Pröll: "Leidensdruck bei Thema Schule groß genug"

Pröll: „Das Bildungsinstitut Bifie sollte intensivst hinterfragt werden.“
Erwin Pröll, Chef der Landeshauptleute- Konferenz, über die Chancen der Bildungsreform.

KURIER: Herr Landeshauptmann, jetzt liegt ein Reformvorschlag vor, demzufolge die Schulen in die Autonomie entlassen werden, die Verwaltung den Ländern überantwortet wird und der Bund die zentrale Kontrolle bekommt. Ist das umsetzbar?

Erwin Pröll: Das Reformkonzept steht auf gesamtheitlichen, guten Beinen,weil es eine Reihe von wesentlichen Grundsätzen im Interesse der Schüler aufgreift. Ich denke, wir haben für diese Reform ein Mondfenster vor uns, das jetzt genutzt werden muss.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Reform gelingt?

Da kann ich nur hoffen. Das liegt an der Bildungsministerin, sie muss alle Entscheidungsträger überzeugen. Also auch die Opposition, weil die Regierung eine 2/3-Mehrheit braucht, und die Gewerkschaft, weil es ein neues Dienstrecht braucht.

Dreh- und Angelpunkt sollen die neun Bildungsdirektionen sein, denen Bundes- und Landeslehrer unterstellt werden sollen. Also alle Macht den Ländern?

Ich wehre mich dagegen, dass es bei der Frage der Lehrer immer nur um machtpolitische Gelüste geht. Am Anstellungsverhältnis soll sich nichts ändern. Wichtig ist nur die Frage, was soll der Bund verantworten, und was die Bildungsdirektionen.

... die den Ländern unterstellt werden ...

Die Länder begleiten, würde ich sagen. Denn wesentlich ist ja die Autonomie der Schulen. Umso mehr Selbstständigkeit die haben, umso weniger Kompetenz brauchen die Bildungsdirektionen.

Dennoch sind die politisch den Ländern unterstellt.

Nein, die Politik fliegt aus der Schule. Die politisch besetzen Bezirksschulräte haben wir bei uns schon abgeschafft, jetzt gibt es noch die politisch besetzten Landesschulratskollegien. Aber auch die haben in dem Reformmodell, das uns vorgelegt wurde, keine Funktion mehr. Die Bildungsdirektionen sind unabhängig und nicht an Weisungen gebunden.

Helmut Zilk hat den Satz geprägt: Parteipolitik in den Schulen kotzt mich an. Da sind Sie bei ihm?

Absolut. Weil dann auch die ständigen Verdächtigungen weg sind.

Wenn der Bund nur mehr die Ziele vorgibt und kontrolliert, der Rest aber bei den Ländern ist, kann man da überhaupt noch gegen den Willen der Länder Reformen machen?

Die Gefahr sehe ich überhaupt nicht. Denn der Bund hat ja nicht nur ein Kontrollrecht, sondern auch ein Durchgriffsrecht. Wenn die Vorgaben nicht erfüllt werden, verhängt der Bund Sanktionen, keine Frage.

Und wie weit können sie die Autonomie der Schulen denken?

Sehr weit, in allen Bereichen, ob bei Pädagogik, Schulfinanzen, Schulablauf oder beim Personal.

Personelle Autonomie heißt, die Schulen dürfen Lehrer eigenständig anheuern – aber auch loswerden?

Da werden die Bildungsdirektionen ein Anhörungs- und Mitspracherecht haben. Außerdem kann ich nur raten, sofort das Gespräch mit der Gewerkschaft zu suchen und zu verhandeln.

Und sind Sie da bei der Gewerkschaft, die sagt, es brauche dann auch konkrete Ausstiegsangebote für Lehrer?

Ja, es kann ja nicht sein, dass sofort auf der Straße landet, wer keine exzellente Arbeit abliefert. Diese Details sind zu klären, mit viel Beweglichkeit auf allen Seiten.

Bildungsministerin Heinisch-Hosek beklagt, dass Sie im Schulsystem nicht mehr einsparen kann. Hat Sie recht?

Nehmen wir nur das Bildungsinstitut Bifie, das man intensivst hinterfragen sollte. Das kostet jährlich 20 Millionen Euro, da kann das Ministerium einmal zeigen, was Qualitätskontrolle sein soll. Aber allein durch die Autonomie der Schulen können bis zu 30 Prozent der Verwaltung und damit 40 bis 50 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden.

Es wäre neu, dass Bundesbedienstete gehen müssen.

Mit dem Argument kann man ja niemals Reformen machen. In Niederösterreich haben wir 1300 Dienstposten und zwanzig Abteilungen abgeschafft und eine Pensionsreform gemacht, die uns fast 50 Millionen einspart. Sparpotenziale sind immer vorhanden.

Über Schulreformen wird seit Jahrzehnten gesprochen, warum soll das jetzt klappen?

Das Reformkonzept ist umfangreich und ganzheitlich. Und realpolitisch ist es offenbar notwendig, einen gewissen Leidensdruck entstehen zu lassen, bis endlich Bewegung in die Sache kommt. Ich denke, der Leidensdruck ist jetzt groß genug.

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