Glawischnig: Aus für Koalition vor 2018

Die Bundessprecherin der Grünen und Klubobfrau Eva Glawischnig
Antreten bei Bundespräsidentenwahl offen, Van der Bellen als Kandidat wäre "wirklich großartig".

Die grüne Klubobfrau Eva Glawischnig geht mit Zuversicht in das kommende Parlamentsjahr. Es sei einiges in Bewegung gekommen, die politische Einigung auf Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrecht sei eine "historische Zäsur", sagte sie im Gespräch mit der APA. Unzufrieden ist sie allerdings mit dem Entwurf der Koalition zur Aufhebung des Amtsgeheimnisses. Dieser sei schlicht "eine Frechheit".

Regierung benötigt Unterstützung

Glawischnig sieht hier einen Etikettenschwindel. "Da wird das Amtsgeheimnis unter dem Stichwort Informationsfreiheit ja fast noch erweitert", kritisierte sie. "Es hat mich echt vom Hocker gehaut, wie ich das zum ersten Mal gelesen habe." Die Klubchefin stößt sich etwa an den geplanten Ausnahmen bis hin zum Schutz der Interessen von Kammern oder Parteien.

Ob dafür eher die SPÖ oder die ÖVP verantwortlich sei, wollte Glawischnig nicht sagen. "Ich glaube, dass es da überall Reserviertheit gibt." Es brauche hier einen "riesigen Kulturwandel", für den die Grünen - wie schon bei der U-Ausschuss-Reform - Druck aufbauen wollen. "Artfremde Junktime sind mir fremd", betonte sie, "aber es wird schon wieder Themen geben, wo die Regierung uns auch wieder braucht." Unterstützung für Zweidrittel-Mehrheiten benötige die Koalition etwa bei der Umsetzung diverser europäischer Vorgaben oder bei der Sonderklagsgerichtsbarkeit beim EU-USA-Handelsabkommen TTIP.

Grüner Optimismus

Für die parlamentarische Arbeit zeigt sich Glawischnig optimistisch. "Ich habe mit den neuen Klubchefs ein gutes Gefühl, es ist doch einiges in Bewegung gekommen." So habe man sich nach einer "jahrelangen Blockadehaltung gegen Kontrolle" auf die U-Ausschuss-Reform einigen können. "Das ist schon historisch, und ich glaube, dass es vorbeugend wirken wird, dass es tatsächlich auch Steuergeld sparen wird."

Denn, so die Grüne: "Es wird sich jeder in der Verwaltung oder in der Politik dreimal überlegen, ob solche Missstände wie der Buwog-Verkauf noch einmal mit einer solchen Chuzpe abgewickelt werden. Das wird sich keiner mehr trauen. Denn du kannst jederzeit von einem Viertel der Abgeordneten vor den Vorhang gebeten werden." Damit habe man "die Kontrolle vom Regierungsmissbrauch befreit".

Untersuchungs-Ausschuss

Glawischnig: Aus für Koalition vor 2018
APA19894642-3_24082014 - WIEN - ÖSTERREICH: Die Bundessprecherin der Grünen und Klubobfrau Eva Glawischnig am Mittwoch, 20. August 2014, während eines Interviews mit der APA-Austria Presse Agentur in Wien. FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Die Einsetzung eines Hypo-U-Ausschusses erwartet Glawischnig noch in diesem Jahr, ein weiterer zum Maßnahmenvollzug sei denkbar. Auch den Eurofighter-Komplex würde die Grüne gerne vor einem U-Ausschuss sehen, "aber das hängt sehr vom Verfahrensstand in der Justiz ab".

Zunächst muss allerdings noch die Parlamentsdirektion den Gesetzestext ausformulieren. "Da gibt es sehr großes Vertrauen, dass das wirklich ein zu eins umgesetzt wird, was ausverhandelt worden ist." Und dies, so die Grüne, habe eine Tragweite, die erst nach längerem Nachdenken zu erkennen sei. So gebe es für die Behörden eine Herausgabeverpflichtung für alle relevanten Dokumente, was weiter gehe, als die Regelung in Deutschland. "Es gibt im Wesentlichen auch kein Wiederaufnahmeverbot", betonte sie. Es könne zum selben Gegenstand ein weiterer Ausschuss eingesetzt werden. Die beschlossene zeitliche Befristung sei daher "kein Fallbeil", so Glawischnig. "Auch einen Zeugenschwund oder so etwas befürchte ich nicht."

Eine Legislaturperiode versäumt worden

Keine gute Prognose stellt Eva Glawischnig der rot-schwarzen Bundesregierung. "Ich glaube nicht, dass die bis 2018 durchhalten", verwies sie etwa auf den steigenden Druck für eine Steuerreform und die Sprengkraft der bevorstehenden Landtagswahlen. Gute Ergebnisse für die Grünen erwartet sie in Vorarlberg, aber auch 2015 in Wien. Ein Antreten bei der Bundespräsidentenwahl schloss sie nicht aus.

Die neuerlichen Bemühungen der Regierung um eine Verwaltungsreform sind für die Grüne Klubobfrau "wirklich ein Witz und lachhaft". Vom Österreich-Konvent bis zu den Österreich-Gesprächen seien hier schon Tonnen an Papier entwickelt worden. "Was soll man da noch an Kommissionen einrichten?" De facto sei hier eine ganze Legislaturperiode versäumt worden. "Irgendwie fragt man sich schon nach der Existenzberechtigung dieser Bundesregierung", so ihr Fazit.

Auch wenn man hier nichts zustande bringe, sei dies aber keine Ausrede, um auf eine Steuerreform zu verzichten. Man könne eine Strukturreform auch durchführen, ohne die Abgabenquote zu senken, betonte sie. So gehöre der Eingangssteuersatz gesenkt, schon alleine, um Frauen den Schritt aus der Teilzeitbeschäftigung zu erleichtern.

Vorarlberg-Wahl: "Sehr schönes Plus"

Bei der Vorarlberg-Wahl am 21. September erwartet sich Glawischnig ein "sehr schönes Plus". Eine grüne Regierungsbeteiligung wäre aus ihrer Sicht vernünftig und passe zum "offenen Land" Vorarlberg. Auch bei der Wien-Wahl 2015 haben die Grünen aus ihrer Sicht "deutlich Luft nach oben".

Nicht entschieden ist, ob die Grünen bei der Bundespräsidentenwahl 2016 antreten werden. Als Kandidatin fände Glawischnig ihren Vorgänger als Bundessprecher Alexander Van der Bellen zwar "wirklich großartig", denn der könnte laut ihrer Einschätzung sogar in die Stichwahl schaffen. Bisher habe sie ihn aber weder gefragt, noch gebe es dazu irgendwelche internen Beratungen oder Beschlüsse.

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