ. In Regierungskreisen wird nur hinter vorgehaltener Hand über eine solch drastische Maßnahme gesprochen.

Offiziell ist es für das Innenministerium noch kein Thema, wie Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck zum KURIER sagt: "Aktuell konzentrieren wir uns auf die Menschen, die hier sind. In der Frage der Grenzkontrollen unterstützen wir eine funktionierende EU-Außengrenzsicherung und führen verstärkte Grenzraum-Kontrollen im grenznahen Bereich und an den Hauptverkehrsrouten durch."

Dabei setze man auf die Kooperation mit den Nachbarstaaten: So gebe es etwa "trilaterale Streifen" der Polizei mit Kollegen aus Deutschland und Ungarn bzw. Deutschland und Italien. Diese Zusammenarbeit, sagt Grundböck, sei "effektiver als eine isolierte Grenzlinienkontrolle eines einzelnen Staates".

Effekt: Gleich Null

Dass eine Schengen-Pause noch kein größeres Thema ist, dürfte daran liegen, dass man diesen Schritt in Sicherheitskreisen für wenig hilfreich erachtet. Zwar könnte Österreich in Brüssel vorbringen, dass man die innere Sicherheit angesichts des Flüchtlingsansturms für bedroht hält, und damit bis zu sechs Monate die Grenzen etwa nach Ungarn, Slowenien und Italien dicht machen. Um die Asylwerber, die an diese Grenzen kommen, müsste man sich aber weiterhin kümmern: Obwohl Österreich offensichtlich nicht zuständig wäre – das ist immer jenes EU-Land, das ein Asylwerber als erstes betreten hat –, müsste man zunächst Quartier und Grundversorgung bereitstellen und ein Verfahren eröffnen, an dessen Ende erst die Rückführung in ein anderes EU-Land erfolgen würde. Erwartbare Verbesserung zum Status Quo: Praktisch keine.

Einen spürbaren Effekt hätte es demnach nur, wenn sich die alle Schengen-Staaten gemeinsam darauf einigen, wieder Grenzkontrollen nach innen einzuführen. Dies würde die Flüchtlingsströme zumindest bremsen. Machbar wäre das: Es gibt die Möglichkeit, bis zu 24 Monate lang wieder Kontrollen einzuführen. Allerdings nur, wenn die Sicherheit der gesamten Schengen-Zone bedroht ist – und es massive Probleme an einer Schengen-Außengrenze gibt. Als Beispiel für einen Anlass zu diesem Schritt führt die EU-Kommission an: einen "massiven Flüchtlingsansturm".

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