700 Millionen mehr für Flüchtlinge?

Felderer, Präsident des Fiskalrats.
Bernhard Felderer: Österreich droht 2016 die EU-Budgetregeln zu verfehlen. Schellings Budget sei zu optimistisch.

2015 hält das Budget, aber im kommenden Jahr droht Österreich die Budgetziele zu verfehlen. Und zwar deutlich. Davon geht nach der EU-Kommission nun auch der Fiskalrat aus, der die Einhaltung der Sparvorgaben überwacht. Fiskalrats-Präsident Bernhard Felderer begründete das am Donnerstag mit zu optimistischen Annahmen von Finanzminister Schelling bei der Gegenfinanzierung der Steuerreform und weitaus höheren Flüchtlingskosten. Die Differenz zwischen Schelling und Felderer macht grob gesprochen 2,5 Milliarden Euro aus.

85.000 neue Asylwerber

Die direkten Folgekosten der Flüchtlingskrise beziffert Felderer mit 700 Mio. Euro im heurigen und 1,7 Mrd. Euro im nächsten Jahr. Noch nicht enthalten sind hier „indirekte“ Flüchtlingskosten, also zusätzliche Ausgaben des Staates für Schulen, in der Verwaltung, für ÖBB, Polizei etc. Das Finanzministerium hat bisher eine Milliarde Euro an Flüchtlingskosten für 2016 genannt.

Staatsschuldenwächter Felderer argumentiert insbesondere mit einem starken Anstieg der Flüchtlinge unter den Mindestsicherungs-Beziehern (von 3700 auf 35.000). Die Basis-Annahme ist, dass heuer wie auch 2017 jeweils rund 85.000 Asylanträge gestellt werden.
Die gute Nachricht ist, dass die zusätzlichen Ausgaben für Asylwerber (Grundversorgung) und anerkannten Flüchtlinge (Mindestsicherung) zu einer kurzfristigen Belebung der Wirtschaft von bis zu 0,3 Prozentpunkten führen werden, sagen Felderer und Nationalbank. In seinen Empfehlungen an die Regierung fordert der Fiskalrat denn auch, massiv in die Integration der Flüchtlinge zu investieren. Andernfalls drohten mittelfristig wirtschaftliche und soziale Probleme.
Nicht nachvollziehen kann Felderer Annahmen zur Gegenfinanzierung der Steuerreform – von der Steuerbetrugsbekämpfung bis zu den Reformen bei Verwaltung und Förderungen. Allein hier will Schelling 1,1 Milliarden Euro holen, der Fiskalrat hält 200 Millionen für realistisch. Unbekannt ist bisher auch, woher eine Sonderdividende für den Staat in Höhe von 400 Millionen kommen soll. Budgetiert ist sie für 2016.

Und zu allem Überfluss springt die Konjunktur nicht an und wird auch die Arbeitslosigkeit nicht sinken. Felderer rät daher dringend zu weiteren Reformen. Seine lange Liste wird Jahr für Jahr länger: Pensionen, Pflege, Lohnnebenkosten, Familien, Gesundheit, Verwaltung, Finanzausgleich...

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