"Brauchen Exit von Sanktionen"

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP)
Verhältnis mit Moskau: Nach Brexit sieht Rupprechter neue Chance auf Ende der Sanktionen.

Erst am 1. Juli haben die Staats- und Regierungschefs der EU die Wirtschaftssanktionen gegen Russland um weitere sechs Monate bis 31. Jänner 2017 verlängert. Im Gegenzug beharrt auch Moskau auf seinem Importstopp für europäische Agrarprodukte bis Ende kommenden Jahres.

Steirische Apfel-Bauern oder Tiroler Milchbauern können ein Lied davon singen. Auf 100 Millionen Euro wird der Schaden für Österreichs Landwirtschaft wegen der gegenseitigen Wirtschaftssanktionen zwischen der EU und Russland mittlerweile geschätzt.

Jetzt mehren sich angesichts des Preisverfalls bei Obst und Milch die Stimmen jener, die sich neuerlich für ein Ende der Sanktionen gegen Russland starkmachen. So auch Österreichs Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP), der sich bei einem Treffen der EU-Agrarminister in Chambord (Frankreich) auf einer Linie mit seinen französischen und deutschen Amtskollegen sieht.

Rupprechter sagte zu den Sanktionen gegen Putin im KURIER-Gespräch: "Durch den Brexit gibt es eine neue Situation. Denn die Briten waren bisher immer Vertreter einer ganz strengen, quasi US-Linie gegenüber Russland. Wir sollten die neue Situation als Ausgangspunkt nutzen, um die Russland-Sanktionen zu überwinden. Wir brauchen hier eine Exit-Strategie."

Zur Stabilisierung der Märkte brauche es eine Rückkehr "zu normalen wirtschaftlichen Verhältnissen mit Russland". Der Minister appelliert an Kanzler Christian Kern, sich im zuständigen EU-Rat der Staats- und Regierungschefs für eine Aufhebung oder zumindest Lockerung der Sanktionen einzusetzen. Rupprechter: "Ich bin hier mit meinem französischen Kollegen gut abgesprochen und auch auf einer Linie mit dem deutschen Agrarminister Christian Schmidt."

Rupprechter reist im Oktober zur großen Nahrungsmittelmesse "Goldener Herbst" nach Moskau. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wird dort mit einer hundertköpfigen Wirtschaftsdelegation erwartet.

Seehofer und der deutsche Agrarminister Schmidt, ebenfalls ein CSU-Mann aus Bayern, sind klar gegen die Sanktionen und denken schon laut über Sonderverträge mit Moskau nach. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat hingegen erst vor rund 14 Tagen betont, nichts von einer Aufhebung der Sanktionen zu halten, solange das "Minsker Abkommen" (Waffenruhe und Abzug schwerer Waffen aus der Ostukraine) nicht umgesetzt ist. Rupprechter sagt dazu: "Da bin ich mehr bei Seehofer als bei Merkel."

Totes Pferd TTIP

Die umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP (mit den USA) und CETA (mit Kanada) bewertet Rupprechter höchst unterschiedlich. TTIP sei angesichts des US-Wahlkampfes ein "totes Pferd, das man nicht mehr satteln muss." Beim Abkommen mit Kanada gebe es aber einige vorteilhafte Punkte, es sei "deutlich besser als TTIP."

Rupprechter: "Ich bin zwar auch mit CETA nicht hundertprozentig happy, aber beispielsweise ist der Schutz der Herkunftsbezeichnungen wie ‚Tiroler Speck‘ schon ein sehr guter Schritt." In anderen Bereichen sei es "ein normales Geben und Nehmen". So fallen die Schweinefleischquoten sehr vorteilhaft für Kanada aus, der Milchbereich "ist sehr positiv für uns", sagt der Minister.

Rupprechter sieht die ursprüngliche Kernforderung der Freihandels-Kritiker bei CETA jedenfalls umgesetzt: Die höheren europäischen Lebensmittelstandards ("right to regulate") bleiben aufrecht.

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