"Rückenwind für Hofer" oder "offenes Rennen"?

Wolfgang Bachmayer,OGM
Polit-Experten analysieren für den KURIER: Wem nützt, wem schadet die Wiederholung der Hofburgwahl.

Grün und Blau geben sich siegessicher, die Lager sind weiter gespalten: Für die einen bleibt Alexander Van der Bellen Sieger der Hofburg-Wahl, für die anderen heißt nach der erfolgreiche Wahlanfechtung der logische Fischer-Nachfolger Norbert Hofer.

Der KURIER hat gefragt, wem nützt, wem schadet die vom Höchstgericht angeordnete Wiederholung der Hofburg-Stichwahl? Aber selbst ausgewiesene Politprofis sind sich uneins und harte Umfragedaten gibt es noch nicht.

Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer, Chef des OGM-Institutes, erwartet "Rückenwind für Norbert Hofer", der Blaue habe klar "bessere Chancen" als der Ex-Chef der Grünen.

Bachmayer sagte am Freitag im KURIER-Gespräch: "Es geht jetzt darum den Wahlkampf nach der Erschöpfung des ersten Durchganges wieder in Schwung zu bringen. Das wird Alexander Van der Bellen sicherlich schwerer fallen als Herausforderer Norbert Hofer."

Auch insgesamt dürfte der Siegeszug der Freiheitlichen gegenüber Rot und Schwarz weitergehen, glaubt Bachmayer.

Brexit, EU & Asyl

Dafür sprechen vor allem die derzeitigen Themen rund um den Brexit, die EU und die Zuwanderungsfrage. Bachmayer: "Die Blauen profitieren überproportional von dieser Themenkonjunktur. Die Grünen haben auch ihren positiven VdB-Effekt, sie liegen in Umfragen weiterhin im zweistelligen Bereich."

"Rückenwind für Hofer" oder "offenes Rennen"?
Heidi Glück im Interview am 12.05.2016 in Wien. Glück war Pressesprecherin und strategische Beraterin von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.

Ganz anders lautet die Einschätzung der Politikberaterin und ehemaligen Sprecherin von Kanzler Wolfgang Schüssel, Heidi Glück. Sie spricht von einem "völlig offenen Rennen". Erste Wortmeldungen etwa in sozialen Medien, wonach nun wohl klar sei, dass Norbert Hofer die zweite Wahl gewinnen werde, hält sie für "reine Mutmaßungen".

Glück sagte zum KURIER: "Der Wahlausgang hängt jetzt extrem davon ab, was alles in den nächsten Wochen geschieht. Wie es vor allem mit dem Brexit weitergeht, wie kritisch weiterhin die Themen Europa und die Flüchtlingsproblematik gesehen werden."

Es werde sicherlich ein kurzer intensiver Wahlkampf werden, ist sich Glück sicher, weil der Sommer sei Ferienzeit und angesichts der allgemeinen Wahl- und Politikmüdigkeit komme der Wahlkampf eigentlich zur Unzeit.

Aber es könnten sich durchaus neue Motivlagen ergeben, deshalb sei weder ein Van-der-Bellen-Sieg noch ein Hofer-Erfolg ausgemachte Sache. Glück bringt das Beispiel der Proteststimmen.

Im ersten Durchgang der Stichwahl haben sich viele Wähler aus Protest über Rot-Schwarz für den blauen Kandidaten entschieden. Nicht wenige davon dürften aber angesichts des nur knappen Vorsprungs von Van der Bellen von rund 30.000 Stimmen "erschrocken" sein. Immerhin wäre es fast zum ersten blauen Bundespräsidenten gekommen. Diese Gruppe würde nun wohl eher für Van der Bellen votieren.

Imageschaden für Ö

"Rückenwind für Hofer" oder "offenes Rennen"?

Widerspruch erntet Glück bei Josef Kalina, Kommunikationsberater und Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Für ihn steht fest: Die Wahlwiederholung "nützt Hofer und schadet Österreich. Kalina sieht einen "enormen internationalen Imageschaden" für das Land und das "psychologisch wichtige Element der zweiten Chance" aufseiten Hofers. Das ergebe natürlich eine "ganz andere Motivation" bei Hofer als bei Alexander Van der Bellen.

Kalina sagte zum KURIER: "Die Blauen argumentieren ja jetzt schon unterschwellig, dass Hofer in Wahrheit um seinen Sieg betrogen worden ist. Und je länger sie das spielen können, desto mehr bleibt in der breiten Bevölkerung der Geruch des Wahlbetruges hängen, auch wenn es keinerlei Manipulationen gegeben hat."

Kommentare