"Dann gibt es die Entlassung"

"Dann gibt es die Entlassung"
Faymanns Nachfolger würde er sofort angeloben, der Regierung will er ein Jahr Bewährungsfrist geben.

KURIER: Gesetzt den Fall, Sie gewinnen die Wahl am 22. Mai, übernehmen am 8. Juli das Bundespräsidentenamt von Heinz Fischer: Dann wird Ihnen der Bundeskanzler, wie es Usus ist, den Rücktritt anbieten. Wird Werner Faymann dann noch Kanzler sein und werden Sie die Regierung entlassen?

Norbert Hofer: Ich höre aus der SPÖ, dass sie große Eile haben eine Lösung zu finden, weil die Befürchtung Platz gegriffen hat, dass ich eine Regierungsumbildung nicht akzeptieren würde und dann die Regierung auflösen würde. So etwas würde ich nie machen. Es wäre ein grobes Foul. Wenn sich die SPÖ entscheidet, einen anderen Kanzler zu nominieren, dann gelobe ich diesen an. Wenn es stimmt, was ich höre, dann wird der Kanzler nicht Werner Faymann heißen.

Könnte der Kanzler Sabine Oberhauser oder Hans Peter Doskozil heißen?

Ich habe beide kennengelernt: Oberhauser im Sozialausschuss und Doskozil, weil er ein Burgenländer ist. Ich halte das nicht für ausgeschlossen.

Sie haben Faymann jüngst attestiert, er trage kein Feuer in sich. Welche Politiker anderer Couleurs haben denn Feuer?

Bei Oberhauser und Doskozil bemerke ich, dass sie für ihre Themen brennen. Bei Sozialminister Stöger spüre ich das nicht. Vielleicht, weil er so eine besonders ruhige Art hat.

Sie werben mit dem Artikel 1 der Verfassung: Das Recht geht vom Volk aus. Viel interessanter finden viele, dass Sie kraft Artikel 70 und 29 Bundeskanzler und Regierung entlassen sowie den Nationalrat auflösen können. Wie lange werden Sie die Regierung zu sich bitten, Gespräche führen, ehe Sie sie wie angekündigt entlassen?

Wir wissen, dass die hohe Steuer- und Abgabenlast in Österreich Arbeitsplätze kostet. Wir wissen zudem, dass zahllose Vorschläge des Rechnungshofes nicht umgesetzt wurden. Wenn die Regierung sagt: Wir haben Budgetprobleme, müssen die Steuerlast auf sagen wir 48 Prozent erhöhen, dann würde ich sagen: Zuerst die Vorschläge des Rechnungshofs prüfen und umsetzen. Wenn die Regierung dann Nein sagt, dann würde es nochmals Gespräche geben. Wenn es innerhalb eines Jahres kein Einsehen gibt, Steuern erhöht werden und die Arbeitslosigkeit weiter steigt, dann gibt es noch ein Gespräch. Und wenn das nicht hilft, dann sage ich: Ihr macht uns Österreich kaputt. Dann gibt es die Entlassung.

Bei dieser Zeitspanne wären wir fast bei regulären Nationalratswahlen 2018 ...

... nicht ganz. Aber die Dinge brauchen natürlich Zeit, um ineinanderzugreifen wie ein Zahnrad. Die Maßnahmen des Rechnungshofs werden ja nicht alle auf einmal sondern nacheinander in Angriff genommen. Das traue ich einer Regierung, die wirklich willig ist, zu.

Zitieren Sie Sozialminister Stöger zu sich, wenn es eine halbe Million Arbeitslose in Österreich gibt?

Ja, aber um Maßnahmen zu besprechen. Das hat nichts mit einer etwaigen Entlassung zu tun.

"Dann gibt es die Entlassung"

Szenarien wie: Sie kommen ins Amt, nach kurzer Zeit entlassen Sie wegen Unzufriedenheit die Regierung, eine andere kommt nicht zustande, der Nationalrat wird aufgelöst und Neuwahlen werden ausgerufen, sind Fantasie?

Ja, die gehören der Fantasie an. Das wäre nicht klug.

Ihre Aussage "Sie werden sich noch wundern, was alles geht" hat also damit gar nichts zu tun?

Das Zitat wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Der Bundespräsident kann sehr wohl in Zusammenarbeit mit der Regierung Einfluss auf die Gesetze nehmen. Und zwar im positiven Sinne. Ich werde mich einsetzen, positiv etwas bewegen – vom Drohen bin ich weit entfernt.

Sie haben bei Ihrer Angelobung im Nationalrat die Kornblume am Revers getragen, das Erkennungszeichen illegaler Nationalsozialisten der 1930er-Jahre. Wieso?

Die Kornblume wird von uns Freiheitlichen getragen, weil sie blau ist und blau die Farbe der Partei ist. Sie ist die Nationalblume Estlands und sie kann nichts dafür, dass sie von illegalen Nazis getragen worden ist. Es ist ganz klar, dass man sich distanzieren muss von dem Gedankengut der Nationalsozialisten. Und dann kann man die Blume mit gutem Gewissen tragen.

Sie könnten einfach eine andere Blume tragen.

Enzian geht nicht, weil der unter Naturschutz steht. Ich werde die Blume nicht mehr tragen können, denn die nächste Angelobung wird die als Bundespräsident sein. Da trägt man nichts mehr, da ist man kein Blauer mehr, sondern ein Überparteilicher. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich mit nationalsozialistischem Gedankengut nichts am Hut habe. Ich bin Jahrgang ’71, meine Eltern selbst sind zu jung, meine Mutter ist Jahrgang ’45, mein Vater ’33 gewesen. Der Großvater mütterlicherseits war amerikanischer Staatsbürger, ist nach Österreich eingewandert. Der andere Großvater war Christdemokrat. Die Nazi-Keule wird bei mir nicht treffen.

Die Pennäler-Verbindung Marko-Germania, die mehr von der Existenz einer deutschen denn österreichischen Kulturnation ausgeht, ist auch eine Nazi-Keule, die nicht trifft?

Die Marko-Germania bekennt sich ganz klar zu Österreich. Es gibt auf der Homepage der Stadtgemeinde Pinkafeld eine genaue Auflistung, wofür diese Burschenschaft, diese Schülerverbindung steht. Ich bin dort vor einigen Jahren Ehrenmitglied geworden. In deren Statuten steht beispielsweise auch der Schutz der Minderheiten und das Eintreten für Menschenrechte.

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Warum werden Sie dann von vielen im rechten Eck verortet?

Wenn man einen Gegner hat, gegen den man gewinnen will, sucht man Punkte, wo man ansetzen kann. Es gibt bei mir einfach nicht viel. Die Pressedienste wurden durchforstet bis in die 90er-Jahre hinein. Noch vor dem Wahlkampf wurde über mich gesagt: mit dem kann man toll reden, er hat einen guten, überparteilichen Vorsitz, man kann mit ihm tolle Verhandlungen führen, wenn es um Verfassungsmaterie geht – nur geht es bei dieser Wahl eben um viel, und das musst du als Politiker aushalten.

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Die "Identitären" setzen sich mit Aktionen wie Hausdach-Besetzungen gegen Ihren Kontrahenten Alexander Van der Bellen ein.

Ich habe keine Freude mit den Identitären und kann mit ihnen auch nichts anfangen. Ich will mit dieser Gruppe nichts zu tun haben und mich von ihnen nicht vereinnahmen lassen. Die Aktionen, die da gestartet wurden, die gefallen mir nicht. Wenn man eine Bühne stürmt wie im Audi Max – das geht überhaupt nicht. Das darf nicht sein.

Es soll am Donnerstag vor der Hofburg-Wahl eine Demonstration gegen sie geben. Erinnert Sie diese Zeit an die Zeit der ÖVP/FPÖ-Regierung?

Nein. Demonstration soll sein, muss sein in einer Demokratie. Aber es darf keine Gewalt geben. Ich befürchte, dass gewaltbereite Demonstranten aus Deutschland anreisen könnten.

Wie wollen Sie 50 Prozent und mehr erreichen, da Sie anscheinend 50.000 FPÖ-Wähler in Wien nicht mobilisieren konnten, zur Wahl zu gehen?

Ich glaube, die 50.000 haben diese Wahl noch nicht ganz ernst genommen, werden aber wählen gehen, wenn es heißt: der Grüne Van der Bellen oder ich.

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