Aufmarsch von Rot und Blau an der Südgrenze

Heinz-Christian Strache und der steirische Landesparteichef Mario Kunasek.
Die Sammelstelle für tausende Flüchtlinge bekam zeitgleich Visiten von Strache und Ostermayer.

Ein paar Kinder spielen mit einer Plastikflasche, kicken sie herum. Ihre Eltern sitzen daneben, eine junge Frau hält ein Baby im Arm . Sie warten auf einen der Dutzenden Busse, der sie aus Spielfeld wegbringen soll, in eines der Notquartiere in Österreich. Rund 2000 Menschen sind es gestern Nachmittag wieder, die in der Sammelstelle direkt an der Grenze ausharren. "Alles ist ruhig verlaufen", meldet die Polizei.

Aufmarsch von Rot und Blau an der Südgrenze
ABD0078_20151104 - SPIELFELD - ÖSTERREICH: FPÖ Bundesparteiobmann Heinz Christian Strache am Mittwoch, 04. November 2015, an der Slowenisch-Österreichischen Grenze im Gebiet von Spielfeld. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU
Vielleicht 50 Meter von den Flüchtlingen entfernt stehtHeinz-Christian Strache. Er habe sich vor Ort anschauen wollen, wie das hier so logistisch laufe, lässt der FPÖ-Chef wissen und befragt seinerseits die Polizisten. Ob es denn Zwischenfälle mit den Flüchtlingen gegeben habe? Der diensthabende Offizier schüttelt den Kopf. "Nur auf fahrlässiger Basis. Wenn der Druck der Menge zu groß wird, dann wird der Druck auf das Gesperre zu groß." Da könne dann halt schon mal etwas umfallen.

Begleitet von Journalisten marschiert Strache an der Sammelstelle entlang. "Wir lassen ja im Prinzip alle durch und rein", echauffiert sich der FPÖ-Obmann und sagt einmal mehr in die Mikrofone, dass er sich Grenzzäune nicht nur gut vorstellen könne, sondern sie fordere. "Selbstverständlich sind die in Ordnung. Grenzsicherung ist ja nicht nur in Ordnung, sondern eine staatliche Verpflichtung." Und zwar überall dort, wo es zu "Massenzutritt" kommen könne.

"Schleppertätigkeit"

Die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen seien ja bloß "ein Placebo", proklamiert Strache und holt zu einem Rundumschlag gegen die österreichische Regierung aus. "Wir sind zu einem Cateringservice für Masseneinwanderung geworden. Bis hin zum Schleppergesetz finden Gesetzesbrüche statt. Der Staat versucht sich ja fast selbst schon in Schleppertätigkeit." Ungarns Viktor Orban sei der Einzige, der EU-Gesetze ernst nehme und es richtig mache. In Österreich habe man "es ja schon fast mit einer Bananenrepublik zu tun".

"Nein zu Grenzzäunen"

Aufmarsch von Rot und Blau an der Südgrenze
ABD0079_20151104 - SPIELFELD - ÖSTERREICH: Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ /links) am Mittwoch, 04. November 2015, an der Slowenisch-Österreichischen Grenze im Gebiet von Spielfeld. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU
In der Sammelstelle, dort, wo Freiwillige Suppe kochen und warme Kleidung ausgeben, finden sich gestern aber noch weitere Politiker ein. SPÖ-Minister Josef Ostermayer etwa und der steirische SPÖ-Chef und Vizelandeshauptmann Michael Schickhofer. Aufeinander treffen Rot und Blau nicht, darauf achtet auf beiden Seiten die Parteientourage. Ostermayer wiederholt das rote Nein zu etwas, das Grenzzaun genannt werden könnte. "Ich bin in einem Ort unmittelbar an der Grenze aufgewachsen. Ich halte Grenzzäune und Wachtürme im heutigen Europa für nicht angebracht."

Begleitet werden Ostermayer und Schickhofer von einem dritten SPÖ-Politiker, Peter Stradner, Bürgermeister von Wagna. Er hatte sich in einem offenen Brief bitter über Bundeskanzler Werner Faymann und Untätigkeit der gesamten Bundesregierung beklagt. Die Kommunalpolitik würde vom Bund allein gelassen und müsse Entscheidungen übernehmen.

Ostermayer regt derlei Kritik nicht auf. "Beim Reden kommen die Leut’ zsamm. Ich werde ihm sagen, was der Bundeskanzler in den vergangenen Monaten alles getan hat, um die Situation zu beruhigen."

Bürgermeister werden selbst aktiv

Von den anhaltenden Flüchtlingsströmen in Europa waren bzw. sind bisher in Österreich die Gemeinden Nickelsdorf und Spielfeld besonders betroffen. Die beiden Bürgermeister verlangen Lösungen und wollen kommende Woche gemeinsam mit einem Kollegen aus Bayern auch selbst Vorschläge präsentieren, so Nickelsdorfs Ortschef Gerhard Zapfl.

Mit seinen Amtskollegen aus Spielfeld, Reinhold Höflechner und Geretsried in Bayern, Michael Müller, will Zapfel kommenden Dienstag in Nickelsdorf "umsetz- und leistbare" Lösungsansätze auf nationaler und internationaler Ebene präsentieren. Man wolle damit "von der untersten politischen Ebene ein Zeichen setzen".

Mit der oberen politischen Ebene - sprich der Bundespolitik - ist Zapfel beim Flüchtlingsthema unzufrieden. Nachdem man im September in Nickelsdorf an einem einzigen Tag 7.000 Leute hatte, schrieb der Bürgermeister einen Offenen Brief an die Bundesregierung. Von Bundeskanzler Werner Faymann habe er bis heute keine Antwort erhalten. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die er zu der für kommenden Dienstag angesetzten Pressekonferenz eingeladen habe, habe auf die Einladung bisher nicht reagiert, so Zapfel.

Es werde nicht anders gehen, als dass die EU an der Außengrenze sichere Zonen einrichte, meinte der Bürgermeister. Auch einen internationalen Schulterschluss werde es geben müssen. Details zu ihren Vorschlägen wollen die Bürgermeister bei ihrem Pressegespräch kommenden Dienstag präsentieren.

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